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Illimity-Chef Corrado Passera Ein Ex-Minister wirbelt Italiens Bankenmarkt durcheinander

Corrado Passera hat die Großbank Intesa aufgebaut, die italienische Post modernisiert, war Wirtschaftsminister in Rom. Jetzt fordert er mit einer Direktbank den Markt heraus.
07.08.2021 - 10:58 Uhr Kommentieren
Mit 30 Mitarbeitern fing er hier vor zwei Jahren an, heute hat die Bank mehr als 700 Beschäftigte. Quelle: www.imago-images.de
Illimity-CEO Corrado Passera in Mailänder Firmenzentrale

Mit 30 Mitarbeitern fing er hier vor zwei Jahren an, heute hat die Bank mehr als 700 Beschäftigte.

(Foto: www.imago-images.de)

Mailand Verbindungen zu seinem alten Leben gibt es für Corrado Passera fast überall: Das Gebäude neben dem Mailänder Bahnhof, in dem sein Start-up Illimity gerade zur größten Digitalbank Italiens heranwächst, gehörte einst der italienischen Post, die Passera Ende der Neunzigerjahre führte.

Mit 30 Mitarbeitern zog der 66-Jährige hier vor zwei Jahren ein, Stockwerk für Stockwerk mieteten sie dazu. Bald kommen die Etagen fünf und sechs hinzu – Illimity hat heute schon mehr als 700 Mitarbeiter, 1,5 Millionen Kunden und verwaltet Werte von mehr als 4,3 Milliarden Euro. Im kommenden Jahr wird erstmals eine Dividende ausgezahlt.

Es ist Passeras neustes Baby. Und es wächst rasant. Die Zielgruppe sind kleine und mittelständische Unternehmen – das Rückgrat von Italiens Wirtschaft, das nicht erst seit der Pandemie schwer an neue Kredite kommt. „Wir haben Hunderte von Unternehmen als Kunden, die zuvor Probleme mit der Kapitalbeschaffung hatten“, erklärt Passera in seiner Firmenzentrale.

Aber wieso kann Illimity, seit 2018 börsennotiert, so viel mehr Risiko eingehen als die Konkurrenz? Für Passera ist es die Kombination aus neuester Technologie und den Branchenkenntnissen seiner Experten. Mehr als 70 Prozent von ihnen kommen nicht aus dem Bankensektor, sie gehen auf die Firmen zu, gewappnet mit Daten, und machen Vorschläge, wie sich das Geschäft verbessern lässt.

Das zahlt sich aus: Die Kreditausfallrate liegt bei unter einem Prozent – besser als bei vielen großen Instituten.

Illimity hat eine Eigenkapitalquote, von der viele Banken träumen

An diesem Freitag hat Passera erneut gute Zahlen vorgelegt: Der Nettogewinn stieg im ersten Halbjahr auf 27,4 Millionen Euro – ein Plus von 84 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Eigenkapitalquote liegt bei 17,2 Prozent – kaum ein italienisches Institut kommt auf so einen hohen Wert. Die Eigenkapitalrendite hat sich von fünf auf nun etwa neun Prozent fast verdoppelt.

Passera ist Erfolg gewohnt, seine Karriere kennt kaum einen Knick. In Como geboren, wuchs er am gleichnamigen See in Norditalien auf, noch heute betreibt seine Familie dort mehrere Hotels. Passera entschied sich gegen das Familiengeschäft, studierte Wirtschaft in Mailand und Philadelphia, bekam einen Job bei McKinsey. Nach vier Jahren hätte er zum Partner aufsteigen können – wurde aber lieber Assistent des Unternehmers Carlo De Benedetti, der ihn später zum CEO des Computerherstellers Olivetti machte.

1998 übernahm Passera den Chefposten der Post, einst Symbolbild für das ineffiziente Italien. Er modernisierte das Staatsunternehmen, führte das Expressgeschäft ein. Noch heute trauern ihm die Angestellten nach, die ihn nach vier Jahren mit Standing Ovations verabschiedeten. Es folgten zehn Jahre bei der Bank Intesa, die Passera 2006 mit dem Konkurrenten Sanpaolo zum heute größten Kreditinstitut Italiens verschmolz.

Passera zog immer weiter, suchte neue Herausforderungen. Er ist einer der wenigen Topmanager Italiens, die mühelos zwischen den Welten wechseln. 2011 berief ihn der damalige Premier Mario Monti als Wirtschaftsminister in sein Expertenkabinett. 2016 wollte Passera in Mailand als Bürgermeister kandieren – zog sich aber kurz vor der Wahl zurück, um sich hinter einen aussichtsreicheren Kandidaten zu stellen.

In zehn Jahren formte er die heute größte Bank Italiens. Quelle: ROPI
Corrado Passera als Intesa-Chef 2008

In zehn Jahren formte er die heute größte Bank Italiens.

(Foto: ROPI)

Seit 2018 ist er wieder CEO. Erstmals muss er nicht umstrukturieren, sondern kann etwas Neues schaffen. Flexibles Arbeiten praktizierte Illimity schon vor Corona. Die Hälfte der Kollegen ist meist im Homeoffice. Auch wenn sich die Arbeitswelt durch die Pandemie gewandelt hat: In Italien ist das nicht selbstverständlich.

Obendrein gibt es bei Illimity einen individuellen Bonus von bis zu 30.000 Euro. Jeder kann wählen, ob damit lieber die Schule der Kinder, eine Reise oder die Altersvorsorge finanziert wird. „Unsere Mitarbeiter sind zwischen 20 und 60 Jahren alt und haben daher ganz unterschiedliche Bedürfnisse“, erklärt Passera.

Corrado Passera: „Unzureichendes Bildungssystem“ einer von Italiens Schwachpunkten

Die Bank macht auch nicht den ganzen August dicht wie so viele Unternehmen im Land – und verpflichtet ihre Mitarbeiter damit nicht zum teuren Zwangsurlaub. „Über die Arbeits- und Urlaubszeiten entscheiden die Teams untereinander“, sagt Passera. Knapp drei Monate haben Italiens Schulen Sommerpause.

Für Passera ist das „unzureichende Bildungssystem“ einer der größten Schwachpunkte des Landes. Das beginne schon beim Kindergarten und ziehe sich bis hin zur Uni. Er selbst ist Vater von fünf Kindern, zwei ältere aus erster Ehe, die Tochter Kinderärztin, der Sohn Hotelier im Familiengeschäft.

Wer mit alten Geschäftspartnern über Passera spricht, hört viel Respekt heraus, er sei ein Teamplayer. Das zeigt sich auch bei Illimity: Von Beginn an kooperiert er mit anderen Fintechs, etwa der deutschen Raisin Bank. In der alten Finanzwelt boten Banken noch alles für den Kunden an. Dann kamen die Apps – und der Markt fragmentierte sich.

„Wir sind eine Komplettbank“, sagt Passera. „Und wir wissen, wie wir die besten Apps der Welt in unser Angebot integrieren.“ Kein Wunder, dass der größte Anteilseigner mit rund zehn Prozent die Banca Sella ist, mit der Illimity gemeinsam die E-Banking-Plattform „Hype“ gestartet hat. Bis Jahresende kommt mit „B-Ilty“ noch ein neues Produkt auf den Markt – eine reine Digitalbank, zugeschnitten auf kleine Unternehmen.

Passera sei jemand, der sich immer zu hundert Prozent in eine Aufgabe wirft, schreibt die Autorin Sara Faillaci, die ihn für ein Buch begleitete. Er glaube nicht an einen Plan B, erklärt Passera selbst. Auch über seinen Ausstieg will er noch nicht nachdenken, dafür macht es dem Manager zu viel Spaß. „Ich war mit meiner Arbeit immer zufrieden“, sagt er. „Ich möchte bis mindestens 2026 das weitermachen, was ich gerade tue.“

Dann wäre er 71 Jahre alt. In Italien kein Alter, zumindest in der Politik: Mario Draghi ist erst mit 73 Premier geworden.

Mehr: Monte dei Paschi di Siena fährt Gewinn ein – die Fusion mit der großen Unicredit rückt näher.

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