Helmut Gottschalk So fallen die Reaktionen auf den neuen Commerzbank-Aufsichtsratschef aus

Der neue Aufsichtsratschef der Commerzbank wurde anfangs von vielen unterschätzt.
Frankfurt Mit der Nominierung von Helmut Gottschalk als Aufsichtsratschef ist der Commerzbank eine Überraschung gelungen. Doch die Reaktionen auf die Wahl des 69-jährigen Genossenschaftsbankers fallen durchwachsen aus.
Positiv werten Mitarbeiter und Investoren, dass das Machtvakuum an der Spitze des Commerzbank-Aufsichtsrats nun bald beendet sein wird. Nachdem Amtsinhaber Hans-Jörg Vetter Mitte März aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten ist, wird das Kontrollgremium aktuell von Betriebsratschef Uwe Tschäge geleitet. Dieser hat jedoch klargemacht, dass er das Amt nicht dauerhaft ausfüllen will.
Für seinen designierten Nachfolger Gottschalk spricht, dass dieser als Aufsichtsratschef der DZ Bank von 2010 bis 2018 den Umbau des Geldhauses und die Fusion mit dem Schwesterinstitut WGZ vorangetrieben hat.
Der gebürtige Schwabe galt dabei stets als Mann der leisen Töne, der im Hintergrund die Fäden zog. „Ich habe einen klaren Kompass im Glauben“, sagte der Protestant einst. „Mir war immer wichtig, das Gebotene zu machen, andere aber dabei mitzunehmen.“
Die Bundesregierung, die mit gut 15 Prozent größter Anteilseigner der Commerzbank ist, hält Gottschalk für eine gute Wahl. Er bringe Bankexpertise und Erfahrung bei der Leitung eines Aufsichtsrats mit, heißt es in Berlin.
Andere Investoren sehen seine Nominierung kritischer. Sie monieren, dass Gottschalk als Vorstandschef lediglich für die Volksbank Herrenberg-Nagold-Rottenburg zuständig war – und somit nur bedingt geeignet sei als Sparringspartner für Vorstandschef Manfred Knof.
Die Commerzbank auf den Spuren von Schalke 04
Darüber hinaus hat Gottschalk keine Erfahrung im Umgang mit internationalen Investoren, was bei Commerzbank-Aktionären wie Capital Group, Cerberus und Blackrock durchaus hilfreich wäre. Der politische Wunsch, die Führungskrise im Aufsichtsrat schnell zu beenden, sei offenbar größer gewesen als das Bestreben, die bestmögliche Lösung für die Commerzbank zu finden, kritisiert ein großer Investor. Ihn erinnert der Prozess an Trainersuchen beim Fußball-Bundesligisten Schalke 04, wo gute Kandidaten angesichts mauer Aussichten ebenfalls abwinken.
Bei der Commerzbank hofften viele nach der Absage des scheidenden KfW-Chefs Günther Bräunig darauf, dass dessen Vorstandskollegin Ingrid Hengster Chefkontrolleurin wird. Doch die Österreicherin, die als Kandidatin für den KfW-Chefposten gilt, lehnte Insidern zufolge ebenfalls ab, weil diese Aufgabe nicht mit ihrem Vorstandsjob in der Förderbank vereinbar gewesen wäre.
Aus Sicht von Investoren zeigen die Absagen, wie undankbar der Job angesichts des geplanten Radikalumbaus der Commerzbank ist. „Als Aufsichtsratschef kann man da kaum etwas gewinnen“, sagt Daniel Bauer, Vorstandsvorsitzender der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. „Man holt sich einen Haufen Ärger ins Haus – und bekommt dafür vergleichsweise wenig Geld.“

Der Betriebsratschef leitet den Commerzbank-Aufsichtsrat seit dem Ausscheiden von Hans-Jörg Vetter.
Kritisch sieht Bauer auch, dass Gottschalk für das alte Bankgeschäft stehe. „Ein 69-jähriger Rentner soll die Commerzbank in die Welt der digitalen Produkte führen?“, fragt der Aktionärsschützer. Er habe da seine Zweifel.
Auch bei Gottschalks Vorstellung im Aufsichtsrat der Commerzbank gab es einige kritische Fragen. Doch der Vater von zwei Söhnen und Opa von vier Enkelkindern ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. „Herr Gottschalk hat einen souveränen Auftritt hingelegt und deutlich gemacht, dass er inhaltlich unabhängig ist. ‚Nehmt mich, wie ich bin, oder lasst es eben‘, lautete seine Botschaft“, erzählt Stefan Wittmann, der für die Gewerkschaft Verdi im Aufsichtsrat sitzt.
Er könne nicht beurteilen, ob Hengster oder Bräunig bessere Kandidaten gewesen wären, sagt Wittmann. „Bei uns überwiegt die Erleichterung, dass wir zeitnah eine Lösung gefunden haben, hinter der sich alle versammeln können.“
Einladung zur Hauptversammlung vielleicht schon am Donnerstag
Gottschalk wurde in Calw im Nordschwarzwald geboren und hat dort eine Ausbildung bei der örtlichen Sparkasse gemacht. Nach einem berufsbegleitenden betriebswirtschaftlichen Studium heuerte er bei der Landesgirokasse in Stuttgart an. 1982 wurde er Vorstand bei der Volksbank Herrenberg, 1997 übernahm er den Vorsitz.
Als Aufsichtsratschef der DZ Bank arbeitete Gottschalk gut mit den Arbeitnehmervertretern zusammen – und strebt dies auch bei der Commerzbank an. Bei der Vorstellung im Aufsichtsrat habe Gottschalk betont, „dass die Transformation der Bank nicht gegen die Belegschaft zu schaffen ist“, sagt Wittmann. „Die Arbeitnehmerseite hat ihn deshalb voller Überzeugung gewählt.“
Klar ist allerdings, dass Gottschalk aufgrund seines Alters nur ein Übergangskandidat an der Spitze des Kontrollgremiums sein kann. Die meisten Beteiligten gehen davon aus, dass er das Amt lediglich bis zur Hauptversammlung im Frühjahr 2023 ausüben wird. Dann wird der gesamte Aufsichtsrat turnusmäßig neu gewählt.
Für das wegen der Personalturbulenzen verschobene Aktionärstreffen 2021 sucht das Institut neben Gottschalk noch ein weiteres Aufsichtsratsmitglied. Falls dieses wie geplant zeitnah gefunden wird, will die Commerzbank nach Handelsblatt-Informationen am Donnerstag einen neuen Termin für die Hauptversammlung bekannt geben und die Einladungen dafür verschicken.
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