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Handelsblatt-Serie: Alternativen zum Kredit Deshalb sind Anleihen für große Mittelständler so attraktiv

Anleihen sind die S-Klasse der Finanzierung und verschaffen Firmen, die viel Fremdkapital benötigen, einen Wettbewerbsvorteil. Das macht sie unabhängiger von den Banken.
22.03.2021 - 04:00 Uhr Kommentieren
Mindestens 500 Millionen Euro will der Autozulieferer bei Anleiheinvestoren einsammeln. Quelle: dpa
Motorkolben-Skulptur vor der Zentrale von Mahle in Stuttgart

Mindestens 500 Millionen Euro will der Autozulieferer bei Anleiheinvestoren einsammeln.

(Foto: dpa)

Frankfurt Die Vorbereitungen bei Mahle laufen auf Hochtouren. Voraussichtlich im Mai will der Autozulieferer den Anleihemarkt anzapfen. Geplant ist ein Volumen um die 500 Millionen Euro, vielleicht wird es sogar etwas mehr. Als Laufzeit werden etwa fünf bis acht Jahre angepeilt.

Für Mahle-Finanzvorstand Michael Frick ist bei der Refinanzierung der richtige Mix entscheidend: „Bankkredite sehen wir als limitierte Ressource. Bei der großvolumigen Konzernfinanzierung setzen wir auf den Kapitalmarkt“, sagt er im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Es ist nicht das erste Mal, dass Mahle Anleihen begibt. 2014 und 2015 platzierte der Autozulieferer Anleihen im Umfang von 300 Millionen und 500 Millionen Euro. Die Papiere werden im Mai diesen und im Mai kommenden Jahres fällig – und sollen durch neue Anleihen ersetzt werden.

Das ist aufwendig, lohnt sich aber nach Ansicht von Frick: „Wir sprechen internationale Investoren an, und machen uns von Banken unabhängiger.“

Das ist auch nach Ansicht von Ingo Nolden, der bei HSBC Deutschland das Kapitalmarktgeschäft mit Unternehmen leitet, wichtig: „Ein Finanzierungszugang unabhängig von Banken ist für Unternehmen ein Wettbewerbsvorteil.“ Hinzu komme: „Über Anleihen können Unternehmen Geld in beliebigen Laufzeiten, auch von mehr als zehn Jahren, aufnehmen.“

Auch Analysten beurteilen Anleiheplatzierungen positiv. Bei Mahle lobt zum Beispiel Gerhard Wolf, Leiter des Researchs bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), die gute Liquidität und den Zugang zum Anleihemarkt.

Diesen Zugang nutzten im vergangenen Jahr so viele Unternehmen wie noch nie. In Europa begaben 140 Firmen nach Berechnungen der LBBW Anleihen im Rekordvolumen von insgesamt 500 Milliarden Euro. Gleichzeitig sanken die Finanzierungskosten am Anleihemarkt rasant. Mahle-Finanzvorstand Frick spricht derzeit daher vom „window of opportunity“ – von einer guten Gelegenheit für eine Anleiheplatzierung.

Dank der Niedrigzinspolitik und der massiven Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) sind die Renditen auch von Unternehmensanleihen seit Februar 2020 wieder deutlich gesunken. Im Schnitt liegen die Renditen für Euro-Anleihen von Unternehmen knapp 0,9 Prozentpunkte über denen von Bundesanleihen und damit sogar noch niedriger als vor einem Jahr.

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Die exakten Konditionen sind natürlich abhängig von der Laufzeit der Anleihen und der Bonität der Schuldner. „Unternehmen, die selten Anleihen begeben, müssen dafür in der Regel etwas höhere Zinsen zahlen als große Konzerne, die regelmäßig große Anleihen platzieren“, sagt Nolden von HSBC.

Investoren mögen größere Anleihen

Dominiert wird der Anleihemarkt von eben den großen Konzernen. Mittelständische Unternehmen sind dort bislang eher selten vertreten. Das liegt laut Nolden unter anderem daran, „dass die meisten institutionellen Investoren im Schnitt ein Mindestvolumen von 250 Millionen bis 300 Millionen Euro pro Anleihe verlangen“.

Investoren am Anleihemarkt sind vor allem Portfoliomanager bei Fondsgesellschaften, Versicherern, Pensionskassen, Banken und anderen Unternehmen. Als sogenannte Benchmark gelten Anleihen mit einem Umfang von 500 Millionen Euro.

Anleihen werden an der Börse gelistet und unter Investoren gehandelt. Der Handel funktioniert nur bei Anleihen mit einem Mindestvolumen um die 300 Millionen Euro. „Sub-Benchmark-Anleihen werden typischerweise von 30 bis 70 verschiedenen Investoren gezeichnet“, weiß Nolden aus Erfahrung.

Einen Refinanzierungsbedarf von mehreren Hundert Millionen Euro haben nur große mittelständische Unternehmen – so wie Mahle. Mit einem Umsatz von knapp zehn Milliarden Euro im vergangenen Jahr gehört der Stuttgarter Hersteller von Motor- und Kühlsystemen sowie Komponenten für die Elektromobilität und Brennstoffzellen zu den 20 größten Automobilzulieferern weltweit. Mittlerweile erzielt Mahle rund 60 Prozent des Umsatzes im Pkw-Bereich jenseits des Verbrennungsmotors.

Der Finanzvorstand von Mahle setzt bei der Finanzierung auch auf den Kapitalmarkt. Quelle: PR
Michael Frick

Der Finanzvorstand von Mahle setzt bei der Finanzierung auch auf den Kapitalmarkt.

(Foto: PR)

Börsennotiert ist die Mahle GmbH nicht. Die Firmengründer Hermann und Ernst Mahle übertrugen ihr Eigentum 1964 an eine Stiftung. „Vom Umsatz her sind wir kein Mittelstand, aber unser Denken ist mittelständisch geprägt“, sagt dazu Finanzvorstand Frick, der ab April auch interimistisch den Vorsitz des Mahle-Vorstands übernimmt, bis ein neuer Vorstandschef berufen ist: „Wir denken unternehmerisch langfristig.“

Zu den großen teils börsennotierten mittelständischen Unternehmen, die im vergangenen Jahr Anleihen begeben haben, gehören der deutsche Arzneimittelhersteller Stada, die schweizerische Immobilienfirma Peach Property und der Autovermieter Sixt.

Transparenz ist Pflicht

Eines dürfen Unternehmen, die Anleihen begeben, nicht haben: Scheu vor der Öffentlichkeit. „Der Markt für Unternehmensanleihen ist sehr transparent – auch deshalb ist der Mittelstand am Anleihemarkt nur in geringem Umfang vertreten“, sagt Hans-Werner Grunow, Geschäftsführer der auf Finanzierung spezialisierten Beratungsgesellschaft Capmarcon.

Auch Mahle ist mit der Platzierung der ersten Anleihen vor sieben Jahren transparenter geworden. „Wir haben unsere Investor-Relations-Abteilung professionell nach vorne entwickelt, bereiten unsere Zahlen zielgruppengerechter auf und veranstalten regelmäßig Investor-Calls“, erzählt Frick. Er sieht das als Vorteil: „Das Feedback der Investoren hilft uns auch, unsere eigenen Wege zu hinterfragen.“

Das Handelsblatt stellt in einer Serie die wachsende Zahl an Alternativen zum klassischen Darlehen vor – passend zu den jeweiligen Bedürfnissen der Unternehmen.
Alternativen zum Kredit

Das Handelsblatt stellt in einer Serie die wachsende Zahl an Alternativen zum klassischen Darlehen vor – passend zu den jeweiligen Bedürfnissen der Unternehmen.

Notwendig für eine Anleiheplatzierung sind jährlich veröffentlichte Geschäftsberichte. Üblich ist zudem ein „halbjährlicher Bericht mit einer groben Übersicht über die Geschäftsentwicklung“, wie Nolden sagt. Außerdem sind Unternehmen, die Anleihen ausstehen haben, ad-hoc-pflichtig. Relevante Kapitalmarktinformationen, die die Kurse der Anleihen deutlich bewegen können, müssen sofort per Ad-hoc-Mitteilung veröffentlicht werden.

Dicker Emissionsprospekt

Voraussetzung für eine Anleiheplatzierung ist zudem ein Emissionsprospekt, der bei der Börse eingereicht werden muss, an der die Anleihe gelistet wird. Der Prospekt umfasst für Unternehmen mit einer Bonität, die im Bereich Investment-Grade für solide Schuldner angesiedelt wird, um die 140 Seiten. Einen großen Teil des Prospekts machen Angaben aus dem Geschäftsbericht aus.

Entscheidend und aufwendig sind vor allem die Angaben zu den speziellen Anleihebedingungen und den Risikohinweisen. „Ein Prospekt ist eine Art vollumfängliche Aufklärungsmappe, die alles zeigt, was ein Investor wissen muss, bevor er die Anleihe kauft“, fasst Nolden zusammen. Deshalb seien die Prospekte für Unternehmen mit einem Rating im Non-Investment-Grade auch deutlich umfangreicher mit etwa 400 Seiten.

Die Dokumentation können Unternehmen kaum allein auf die Beine stellen. Die Beratung durch externe Anwaltskanzleien ist bei Anleiheplatzierungen ebenso nötig wie die Beauftragung von Banken. Die Geldhäuser beraten Unternehmen bei der Platzierung und den Konditionen und verkaufen die Anleihe an Investoren. Die Gebühren dafür richten sich nach dem Aufwand. Allerdings sollten Unternehmen allein schon für die Dokumentation – also den Emissionsprospekt – rund eine Million Euro an Kosten veranschlagen.

Rating erweitert Kreis der potenziellen Investoren

Unternehmen, die den Anleihemarkt öfter nutzen, legen einmalig ein sogenanntes „Euro Medium Term Note“-Programm, kurz EMTN-Programm, auf. Als Rahmenwerk enthält es alle Angaben und ermöglicht Unternehmen so auch sehr kurzfristig Anleihen zu begeben. Als Dokumentation ist nur noch eine kurze Ergänzung mit den Anleihekonditionen nötig.

Auch Mahle hat ein EMTN-Programm und ist gerade dabei, das Programm zu aktualisieren. Außerdem will der Autozulieferer seine Bonität von Ratingagenturen bewerten lassen. Ein öffentliches Rating ist für Anleiheplatzierungen nicht zwingend nötig. Es erweitert aber den Kreis der Investoren, die die Anleihe zeichnen können. Genau das ist Mahle-Finanzvorstand Frick wichtig.

Lesen Sie hier die bisher erschienenen Teile der Serie:

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