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Hauptversammlung Stimmrechtsberater ISS gegen Entlastung von Ex-Deutsche-Börse-Chef Kengeter

Der Stimmrechtsberater ISS geht hart mit Ex-Börsenchef Kengeter ins Gericht, unterstützt aber eine Wiederwahl von Chefkontrolleur Faber.
02.05.2018 Update: 02.05.2018 - 18:17 Uhr Kommentieren
Stimmrechtsberater ISS empfiehlt den Aktionären des Börsenbetreibers, ihm die Entlastung zu verweigern. Quelle: dpa
Ex-Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter

Stimmrechtsberater ISS empfiehlt den Aktionären des Börsenbetreibers, ihm die Entlastung zu verweigern.

(Foto: dpa)

Frankfurt Als Aufsichtsratschef der Deutschen Börse hatte Joachim Faber im vergangenen Jahr wenig zu lachen. Erst wurde ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen Vorstandschef Carsten Kengeter bekannt, dann platzte die Fusion mit der London Stock Exchange (LSE). „Wir haben 2016 und 2017 viel gewagt, doch wir haben unsere Ziele nicht erreicht“, bilanzierte Faber später. Viele Investoren sehen das ähnlich. Und sie wollen ihrem Unmut auf der Hauptversammlung am 16. Mai Luft machen.

Bei dem Aktionärstreffen wollen im Gegensatz zu den Vorjahren nicht nur Kleinaktionäre das Wort ergreifen, sondern nach Informationen des Handelsblatts erstmals auch große Fondsgesellschaften wie Deka und Union Investment. Beide sind an der Deutschen Börse beteiligt. Die einflussreichen Stimmrechtsberater ISS, Glass Lewis und Ivox haben schon vorab deutlich gemacht, dass sie die Vorfälle der vergangenen Jahre kritisch sehen.

Scharf gehen die drei besonders den Ende 2017 abgetretenen Kengeter an. „Angesichts der Schwere der Anschuldigungen und Entwicklungen in dem Fall in der zweiten Jahreshälfte 2017 empfehlen wir, dieses Mal gegen eine Entlastung von Kengeter zu stimmen“, heißt es im ISS-Bericht. Das Amtsgericht Frankfurt hatte es im Oktober abgelehnt, das Ermittlungsverfahren gegen Kengeter gegen eine Bußgeldzahlung einzustellen.

Der Manager hatte im Rahmen eines Vergütungsprogramms im Dezember 2015 Deutsche-Börse-Aktien gekauft – zwei Monate vor Bekanntwerden der Gespräche mit der Londoner Börse. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er damals schon über die LSE-Fusion verhandelte, und wirft ihm deshalb Insiderhandel vor. Kengeter und Faber haben die Vorwürfe zurückgewiesen. Wie das Verfahren ausgeht, steht in den Sternen.

Die Hauptversammlung in zwei Wochen sei die letzte Gelegenheit, „bei der die Aktionäre die Möglichkeit haben, Kengeter für mögliche Verfehlungen verantwortlich zu machen“, betont ISS. Die deutsche Glass-Lewis-Tochter Ivox erklärte in ihrer Studie auf Basis von Richtlinien des Fondsverbands BVI, eine Entlastung von Kengeter sollte „kritisch hinterfragt werden“. Glass Lewis hat sich gegen eine Entlastung des ehemaligen Vorstandschefs ausgesprochen. Viele Fonds und Großanleger aus den USA und Großbritannien folgen bei ihren Abstimmungen dem Rat von ISS und Glass Lewis.

Kritik an der Hängepartie

Neben Kengeter wird bei dem Aktionärstreffen vor allem Chefkontrolleur Faber viel Kritik zu hören bekommen. Faber hatte mit dem Aufsichtsrat und mit Zustimmung der Aktionäre das Vergütungsprogramm für Kengeter aufgelegt, das später ein Ermittlungsverfahren gegen den Vorstandsboss auslöste. Zudem hat Faber aus Sicht vieler Aktionäre zu lange an Kengeter festgehalten. Der Vorstandschef hatte erst Ende Oktober 2017 seinen Rückzug angekündigt – knapp neun Monate nach dem Bekanntwerden der Insiderermittlungen.

„Es ist nicht gut gewesen für den Ruf der Deutschen Börse, dass sich das so lange hingezogen hat“, sagt ein Großaktionär. Auch ISS weist darauf hin, dass sich viele Aktionäre eine frühere Ablösung Kengeters gewünscht hätten, „besonders wegen der möglichen Rufschädigung für das Unternehmen, weil dem CEO erlaubt wurde, trotz solch erheblicher Anschuldigungen weiterzuarbeiten“.

Im Gegensatz zu Glass Lewis und Ivox spricht sich ISS jedoch dafür aus, Faber zu entlasten. Dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern wäre aus Sicht von ISS verkehrt, da es noch viele Unklarheiten gebe. Auch die geplante Wiederwahl von Faber als Aufsichtsratschef unterstützt ISS – genauso wie viele Großaktionäre. Sie fürchten ein Führungsvakuum, wenn binnen weniger Monate Vorstands- und Aufsichtsratschef ausgetauscht werden.

Faber habe viele Fehler gemacht, sagte ein Großaktionär dem Handelsblatt. Aber man müsse ihm auch zugutehalten, dass er am Ende gehandelt und bei der Suche nach einem neuen Vorstandschef ein gutes Händchen bewiesen habe. „Er hat mit Weimer einen guten Mann reingebracht und wieder für Ruhe im Unternehmen gesorgt.“ Die geplatzte Fusion mit der London Stock Exchange könne man der Konzernspitze nicht anlasten. „Das kann passieren.“

Mehrere Großaktionäre wünschen sich allerdings, dass Faber vor einer möglichen Wiederwahl erklärt, wie lange er noch an der Spitze des Kontrollgremiums stehen will. Der 67-Jährige hatte in Gesprächen mit Investoren Finanzkreisen zufolge angedeutet, dass er bereits vor dem Ablauf der dreijährigen Amtszeit an einen Nachfolger übergeben könnte.

Doch einige Aktionäre haben inzwischen Zweifel, ob er sein Amt nach einer Wiederwahl tatsächlich vorzeitig aufgeben würde. Auf Fragen dazu habe Faber zuletzt ausweichend reagiert, sagt ein Investor – und wünscht sich an der Stelle mehr Offenheit. „Wir brauchen Klarheit, bevor wir zur Wahl schreiten“, sagt auch Klaus Nieding, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Faber kann also auf eine Wiederwahl hoffen, auch wenn es Zweifel gibt, ob es das Beste für das Unternehmen ist. „Ob es im Sinne bester Governance und vor allem einem Kulturwandel in der Gesellschaft zudinglich ist, diesen Kandidaten wiederzuwählen, ist fraglich“, heißt es in der Ivox-Studie, die dem Handelsblatt vorliegt. „Dies liegt im Ermessen der Aktionäre und sollte mindestens kritisch hinterfragt werden.“

Aus formellen Gründen abgelehnt wird von Ivox die geplante Wiederwahl von Vize-Aufsichtsratschef Richard Berliand. An der Qualifikation des langjährigen JP-Morgan-Bankers gebe es keine Zweifel, aber er habe zu viele Mandate, nämlich insgesamt sechs, erklärte Ivox. „Daher sollte der Antrag sehr kritisch gesehen werden.“

Auch ein Großaktionär ist gegen die Wiederwahl Berliands, weil der Brite die Regelzugehörigkeit von maximal zwölf Jahren im Aufsichtsrat der Deutschen Börse bereits erreicht hat. „Er kann sicher nicht mehr als unabhängig bezeichnet werden“, sagte der Investor. Bei der Regelzugehörigkeit, die in den Statuten der Deutschen Börse verankert ist, handelt es sich allerdings nur um eine Empfehlung. Und die will das Unternehmen Finanzkreisen zufolge bei Berliand ignorieren, da dieser die Interessen angelsächsischer Investoren bestens kennt – und diese halten mehr als die Hälfte aller Deutsche-Börse-Aktien.

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