Hypo-Vereinsbank Wie Marion Höllinger das Privatkundengeschäft der HVB verändert

Die 49-Jährige hat ihre bisherige Laufbahn bei der HVB verbracht.
München Es ist eine der erstaunlichsten Karrieren in der deutschen Bankenszene. Vor 30 Jahren begann Marion Höllinger ihre Ausbildung zur Bankkauffrau in einer kleinen Filiale der Hypo-Vereinsbank (HVB) im niederbayerischen Eggenfelden. Seit August dieses Jahres gehört die 49-Jährige nun dem Vorstand des Instituts an und ist dort für das Privatkundengeschäft zuständig. Mehr als ein Dutzend Stationen im Haus lagen auf ihrem Weg vom Azubi in den Vorstand. Der Kontakt mit der Privatkundschaft gehörte immer dazu – egal ob als Filialleiterin in Landshut oder Rosenheim, in Berlin oder Hamburg.
Das Wissen um die Wünsche der Kunden soll ihr nun auch beim weiteren Umbau des Privatkundengeschäfts zugutekommen. Am heutigen Donnerstag rollt die HVB – Tochter der italienischen Großbank Unicredit – ihr neues Smartbanking-Konzept für rund 1,5 Millionen Privatkunden innerhalb des Retail-Bereichs aus. „Es ist einer der größten Change-Prozesse, die es in den vergangenen Jahren bei der HVB gegeben hat“, beschreibt Höllinger den Start.
Konkret geht es aus Kundensicht womöglich um Selbstverständlichkeiten, in der Welt der Banken sind die aber vielerorts noch immer nicht umgesetzt. Dort verlangen die Kunden wie bei Amazon oder Netflix auch einfache und kurze Prozesse in der Kundenkommunikation, und da über alle Kanäle. Im Banking bedeutet das, dass eine Beratung oder ein Service gleichermaßen zur Verfügung steht, egal ob er in einer Bankfiliale, online, per App oder per Voicebot erfolgt. Mit einer sogenannten Multichannel-Strategie will die HVB ab sofort überzeugen.
Dass hier in der Branche dringender Nachholbedarf herrscht, bestätigt Peter Scholz, Professor an der Hamburg School of Business Administration (HSBA): „Klassische Banken erfüllen häufig noch nicht die Bedürfnisse der digitalaffinen Kunden.“ Stattdessen sei deren Kundenerlebnis noch immer analog und an vielen Stellen kompliziert.
Um sich davon abzuheben, haben sie bei der Hypo-Vereinsbank in den vergangenen 20 Monaten an vielen Ecken experimentiert. Es gab fünf Pilotphasen, die letzte begann Ostern mit bereits rund 500.000 Testkunden. Es wurde während des laufenden Arbeitsprozesses gefeilt und wieder verworfen, weiterentwickelt und immer wieder Kundenfeedback eingeholt.
Höllinger war von Anfang an in den Prozess involviert. Zuerst als Verantwortliche für das Privatkundengeschäft unter dem damaligen Vorstand Jörg Frischholz. Als dieser im Sommer den Chefposten bei der NordLB übernahm, entschied sich der Aufsichtsrat der HVB nach nur kurzer Diskussion für sie als Nachfolgerin. Seither macht Höllinger von der Spitze aus das, was sie immer gemacht hat: Sie kümmert sich um die Privatkunden der HVB.
Vier unterschiedliche Ansatzpunkte standen dabei am Anfang der Überlegungen: Zum einen sollte das neue Kundenmodell ein hohes Maß an Flexibilität bieten. Hat der Kunde ein Anliegen, dann soll es keine Rolle mehr spielen, über welchen Kanal er mit der Bank Kontakt aufnimmt. Des Weiteren soll der gesamte Prozess im Banking einfach und flexibel aufgebaut sein. „Dabei waren gerade die hohen regulatorischen Vorgaben, die es natürlich weiter zu beachten gilt, eine Herausforderung“, erinnert sich Höllinger. Kontoeröffnungen, bei denen früher seitenweise Papier versandt wurde, funktionieren jetzt innerhalb weniger Minuten papierlos. Die Unterlagen wandern automatisch ins Onlinepostfach.
Künstlicher Sprachassistent als größte Herausforderung
Die größte Aufgabe war indes die Entwicklung einer modernen und innovativen Technologie, um mit Kundinnen und Kunden in Kontakt zu treten. Bereits seit Ostern erprobte die Bank einen sogenannten Voicebot. Der künstliche Sprachassistent macht Serviceangebote, berät in einfachen Bankprodukten und leidet an einen echten Berater weiter, wenn komplexe Fragestellungen wie Baufinanzierungen oder die Strukturierung eines Depots den künstlichen Berater überfordern.
Aber auch er entwickelt sich stetig weiter. „Etwa 300 Kundenanliegen erkannte unser Voicebot während der Pilotphase an Ostern, 400 sind es heute“, so Höllinger über die kontinuierliche Weiterentwicklung des künstlichen Ansprechpartners. In Zukunft sollen auch die heute noch auftretenden kleinen Probleme ausgemerzt sein.
Als letzter Ansatzpunkt stand in der neuen Strategie ein weiteres Mal der Kunde, der entscheidet, wann, wo und wie er eine Beratung braucht. „Die Frage nach der Filiale oder dem digitalen Banking stellt sich damit nicht mehr, wir lösen dieses Konstrukt auf“, so Höllinger.
So weit die Theorie. Im harten Praxistest aber wird sich das neue Privatkundenmodell der HVB allerdings gegen harte Konkurrenz an einem umkämpften und dazu sehr preissensiblen Markt bewähren müssen. Sparkassen wie Genossenschafts- und Geschäftsbanken buhlen seit Längerem um die private Kundschaft. Hinzu kommen preisaggressive Onlinebanken.
Die BayernLB-Tochter DKB beispielsweise will innerhalb von vier Jahren ihre Kundenzahl von vier auf acht Millionen verdoppeln. Höllinger hält wenig von aggressiver Kundenwerbung: „Es geht um die Hauptbankverbindung des Kunden, unsere Kontokarte soll die erste in der Geldbörse oder der digitalen Wallet des Kunden sein.“
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