Indien Banken fürchten Kollaps bei Mikrokrediten

Arbeiterin in Neu Delhi: Indien ist der größte Markt für Mikrofinanzierer.
NEU-DELHI. Sunand K. Mitra, Vorstand für ländliches Bankwesen bei der Axis Bank in Bombay, kündigte strenge Auflagen bei der Vergabe neuer Darlehen an die Mikrofinanzinstitute an. „Sie müssen ihre Bücher offenlegen, wir haben viele Fragen“, sagte Mitra dem Handelsblatt. Die Axis Bank, eine der führenden indischen Geschäftsbanken, hat nach eigenen Angaben Außenstände in Höhe von 260 Mio. Euro im Mikrokreditsektor. „Wir sind extrem besorgt“,sagte Mitra.
Die Alarmstimmung schürt bei den Anbietern von Kleinstkrediten die Angst, die Banken könnten ihnen den Geldhahn abdrehen. „Die Banken weiten ein Problem zu einer Krise aus, indem sie uns keine neuen Darlehen mehr geben“, kritisierte Vijay Mahajan, Chef des Mikrokreditgebers Basix und Präsident des Branchenverbands Micro-Finance Institutions Network (MFIN). „Sie schaffen damit eine Liquiditätskrise, die uns umbringen wird“, warnte er.
Die noch vor kurzem gefeierten Idee, mit Kleinstkrediten den Menschen in Entwicklungsländern aus der Armut zu helfen, erlebt in Indien ein Debakel, das Folgen weit über den Subkontinent hinaus haben könnte. Denn Indien ist der weltweit größte Markt für die Mikrofinanzierer. Viele Institute arbeiten dort nicht mehr gemeinnützig sondern profitorientiert. Sie haben in den vergangenen Jahren enorme Gewinne erwirtschaftet. Jetzt wird die Kehrseite sichtbar. Im Bundesstaat Andhra Pradesh, dem Epizentrum der Krise, stecken immer mehr Arme in der Schuldenfalle. Die Mikroinstitute, gierig auf Wachstum, hatten dort hemmungslos Kredite vergeben. „Es ist eine riesige Kreditblase entstanden“, sagt Axis-Manager Mitra.
Zum Platzen hat sie ausgerechnet die Regierung von Andhra Pradesh gebracht. Alarmiert von Berichten über rüde Methoden der Geldeintreibung unterwarf sie Ende Oktober die Kleinstkreditgeber strengen Restriktionen. Sie dürfen ihre Rückzahlungsraten nicht mehr wöchentlich, sondern nur noch einmal im Monat einsammeln. Mehrfachdarlehen wurden verboten. Bei den Schuldnern schürte das Hoffnungen auf einen gesetzlichen Schuldenerlass. Seitdem sind die Rückzahlungen, die einst bei bis zu 98 Prozent lagen, beinah zum Erliegen gekommen. Nun droht vielen Mikroinstituten die Zahlungsunfähigkeit. Ihr Verband MFIN forderte zu Wochenbeginn die Banken auf, Mit einem Krisenfonds in Höhe von umgerechnet 163 Mio. Euro das Mikrokreditsystem vor dem Kollaps zu bewahren. Axis-Bank-Manager Mitra räumte ein: „Wir haben uns viel zu sehr darauf verlassen, dass das Geschäftsmodell Mikrokredite funktioniert“.
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@Ralph Fischer
So ist es.
Als vor ein/zwei Jahren gelesen habe das die Ausfallwahrscheinlichkeit sehr gering ist wenn Geld man in Mikrokredite investiert, weil die Streuung so groß ist - kam mir das so merkwürdig bekannt vor:
So wurden auch die Verbriefungen in den USA auch als sicher verkauft. Der einzelne Kredit sei zwar unsicher aber die Masse zusammen nicht.
Es klingt so logisch - vielleicht wäre ich darauf reingefallen, wären die CDO/CDS (oder was auch immer) damals nicht in aller Munde gewesen.
this time is different ...
bubble reloaded
Gier frisst Hirn
habe ich etwas vergessen ?
interessant ist nur, dass die intervalle von einer blase zur nächsten immer kürzer werden
Leider ... leider ...
Da ist aus einer wirklich guten idee, nämlich mehr oder weniger Hilfe zur Selbsthilfe ohne große Gewinnerwartungen (wobei die erhobebnen Zinsen zumindest weitgehend kostendeckend sein sollten) ein Geschäft geworden. Das ist noch nicht weiter schlimm, eine kleine Rendite sei da sogar erlaubt - um z.b. die Refinanzierungskosten bezahlen zu können etc.
Aber einige "schwarze Schafe" haben dann angefangen, hier mit überzogenen Renditeerwartungen zu jonglieren - ein paar "graue Schafe" vielleicht auch nur, weil sie dadurch mehr Kapital zum Verleihen beschaffen wollten (da liegt die betonung vielleicht eher bei "Schafe").
Mikrokredite in der (mit einem Nobelpreis belohnten) ursprünglichen Form sind aber nicht auf Rendite ausgerichtet.
Das haben auch auch die meisten Mikrokredit-banken und die meisten für deren Geldversorgung aufgelegten Mikrokredit-Fonds im Westen verstanden - diese waren und sind großteils für Anleger gedacht, die nach sogenannten "responsible investments" suchen. D.h. Geld anlegen das für "gute" bzw. zumindest "nicht-schädliche" Zwecke eingesetzt wird und dafür ggf. auf ein bisschen Rendite verzichten.
Aber hier hat eben auch (wie von tbhomy schon angesprochen) die - leider sehr menschliche - Gier zugeschlagen, unabhängig davon, ob es die alten Zinswucherer (die es überall auf der Welt gibt) waren, die sich nur ein "weißes" Mäntelchen übergezogen haben, oder (reine) betriebswissenschaftler, die nur eine Geschäftsmöglichkeit gesehen haben ohne sich Gedanken über die langfristigen Auswirkungen zu machen.
So einfach ist es dann aber eben auch nicht: Ein Teil der Mitschuld ist auch auf der Kreditnehmer-Seite zu finden. Auch wenn es vielleicht durch vieles entschuldbar ist (mangelnde bildung, wirtschaftliche Not, etc.), man kann eben auf Dauer nicht glauben, dass man von einem Kredit zum nächsten "springen" kann ohne irgendwann gegen eine Mauer zu laufen.
Und last but not least - da sind dann wieder die Microkreditinstitute gefragt - kann eben leider so ein System auch nicht auf Dauer funktionieren ohne Kontrollen, die eben gerade solche Situationen wie die "Serienkreditaufnahme" zu verhindern. Also so etwas wie eine "Schufa" - über die wir hier in Deutschland insgesamt eigentlich froh sein können. Sonst gäbe es hier nämlich noch viel mehr überschuldete Haushalte
Das ist das gleiche wie Amerika in klein.
Wo Geld und Gier zusammen treffen. Siehe Ölfelder Nahost, siehe Rohstoffe der Entwicklungsländer, siehe Kasino-Finanzprodukte, siehe Provisionsstrukturen, siehe Subprime-Krise, siehe Finanzkrise.
Es wird niemals ein Ende finden, so lange es den Menschen gibt...