Griechische Geldhäuser Die höchsten Kreditkosten Europas: Die Vorsicht der Banken bremst die griechische Wirtschaft

Finanzierungen laufen in Griechenland zunehmend an Banken vorbei.
Athen Die Konsolidierung der Bankbilanzen in Griechenland kommt gut voran. Zum Ende des zweiten Quartals – neuere Zahlen liegen noch nicht vor – reduzierten die Banken die Quote der notleidenden Forderungen auf 20,3 Prozent.
Das ist zwar immer noch der höchste Wert in der Euro-Zone, wo der Durchschnitt bei nur 2,8 Prozent liegt. Aber die Fortschritte sind beachtlich: Mitte 2020 betrug die Quote noch 36,7 Prozent. Auf dem Höhepunkt der griechischen Staatsschuldenkrise 2015 war sogar die Hälfte der ausgereichten Darlehen notleidend.
Die Geldinstitute haben auch die Covid-Rezession bisher ohne große Blessuren überstanden. Die anfangs befürchtete große Welle neuer Kreditausfälle ist ausgeblieben. Nach jüngsten Schätzungen sind infolge der Pandemie Forderungen von rund fünf Milliarden Euro notleidend geworden. Am Jahresbeginn befürchtete man noch Ausfälle von acht bis zehn Milliarden.
Mit der Bereinigung der Bilanzen gewinnen die Geldinstitute mehr Spielraum für die Vergabe neuer Kredite, die Griechenlands Wirtschaft dringend braucht. Die Regierung veranschlagt, dass die privaten Investitionen 2022 um 23 Prozent wachsen werden. Aber bisher sind die Banken bei der Vergabe neuer Kredite zurückhaltend.
Hinzu kommt, dass Finanzierungen wegen der hohen Zinsen in Griechenland so teuer sind wie in fast keinem anderen Land der Euro-Zone. Die hohen Kreditkosten bremsen Unternehmen, Verbraucher und Immobilienkäufer.
Griechische Wirtschaft ist strukturschwach
Dabei verfügen die Banken über reichlich Liquidität. Die Einlagen stiegen im August auf 173,14 Milliarden Euro. Das war der höchste Stand seit 2014. Trotzdem bleiben die Banken bei der Kreditvergabe vorsichtig. Nach Berechnungen der Euro-Bankenaufsicht SSM beliefen sich im zweiten Quartal die ausliegenden Kredite auf nur 67 Prozent der Depositen. Im Durchschnitt der Euro-Zone betrug die Quote 105 Prozent.
Die Zurückhaltung der griechischen Banken bei der Vergabe neuer Darlehen hat nicht nur mit den immer noch hohen Beständen notleidender Forderungen zu tun. Ein weiterer Grund liegt in den Strukturschwächen der griechischen Wirtschaft.
99 Prozent der Unternehmen haben weniger als 250 Beschäftigte, 95 Prozent sogar weniger als zehn Mitarbeiter. In keinem anderen EU-Land ist der Anteil der kleinen und mittelgroßen Firmen so hoch. Die meisten dieser Unternehmen sind gar nicht in der Lage, die für eine Finanzierung erforderlichen Geschäftspläne zu entwickeln.
Mit Unterstützung des SSM arbeiten die griechischen Banken jetzt an neuen Verfahren für die Bonitätsprüfung und Risikovorsorge. Damit wollen sich die Institute auf die Anforderungen vorbereiten, die mit dem EU-Aufbaufonds zur wirtschaftlichen Erholung und Resilienz (RRF) auf sie zukommen.
Griechenland erwartet aus dem Fonds zinsgünstige Darlehen in Höhe von 12,7 Milliarden Euro. Diese werden über die Geschäftsbanken vergeben und sollen mit kommerziellen Bankkrediten um rund 30 Prozent aufgestockt werden.
Griechenland hat die höchsten Kreditkosten in der Euro-Zone
Aber die hohen Finanzierungskosten könnten sich als eine Hürde für die Umsetzung des Aufbauprogramms erweisen. Unter dem Strich sind die Kreditzinsen in Griechenland doppelt so hoch wie im Durchschnitt der Euro-Zone. Nach Angaben der Europäischen Zentralbank berechneten die griechischen Institute für neue Hypothekenkredite im August 2021 durchschnittlich 2,77 Prozent Zinsen. Das ist der höchste Satz in der Euro-Zone vor Irland mit 2,76 Prozent.

Griechenlands Ministerpräsident erwartet im neuen Jahr ein Wachstum der privaten Investitionen um bis zu 23 Prozent – ein ambitioniertes Ziel, das nur durch günstige Finanzierungsbedingungen zu erreichen ist.
Für langfristige Unternehmenskredite riefen die Banken im August 4,87 Prozent auf. Auch hier verzeichnet Griechenland abermals die höchsten Kreditkosten in der Euro-Zone nach Lettland. Bei den kurzfristigen Darlehen liegt Griechenland mit durchschnittlich 3,3 Prozent ebenfalls an der Spitze.
Die Banken verdienen gut an den hohen Zinsen. Nach Berechnungen des SSM war im zweiten Quartal der Anteil der Zinseinkünfte an den Einnahmen bei den griechischen Banken doppelt so hoch wie im Durchschnitt der europäischen Institute.
Zugleich laufen aber Finanzierungen zunehmend an den Banken vorbei. Immer mehr griechische Großunternehmen finanzieren sich wegen der hohen Kreditkosten über ausländische Banken oder gehen mit Anleihen direkt an den Kapitalmarkt. Dort bekommen sie Geld deutlich billiger als bei den Banken.
So platzierte der Mineralölkonzern Motor Oil im März einen Bond über 200 Millionen Euro zu einem Kupon von 1,9 Prozent. Die Reederei Costamare nahm im Mai 100 Millionen für 2,7 Prozent auf. Nach Informationen aus Marktkreisen bereiten derzeit rund zehn griechische Unternehmen Bond-Emissionen vor.
Mehr: Kampf um Wettbewerbsfähigkeit: Wie Griechenland Fusionen fördern will.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.