Italienischer Bankenmarkt Unicredit könnte Teile von Monte dei Paschi übernehmen – und meldet einen Milliardengewinn

Die Regierung musste Monte 2017 mit mehr als fünf Milliarden Euro unter die Arme greifen.
Rom Gut vier Monate nach der Amtsübernahme von CEO Andrea Orcel ist klar: Unicredit steht kurz davor, „ausgewählte Teile“ der staatlichen Krisenbank Monte dei Paschi (MPS) zu übernehmen. Wie Unicredit am Donnerstagabend mitteilte, haben die Bank und das italienische Finanzministerium die Vorbedingungen für eine potenzielle Transaktion „der kommerziellen Aktivitäten von MPS“ genehmigt. Es würden nun „exklusive Gespräche“ beginnen, um die Machbarkeit der Transaktion zu untersuchen.
In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz erklärte Orcel, dass es noch keine Einigung darüber gebe, welche Teile der Bank dies sein könnten. Die Verhandlungen dürften sich nun über Wochen hinziehen. MPS könnte Unicredit 3,9 Millionen neue Kunden, 80 Milliarden Euro an Kundenkrediten und 87 Milliarden Euro an Kundeneinlagen bringen, wie aus der Mitteilung hervorgeht.
Am Freitagmorgen folgte die Veröffentlichung der Zahlen zum zweiten Quartal. Die fielen besser aus als erwartet. Die Hypovereinsbank-Mutter verdiente unter dem Strich 1,03 Milliarden Euro nach einem Plus von 420 Millionen Euro vor Jahresfrist, teilte Unicredit mit.
Das lag vor allem an guten Geschäften im Heimatmarkt und daran, dass die Risikovorsorge für faule Kredite deutlich unter dem Vorjahresniveau lag. Damals hatte die Corona-Pandemie gerade richtig Fahrt aufgenommen und die Unsicherheit über die konjunkturelle Entwicklung war groß. Mittlerweile zeigt sich, dass weniger Kredite ausgefallen sind als befürchtet. Auch viele andere Banken reduzierten deshalb ihre Risikovorsorge deutlich.
Der Gewinn der deutschen Tochter Hypovereinsbank (HVB) ging im Berichtszeitraum allerdings um 39 Prozent auf 53 Millionen Euro zurück. In Italien verdiente Unicredit mit 357 Millionen Euro mehr als drei Mal so viel wie im Vorjahr.
Unicredit könnte mit MPS den Rückstand auf Intesa aufholen
Seit Monaten gibt es Spekulationen auf Italiens Bankenmarkt zur möglichen Übernahme von Teilen der MPS durch Unicredit. Das Finanzministerium, das die Bank 2017 vor der Pleite bewahrte, sucht bereits seit Monaten nach einem neuen Käufer. Unicredit soll, auch wenn das nie jemand aus der Regierung bestätigte, immer der klare Favorit gewesen sein. Von Unicredit gab es dazu nie offiziell einen Kommentar, kaum etwas sickerte durch.
Die Übernahme könnte die „Wettbewerbsposition und das Angebot des Konzerns innerhalb Italiens stärken“, insbesondere in Mittelitalien und den nördlichen Regionen, in denen sich rund 77 Prozent der MPS-Filialen befinden. Unicredits Marktanteil könnte in der Toskana, der Heimat von MPS, um 17 Prozent wachsen. In der wirtschaftsstarken Lombardei mit Mailand als Zentrum um vier Prozent und in der Emilia Romagna, in der die Automobilindustrie und viele Mittelständler sitzen, um acht Prozent.
Dieses Wachstum hätte Unicredit dringend nötig. Durch die Fusion des größten Konkurrenten Intesa mit der mittelgroßen UBI Banca gerät der Mutterkonzern der deutschen Hypovereinsbank (HVB) zunehmend unter Druck. Im Heimatmarkt Lombardei hat selbst die viel kleinere BPM Unicredit auf den vierten Platz bei den Kunden gedrängt.
Die Übernahme würde gut zur bisherigen Strategie von Neu-Chef Orcel passen. Auch wenn er seine langfristigen Planungen erst im Herbst präsentieren will: Schon jetzt ist klar, dass der italienische Markt für ihn wichtiger ist als für seinen Vorgänger Jean Pierre Mustier. Orcel sieht Unicredit zwar als paneuropäische Gruppe, betont aber immer wieder die italienischen Wurzeln, die italienische Seele.
Könnte der italienische Staat Unicredit-Aktionär werden?
Die Monte-Transaktion würde auch zu einer „deutlichen Steigerung der zukünftigen Profitabilität des Konzerns führen“ heißt es in der Mitteilung. Ein Fragezeichen bleibt, ob der Staat im Gegenzug Aktionär von Unicredit werden würde. „Dafür ist es noch zu früh“, erklärte Orcel.
Größtes Hindernis bei einem Besitzerwechsel sind die Risiken in den Monte-Büchern. Unicredit fordert daher vor einer möglichen Einigung „den Ausschluss außergewöhnlicher Streitigkeiten, die nicht mit der gewöhnlichen Banktätigkeit in Zusammenhang stehen“, genauso wie alle damit verbundenen rechtlichen Risiken. Auch notleidende Kredite müssten ausgeschlossen werden, obendrein müssten „etwaige weitere Kreditrisiken“ angemessen abgesichert werden.
Mehr als fünf Milliarden Euro steckte der italienische Staat einst in das angeschlagene Institut, das Finanzministerium hält derzeit 64 Prozent der Anteile. Spätestens bis zum Sommer 2022 muss der Staat seine Anteile verringern, das ist die Vorgabe der EU.
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