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Helaba und Rentenbank im Visier EZB greift bei den Kontrollgremien der Banken durch

Die europäische Bankenaufsicht greift erstmals bei Kontrollgremien von Finanzinstituten durch – und drängt hierzulande in zwei Fällen auf Änderungen.
23.02.2018 - 06:15 Uhr Kommentieren
EZB greift bei den Kontrollgremien der Banken durch Quelle: imago/Jan Huebner
Europäische Zentralbank in Frankfurt

Die europäischen Bankenaufseher der EZB haben zwei deutsche Institute im Visier.

(Foto: imago/Jan Huebner)

Frankfurt/Berlin Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) gilt im deutschen Bankensektor als Hort der Stabilität. Die Finanzkrise 2008 hat das Institut im Gegensatz zu anderen Landesbanken ohne Staatshilfen überstanden. Und in der Finanzbranche ist das Geldhaus auch sonst für sein konservatives Geschäftsgebaren bekannt. „Eine gute Bilanz ist etwas besser, als sie aussieht“, sagt Vorstandschef Herbert Hans Grüntker.

Die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank (EZB) müssten sich über Institute wie die Helaba eigentlich freuen, könnte man meinen. Doch dem ist nicht so. Der Verwaltungsrat des Geldhauses, der mit 36 Mitgliedern deutlich größer ist als bei den meisten Konkurrenten, wird von den Kontrolleuren Insidern zufolge scharf kritisiert.

Der Verwaltungsrat sei aufgrund seiner Größe nicht geeignet, um gute Diskussionen zu führen, monieren die EZB-Bankenaufseher nach Informationen des Handelsblatts. Zudem bemängeln sie eine mangelnde Effizienz bei der Entscheidungsfindung. Die harte Kritik ist das Ergebnis eines mittlerweile abgeschlossenen Pilotprojekts, in dem die EZB die Helaba und einige andere europäische Geldhäuser einer sogenannten Kulturprüfung unterzogen hatte. Dabei wurde unter anderem beobachtet, wie die Arbeit in den Gremien vonstattengeht und wie die Interaktion zwischen den Beteiligten abläuft.

Die EZB legte den Eigentümern der Helaba Finanzkreisen zufolge nahe, das Gremium zu verkleinern. Mehrheitseigner der Landesbank sind die Sparkassen in Hessen und Thüringen mit 69 Prozent, gefolgt vom Land Hessen mit acht Prozent. Die restlichen Anteile liegen bei anderen Sparkassenorganisationen und dem Freistaat Thüringen.

Die Träger der Helaba haben sich Insidern zufolge entschieden, der EZB Folge zu leisten – und den Verwaltungsrat in der nächsten Amtsperiode zu verkleinern. Angedacht sei eine Reduktion auf 27 Mitglieder, sagten mehrere mit den Überlegungen vertraute Personen dem Handelsblatt. Entsprechende Entscheidungen in den Helaba-Gremien seien aber noch nicht gefallen. Alle Beteiligten wollten sich dazu nicht äußern.

„Ergebnisse sprechen nicht gegen Gremien-Zusammensetzung“

Die Größe des Verwaltungsrats bei der Helaba, die zuletzt auf eine Bilanzsumme von 163 Milliarden Euro kam, hat historische Gründe. Als die Frankfurter im Sommer 2012 Teile der zerschlagenen WestLB schluckten, nahmen sie den rheinischen, den westfälischen und den deutschen Sparkassen- und Giroverband in ihren Trägerkreis auf – und versorgten die neuen Miteigentümer auch mit Verwaltungsratssitzen. Viele hielten das damals für einen klugen Schachzug, um die Verbindung zwischen der Helaba und den Sparkassen in Nordrhein-Westfalen zu stärken.

Einige Mitglieder des Helaba-Verwaltungsrats halten die EZB-Kritik für unbegründet. „Die Größe des Gremiums hat die Diskussion und Entscheidungsfindung in keiner Weise beeinträchtigt“, sagt einer der Betroffenen. Dank der vergleichsweise großen Zahl an Verwaltungsratsmitgliedern gebe es in dem Gremium Personen, die sich mit einzelnen Aspekten besonders gut auskennen würden. Ein anderes Verwaltungsratsmitglied weist darauf hin, dass die Helaba im Gegensatz zu anderen deutschen Banken seit Jahren keinen Skandal produziert hat und stattdessen stabile Gewinne einfährt. „Die Ergebnisse sprechen eigentlich nicht gegen die Gremien-Zusammensetzung.“

Doch einen Streit mit der EZB provozieren wollen die Eigentümer der Bank wegen des Verwaltungsrats nicht. Denn die Organisation eines Instituts fließt unter dem Oberbegriff Governance in die individuelle Bewertung des Geldhauses durch die Aufsichtsbehörden ein. Und wenn die EZB mit der Governance einer Bank nicht zufrieden ist, kann sie ihr im äußersten Fall eine höhere Mindestkapitalquote vorschreiben.

Die Helaba ist Finanzkreisen zufolge bisher das einzige deutsche Institut, gegen das die EZB wegen der Größe seines Kontrollgremiums vorgeht. Allerdings sind die meisten anderen Gremien auch deutlich kleiner: Die Deutsche Bank und die Commerzbank kommen jeweils mit 20 Mitgliedern aus, die BayernLB sogar nur mit elf. Die KfW, die mit bis zu 37 Verwaltungsratsmitgliedern ähnlich üppig besetzt ist wie die Helaba, wird nicht von der EZB beaufsichtigt, sondern seit 2016 von den deutschen Aufsichtsbehörden Bafin und Bundesbank.

Und diese haben die KfW bisher Finanzkreisen zufolge nicht aufgefordert, ihr Kontrollgremium zu verkleinern. Die Zahl der Verwaltungsräte bei der Staatsbank ist im KfW-Gesetz festgelegt. Das Institut hat sich damit abgefunden und auf seine Weise reagiert. „Die KfW hat viele Aufgaben des Verwaltungsrats in die Ausschüsse des Kontrollgremiums verlagert“, heißt es in Finanzkreisen.

Zudem würden die Mitglieder, zu denen auch hochrangige Politiker zählen, stärker geschult. Defizite bei der Fachkenntnis von Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsmitgliedern ist ein Thema, das deutsche wie europäische Bankenaufseher seit der Finanzkrise verstärkt umtreibt. Durch Fortbildungsmaßnahmen ist in den vergangenen Jahren schon einiges passiert – aber aus Sicht der EZB noch nicht bei allen Banken genug.

Verstärkte Suche nach Personen mit Finanzexpertise

Besonders kritisch sehen die europäischen Bankenaufseher in diesem Zusammenhang Finanzkreisen zufolge den Verwaltungsrat der Landwirtschaftlichen Rentenbank. Dort befinden sich unter den 18 Mitgliedern lediglich drei Banker: Commerzbank-Vorstand Michael Reuther, Birgit Roos von der Sparkasse Krefeld sowie Caroline Toffel von der Kieler Volksbank. Geleitet wird das Gremium von Joachim Rukwied. Er ist Präsident des Deutschen Bauernverbands, der noch fünf weitere Mitglieder stellt. Mit von der Partie sind zudem drei Landwirtschaftsminister der Länder sowie Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt, der Vize-Chef des Gremiums ist.

Die Landwirtschaftliche Rentenbank hat eine Bilanzsumme von 91 Milliarden Euro und im vergangenen Jahr einen Gewinn von 61 Millionen Euro eingefahren. Das in Frankfurt ansässige Institut hat den staatlichen Auftrag, die Landwirtschaft und den ländlichen Raum zu fördern. Der Bund haftet für aufgenommene Darlehen und begebene Schuldverschreibungen. Die Besetzung des Verwaltungsrats ist im „Gesetz über die Landwirtschaftliche Rentenbank“ festgelegt.

Eine Änderung dieses Gesetzes verlangt die EZB nicht, aber sie hat Finanzkreisen zufolge zwei andere Forderungen gestellt: Wenn Verwaltungsratsposten neu besetzt werden, sollen verstärkt Personen mit Finanzexpertise ausgewählt werden. Und einige aktuelle Mitglieder sollen durch Schulungen mehr Finanzexpertise aufbauen. Die EZB und das Institut selbst wollten sich dazu nicht äußern.

Bauernverbandspräsident Rukwied teilt die Kritik der EZB nicht und verweist auf die rechtlichen Bestimmungen. „Die Zusammensetzung des Verwaltungsrates entspricht den gesetzlichen Vorgaben.“ Auch das Bundeslandwirtschaftsministerium sieht keinen Anlass für Veränderungen. „Die Zusammensetzung des Verwaltungsrats der Landwirtschaftlichen Rentenbank aus den Bereichen Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Finanzsektor ist breit angelegt und gewährleistet eine angemessene Abbildung der erforderlichen Expertise“, sagte eine Sprecherin des Ministeriums.

Das finanzwirtschaftliche Fachwissen werde durch die drei Vertreter von Kreditinstituten sichergestellt. Zudem sei durch regelmäßige Fortbildungen gewährleistet, dass die Verwaltungsratsmitglieder über „die geforderte Expertise zur Überwachung der Geschäftstätigkeit des Vorstands sowie zur Beratung des Vorstands verfügen“, erklärte die Sprecherin.

Die EZB sieht das Finanzkreisen zufolge anders und wünscht zeitnah Verbesserungen. Die Bankenaufsicht wolle Politiker und Verbandsmitglieder nicht aus dem Verwaltungsrat der Rentenbank drängen, sagten mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen. Aber die Gremiumsmitglieder müssten zügig mehr Expertise aufbauen, um den Vorstand wirksam kontrollieren zu können.

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