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(Foto: Daniel Minarik/Unsplash)

Investmentbranche Für Vermögensverwalter brechen härtere Zeiten an

Die Asset-Manager in Europa müssen sich umstellen. Der lange Börsenboom hat sie träge gemacht, glauben Experten. Hohe Kosten und fallende Margen bedrohen nun Gewinne.
09.12.2019 - 16:12 Uhr Kommentieren

Frankfurt Jahrelang kannte das Geschäft der Vermögensverwalter eigentlich nur eine Richtung: aufwärts. Doch das scheint nun vorbei. Das Kapital steigt zwar weiter – aber die Gewinne nicht. So beschreiben Experten von McKinsey die Lage der europäischen Branche.

„Das deutet auf schwierigere Zeiten hin“, sagt Christian Zahn, Partner der Unternehmensberatung. Laut einer aktuellen Studie seines Hauses, die dem Handelsblatt exklusiv vorliegt, geht es den Asset-Managern zwar vordergründig hervorragend: „Im laufenden Jahr dürfte die Branche zehn Prozent mehr und dann 22,2 Billionen Euro verwalten – das wäre ein Rekord.“

Doch die Gewinne halten nach Ansicht des Experten nicht mehr Schritt. Sie werden erneut bei 17,5 Milliarden Euro liegen. Das wäre eine Stagnation im Vergleich zum Vorjahr und würde deutlich unter dem Rekordwert aus dem Jahr 2017 liegen.

Für die erfolgsverwöhnten Investmentfirmen wäre das eine Zäsur. Lange Zeit profitierte die Branche von einem sehr positiven Marktumfeld. Seit dem Frühjahr 2009 stiegen Kurse und Preise praktisch aller wichtigen Vermögensformen, insbesondere die der Aktien und Anleihen. Das brachte den Verwaltern automatisch steigende Einnahmen, denn die Gebühren der Kunden sind größtenteils als feste Prozentsätze des investierten Kapitals definiert. Steigen die Börsen, steigt das Kapital – und letztlich klettern auch die Einnahmen der Vermögensverwalter.

Haupttreiber dafür war die lockere Geldpolitik. „Die Notenbanken haben die Geldschleusen geöffnet, das treibt die Vermögenspreise“, sagt Uwe Rieken, Chef der Firma Faros Consulting, die institutionelle Investoren bei der Auswahl ihrer Vermögensverwalter berät.

Privatkunden schauen genauer hin

Doch inzwischen ist die Situation schwieriger geworden. Viele neue Kundengelder fließen in das margenschwache Großkundengeschäft. Die Experten erwarten das zweite Jahr in Folge sinkende operative Margen. Fallende Gebühren spielen dabei eine Rolle. Denn auch im Privatkundengeschäft geraten die Vermögensverwalter unter Druck. „Mit den Transparenzvorgaben durch die EU-Vorschriften sehen die Kunden deutlicher, wofür sie Gebühren zahlen“, sagt McKinsey-Experte Zahn. Gerade Kunden mit höherem Vermögen wollten jedoch nicht zu viel zahlen.  

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Die Branche trifft das hart. Denn das Geschäft mit Privatkunden ist besonders rentabel für die Verwalter. Hier sind die Margen etwa fünfmal so hoch wie im umkämpften Geschäft mit Großinvestoren. Institutionelle wie Pensionskassen oder Versicherungen zahlen laut Rieken für ein internationales Aktienmandat vielleicht 0,3 Prozent Jahresgebühr. Dagegen können Privatanleger bei einem globalen Aktienfonds schnell Größenordnungen zwischen eineinhalb und zwei Prozent erreichen.

„Das ist extrem und mutet fast an wie ein Selbstbedienungsladen für die Anbieter“, sagt Rieken. Auch er rechnet wie Zahn damit, dass die Kunden künftig sensibler werden.

Die unterschiedlichen Margen erklären für Florian Uleer auch einen Teil des gesamteuropäischen Kapitalwachstums bei stagnierenden Gewinnen. Der Deutschlandchef von Columbia Threadneedle sagt: „Das Kapital ist getrieben von den institutionellen Investoren, wo die Gebühren seit Jahren und immer weiter unter Druck sind.“ Deutschland als einer der größten Fondsmärkte belege das.

Tatsächlich flossen laut dem nationalen Branchenverband BVI im bisherigen Jahresverlauf netto knapp zehn Milliarden Euro in Fonds für Privatanleger. Dagegen erreichten die Neuanlagen bei den Produkten für Großinvestoren rund 60 Milliarden Euro.

Ein Faktor beim Gebührendruck ist auch der anhaltende Boom der Indexprodukte, die deutlich preiswerter sind als aktiv verwaltete Anlageprodukte. Zahn hält diesen Trend für weit schlagkräftiger als er oft eingeschätzt wird. Der Marktanteil solcher Produkte sei in Europa kleiner als in den USA, biete daher noch viel größeres Wachstumspotenzial als man derzeit oft annehme.

Doch für die Vermögensverwalter hat dies auch eine Kehrseite. „Anders gesagt wird der künftige Gebührendruck aus dieser Richtung und damit der Einnahmeausfall bei den Verwaltern unterschätzt“, glaubt der McKinsey-Mann. Er illustriert das mit den Zahlen für die Nettozuflüsse auf den europäischen Fondsmärkten. In den vergangenen fünf Jahren seien rund drei Billionen Euro in aktiv verwaltete Produkte investiert worden, mehr als sechsmal so viel wie in passive. Rieken erwartet ebenfalls eine große Bewegung: „Die Indexfondswelle in Europa wird jetzt erst losgetreten.“

Der Druck auf die Branche, die sinkenden Margen mit Kosteneinsparungen abzufangen, steigt vor diesem Hintergrund. Doch in der Praxis gestaltet sich dies häufig als schwierig. Der Kostenanteil am verwalteten Kapital sei in den vergangenen Jahren eher stabil geblieben und dürfte im laufenden Jahr leicht steigen, heißt es bei McKinsey. „Warum bei den extrem guten Kapitalmärkten der letzten Jahre die Verwalter ihre Kostenanteile nicht gesenkt haben, ist eigentlich unverständlich“, urteilt Zahn.

So ist der Markt weiter unübersichtlich. Allein im ertragreichen Geschäft mit Privatanlegern taxiert Said Yakhloufi, Leiter von Scope Analysis, die Zahl der in Deutschland verfügbaren Fonds auf rund 10.000. So eine Menge sei unnötig. „Da könnten die Anbieter viele zusammenlegen oder schließen, das würde Kosten sparen“, sagt Yakhloufi. Für die geringe Handlungsbereitschaft hat er wenig Verständnis: „Es sind einfach knallharte Entscheidungen nötig.“

Potenzial nicht genutzt

Auf dem Radar hat er auch die internen Abläufe bei den Asset-Managern. „Da wird immer noch zu viel händisch und damit zu teuer erledigt“, bemängelt der Scope-Mann. Er nennt als Beispiel das Procedere bei einem Wertpapierkauf für einen Fonds. Der gesamte Ablauf von der Orderaufgabe über deren Abwicklung bis zur Einbuchung im Fonds könne stärker automatisiert werden. Hier biete sich künftig auch der Einsatz Künstlicher Intelligenz an. Investitionen in Informationstechnologie seien nötig. Das koste kurzfristig Geld, würde sich aber langfristig auszahlen.

Disruptionspotenzial erkennen manche Experten zudem bei der Automatisierung der Geldanlage. Unternehmen wie Scalable Capital entdecken die komfortable Vermögensverwaltung per Smartphone mit dem Einsatz preisgünstiger Indexfonds als Geschäftsmodell. „Das machen immer mehr junge Menschen, an irgendeinem Punkt hängen dann die klassischen Asset-Manager am Tropf“, glaubt Rieken.

Zahn attestiert der Branche eine gewisse Trägheit, forciert durch ein Schönwetter-Umfeld. Die guten Bedingungen seien auch der Grund für eine bisher ausgebliebene Konsolidierung. In den vergangenen elf Jahren sei die Zahl der in Europa aktiven Verwalter sogar um fast ein Drittel auf 344 gestiegen. Der Wettbewerb nehme zwar parallel zur steigenden Zahl der Mitspieler zu. „Aber trotz Margen- und Gebührendrucks gibt es keine Welle an Zusammenschlüssen oder Aufkäufen – der Anpassungsdruck scheint nicht groß genug“, sagt Zahn.  

Der McKinsey-Experte glaubt dennoch an ein weiteres Wachstum der Branche. Grundsätzlich könnten die Verwalter auf einen sehr großen Kapitalstock zugreifen. Weltweit gebe es rund 79 Billionen Euro an Finanzvermögen. Davon würden aber nur 27 Prozent von Asset-Managern betreut. In dem ungenutzten Pool würden auch 14 Billionen Euro von Privatpersonen stecken. Das sei gerade aus Margenüberlegungen der interessanteste Teil. Sein Fazit fällt daher knapp aus: „Eine echte Chance, man muss sie nur nutzen.“

Mehr: Der Vorstand von Deutsche Oppenheim Family Office spricht über nachhaltige Geldanlage, politischen Druck und schwierige Anlageklassen.

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