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HVB-Chef Weimer „Die Debatte über Bargeld schafft Unruhe“

Für Theodor Weimer, Chef der Hypo Vereinsbank, ist Bargeld gelebte Freiheit. Dennoch ist er überzeugt, dass wir alle irgendwann mit dem Handy bezahlen. Und auf den 500-Euro-Schein kann er schon heute verzichten.
11.03.2016 - 11:56 Uhr
Theodor Weimer (r.) im Gespräch mit Handelsblatt-Senior-Editor Hans-Jürgen Jakobs: „Bargeld ist Psychologie“, ist der Bankier überzeugt. Quelle:
Zu Gast im Handelsblatt Wirtschaftsclub

Theodor Weimer (r.) im Gespräch mit Handelsblatt-Senior-Editor Hans-Jürgen Jakobs: „Bargeld ist Psychologie“, ist der Bankier überzeugt.

München Literaturhaus München: Am Mittwoch trat dort kein Autor auf, sondern ein Volkswirt, der sich „Bankier“ nennt und an der Modernisierung seiner Zunft arbeitet: Theodor Weimer, 56, Chef der Hypo-Vereinsbank, stellte sich im Handelsblatt Wirtschaftsclub den Fragen von Senior Editor Hans-Jürgen Jakobs.

Herr Weimer, der Durchschnittsdeutsche hat 103 Euro Bargeld in seinem Portemonnaie. Und Sie?
Ich brauche deutlich weniger Bargeld, weil ich viel mit Karte zahle und zunehmend andere digitale Zahlungsmittel nutze. Ganz ehrlich: Ich habe noch nie einen 500-Euro-Schein in der Hand gehabt. 

Dann haben Sie wohl kein Problem damit, dass die Europäische Zentralbank 500er-Noten abschafft.
Die Welt ginge daran sicher nicht zugrunde. Nur drei Prozent aller Euro-Scheine sind 500er. Rund 25 Prozent dieses Geldes kursieren außerhalb der Europäischen Währungsunion. Unter uns: Es wird schon viel Schindluder mit großen Scheinen getrieben. 

Die Bundesregierung will zudem Bargeld-Transaktionen auf maximal 5.000 Euro begrenzen.
Das geht zu weit. Bargeld ist für viele Menschen und auch für mich gelebte Freiheit – vor allem in Deutschland. Hierzulande werden 79 Prozent aller Transaktionen im privaten Bereich mit Bargeld abgewickelt, in den USA sind es unter 50 Prozent. Nicht nur meine Schwiegermutter, sondern auch ich persönlich zahle kleinere Beträge bar.

Die Politik glaubt: Terrorfinanzierung, Geldwäsche und Schattenwirtschaft würden so eingedämmt.
...und das zieht nicht. In allen Ländern, in denen man eine Obergrenze eingeführt hat, ist die Schattenwirtschaft nachweisbar nicht zurückgegangen.

Vielleicht geht es in Wahrheit auch darum, dass die Geldpolitik der Notenbank ohne Bargeld effektiver ist.
Die Frage kann man stellen. Natürlich hätten die Notenbanken dann theoretisch die volle Kontrolle über das geldpolitische System. Allerdings wird es immer Wege geben, das offizielle System zu umgehen. Früher war das der Tauschhandel, in Zeiten der Digitalisierung sind es zum Beispiel Bitcoins. Mit solchen Diskussionen müssen wir also aufpassen! Geld hat außerdem sehr viel zu tun mit Vertrauen. Die Debatte über das Bargeld schafft Unruhe. Die Kunden fragen: Soll man jetzt schon Geld beiseite schaffen? Kann man das dann noch tauschen? Bargeld ist Psychologie.

Deutsche-Bank-Chef John Cryan nennt Bargeld „ineffizient“.
Deutschland ist noch immer Bargeldland. Aber irgendwann wird es so sein, dass wir alle auch mit dem Handy bezahlen. Und innerhalb der nächsten drei Jahre wird Standard werden, in 30 Sekunden einen Konsumenten- oder Ratenkredit bis zu 20.000 Euro zu vergeben. 40 bis 60 Prozent des Ratenkreditgeschäfts wird für die Banken verloren sein, wenn wir da nicht mitziehen. Auch bei der Vermögensanlage stehen Banken zunehmend unter Druck.

Die Angreifer sind muntere „Fintechs“. Wie reagieren Sie darauf?
Die meisten Fintechs zielen aufs Privatkundengeschäft. Und das hat für die Branche die niedrigste Profitabilität. Die eigentlichen Gewinntöpfe liegen im Geschäft mit Firmenkunden und im Investmentbanking, unserem Stammgeschäft. 

Wird Ihre Bank selbst zum Fintech?
Gute Frage. Wir investieren in Fintechs: Allein in den ersten Monaten dieses Jahres haben wir 30 Millionen in Venture-Capital-Fonds gesteckt. Weitere 15 Millionen investierten wir direkt in Fintechs. Damit haben wir Zugang zu Start-ups, Innovationen, Talenten. Und wir erwerben das Recht auf exklusive Kooperationen.

Wollen Sie in der schönen neuen Digitalwelt eigentlich noch mehr Filialen schließen?
Die Hypo-Vereinsbank war die erste, die vor knapp zwei Jahren rund die Hälfte der Filialen geschlossen und die restlichen 341 komplett modernisiert hat. Dafür kassierten wir anfangs Häme. Nun zeigt sich: Wir waren Vorreiter. Es wird auch in Zukunft Bankfilialen geben – aber sie werden ergänzt um Onlineangebote. Deshalb braucht es weniger Filialen, dafür werden sie moderner. Und es gibt Flagships. Schauen Sie sich Apple an: Die Firma hat keine Kunden, sondern Fans! Wir haben es nie geschafft, eine emotionale Marke aufzubauen.

Bill Gates sagte 1994: „Banking is necessary, banks are not.“
Ich glaube, er hatte recht. Wenn wir uns nicht ändern, werden wir durchgemendelt. Dass wir jetzt angegriffen werden, ist das Beste, was uns passieren konnte. Erfolgreiche Industrieunternehmen haben eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Banken nicht. Das kann nicht sein. Und das ändert sich nun.

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