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Hedgefonds Die Ruhe vor dem Sturm? Aktivisten halten sich mit Attacken in Europa zurück

Kursrückschläge bei Aktien laden eigentlich zum Einstieg ein – auch in Deutschland. Doch die Pandemie macht auch den Aktivisten das Leben schwerer.
27.05.2020 - 04:00 Uhr Kommentieren
Deutschland gilt als lohnendes Ziel für Aktivisten. Quelle: Reuters
Blick auf Frankfurt

Deutschland gilt als lohnendes Ziel für Aktivisten.

(Foto: Reuters)

Frankfurt In den USA verliert die Coronakrise für aktivistische Investoren langsam ihren Schrecken. Hedgefonds wie Pershing Square, Elliott und Third Point investieren wieder in Unternehmen, die sie mithilfe ihrer Aktionärsstimmen zu Reformen und Umbauten zwingen wollen.

Der Chef von Pershing Square, Bill Ackman, schlug etwa im ersten Quartal bei einer der Topadressen in der Private-Equity-Branche zu. Er erwarb Anteile an Blackstone, jener Firma, hinter der die Investorenlegende Stephen Schwarzman steht. Ackman kaufte fast 549.000 Aktien von Blackstone für 25 Millionen Dollar, wie er der US-Börsenaufsicht meldete.

Der Investor kann sich das leisten, da er sich frühzeitig gegen die Kurseinbrüche an der Börse abgesichert hatte. Diese Absicherungen löste er am 23. März wieder auf und erzielte einen Zusatzertrag von 2,6 Milliarden Dollar für seinen Hedgefonds, wie er seinen Investoren in einem Brief schrieb. Das Geld investiert Ackman jetzt wieder. Nicht nur bei Blackstone stieg der Investor ein, auch beim Immobilientrust Park Hotels & Resorts griff er zu.

In Europa halten sich die Aktivisten noch zurück, obwohl die Kursrückschläge bei Aktien eigentlich zum Einstieg einladen. Doch die Pandemie macht den Aktivisten das Leben schwerer. Standardstrategien wie die Forderung nach zusätzlichen Ausschüttungen oder Aktienrückkäufen sind derzeit für die übrigen Aktionäre nicht das drängendste Thema. Gleichzeitig machen es virtuelle Hauptversammlungen schwieriger, Stimmung gegen den Vorstand zu machen und die Aufmerksamkeit der Investoren zu erreichen.

Dazu kommt: Die Coronakrise sorgt nicht nur bei den potenziellen Opfern der aggressiven Fonds für einen Ausleseprozess. Auch die Aktivisten selbst geraten angesichts des Tohuwabohus an den Börsen unter Rechtfertigungsdruck. „Gut kapitalisierte, abgesicherte Fonds mit längerfristigen Kapitalzusagen können die Marktverwerfungen nutzen und outperformen“, prophezeit Richard Thomas, Leiter der „Shareholder Advisory Group“ der Investmentbank Lazard in Europa.

Andere Fonds, die größere Wetten auf schwächere Unternehmen abgeschlossen hätten, würden dagegen unter verschärften Wettbewerbsdruck geraten oder möglicherweise auch ganz scheitern. Zur Kerngruppe der Aktivisten zählt der Lazard-Banker die Fonds Elliott, Glenview, Greenlight, aber auch Icahn Associates, Pershing Square sowie Third Point.

Im März, als die Angst vor den Auswirkungen von Covid-19 besonders zu spüren war, brach den Aktivisten nach Berechnungen von Lazard das Geschäft weg. Betrug das Volumen der Deals im Februar dieses Jahres noch 11,3 Milliarden Dollar, fiel es im Folgemonat dramatisch auf nur noch 1,3 Milliarden Dollar.

In Deutschland zog sich beispielsweise der Aktivist Bluebell wegen Covid-19 sogar von seinem 4,6 Milliarden Dollar schweren Engagement bei der Fluggesellschaft Lufthansa zurück, weil die Kapitalmarktprofis einen schwerwiegenden, lang anhaltenden Schaden der Pandemie auf das Geschäft befürchten.

Die Bundesregierung erschwert das Geschäft

Die Aktionäre hätten gegenwärtig Liquidität und Stabilität des Geschäftsmodells der Unternehmen im Fokus, urteilt Lazard-Experte Thomas. „Die meisten Aktivisten halten sich daher mit öffentlichem Druck bei Themen wie Kostenreduktion oder Kapitalallokation zurück, da diese im aktuellen Umfeld auf wenig Resonanz stoßen“, betont er.

Gleichzeitig erschwert die Bundesregierung den Aktivisten das Geschäft, indem sie die Kontrolle ausländischer Investitionen verschärft. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch vergangener Woche eine Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes auf den Weg gebracht, das eine umfassendere Prüfung von Investitionen aus Nicht-EU-Staaten vorsieht, wenn die Beteiligung höher ausfällt als zehn Prozent.

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Lazard geht davon aus, dass die Aktivisten nach der Krise mit zusätzlichen Hürden wie Unternehmensbeteiligungen des Staates konfrontiert werden. Klassische Vermögensverwalter sehen solche Beteiligungen als legitimes Mittel, um angeschlagene Unternehmen zu schützen.

Gerade kurz vor einer drohenden Pleite besteht nach Ansicht von Alexander Leisten, Deutschlandchef bei der Fondsgesellschaft Fidelity, die Gefahr eines verstärkten Engagements von Hedgefonds, die die Schwäche der Unternehmen ausnutzen wollen. Solche opportunistischen Attacken gelte es zu verhindern. „Denn Hedgefonds und Aktivisten haben andere Interessen als eine gesamte Volkswirtschaft und die Arbeitnehmer“, sagt Leisten.

Bereits im vergangenen Jahr wagten die Aktivisten weniger Attacken. 2019 wurden insgesamt 187 Unternehmen weltweit Ziel von Kampagnen, rund 42 Milliarden Dollar wurden investiert. 2017 und 2018 lag das Investitionsvolumen noch bei jeweils rund 60 Milliarden Dollar.

Laut einer Analyse von Lazard fiel die Zahl der Kampagnen in Europa auf 48 Fälle, im Jahr 2018 waren es noch 57 Attacken gewesen. Ein Grund war der Rückgang der Vorstöße in Großbritannien, wo sich die Aktivisten wegen des Brexits zurückhielten.

Renaissance der Angreifer

Trotz all der Probleme, mit denen die Aktivisten derzeit zu kämpfen haben, sollten sich potenzielle Angriffsziele nicht in Sicherheit wiegen. Die aggressiven Investoren werden früher oder später auch in Europa und in Deutschland zurückkehren, da sind sich die meisten Experten einig.

Die momentane Zurückhaltung sollte nicht mit einer fundamentalen Strategieänderung verwechselt werden, warnen Banker. Themen wie Portfolio-Optimierung, Profitabilität und Wertschöpfung werden enorm wichtig werden, wenn sich der Markt weiter erholt.

Im Moment sei es für den Einstieg von Aktivisten in Unternehmen zwar noch zu früh, weil die Investoren die Folgen der Krise für einzelne Unternehmen noch nicht präzise genug abschätzen könnten, urteilt Axel Höfer, Managing Director bei Goldman Sachs. Aber spätestens, wenn die Firmen nötige Restrukturierungen nicht konsequent genug angehen würden, sei die Zeit für eine Renaissance der Aktivisten gekommen.

Die Aktivisten steigen meist bei fundamental unterbewerteten Firmen ein, die im Vergleich zu den Wettbewerbern eine geringere Rendite erwirtschaften und deren Aktienkurs und Dividende deshalb der Konkurrenz hinterherhinkt.

Nach einer Analyse der Unternehmensberatung BCG sind von den 336 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz immerhin 101 äußerst oder sehr attraktive Investitionsziele für Aktivisten, wobei Banken, Versicherungen und Immobiliengesellschaften nicht berücksichtigt wurden.

Etwa zwei Drittel der von BCG identifizierten Unternehmen haben ihren Sitz in Deutschland, überwiegend im MDax und SDax. Schlagzeilen produzierten in den vergangenen Jahren beispielsweise der Einstieg von Elliott Management bei der Online-Plattform Scout 24 oder die Investition des Hedgefonds Petrus Advisors in die Comdirect Bank und die Aareal Bank.

Philipp Jostarndt, Partner bei BCG, glaubt, dass deutsche Unternehmen zum Beispiel durch mangelhafte Governance Angriffsflächen bieten, etwa bei der Besetzung und Vergütung von Vorstandsposten oder der Transparenz bei der Investorenkommunikation. Für Investmentbanker und Fondsgesellschaften wie Deka Investments gilt: Deutschland ist eines der attraktivsten Länder für Aktivisten.

„Investoren wie Elliott werden besonders in Europa wieder zurückkehren“, meint auch Volker Kurr, der für den billionenschweren Vermögensverwalter Legal & General das institutionelle Geschäft in Europa führt. Und er macht klar: „Wir unterstützen die Vorschläge der Aktivisten, wenn diese Wert für unsere Kunden schaffen.“ Experten erwarten beispielsweise vermehrt die Forderung nach der Abspaltung von Konzernteilen.

Kurrs Einwurf zeigt, dass die Aktivisten inzwischen auch bei einigen klassischen Vermögensverwaltern und Fondsgesellschaften Verbündete gefunden haben. „Diese Großanleger stehen selbst unter enormem Ertragsdruck und suchen nach Möglichkeiten, ihre Performance zu verbessern“, sagt Goldman-Banker Höfer. Das ist auch nötig, da börsennotierte Indexfonds sich für Anleger zu einer guten, kostengünstigen Alternative zu herkömmlichen Fonds entwickelt haben, die auch noch renditestark ist.

Mehr: Fondsmanager Ingo Speich: „Wir arbeiten nicht mit Aktivisten zusammen.“

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