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Italienischer Bankenmarkt Wie Unicredit um die Krisenbank Monte dei Paschi ringt

Bis Jahresende muss Italiens Finanzministerium die Krisenbank Monte dei Paschi di Siena verkauft haben. Unicredit-CEO Andrea Orcel will den Zuschlag – aber nicht um jeden Preis.
10.09.2021 - 19:42 Uhr Kommentieren
Die Zukunft der Traditionsbank ist weiter offen. Quelle: Reuters
Logo von Monte dei Paschi

Die Zukunft der Traditionsbank ist weiter offen.

(Foto: Reuters)

Rom 40 Tage lang liefen die exklusiven Verhandlungen. Den ganzen August durch, eigentlich Hauptferienzeit in Italien, arbeiteten fast 1000 Leute an einem der umstrittensten Deals der nationalen Bankengeschichte: Die Mailänder Großbank Unicredit soll dem italienischen Finanzministerium die Krisenbank Monte dei Paschi di Siena (MPS) abkaufen. Doch noch immer gibt es keine Einigung.

Unicredit sträubt sich nach wie vor gegen eine Komplettübernahme und möchte nur Teile der Bank übernehmen. Und zwar die guten. Laut italienischen Medienberichten ist die Mutter der deutschen Hypo-Vereinsbank an rund 1100 Filialen interessiert.

Demnach würden um die 300 Filialen nicht übernommen, die vor allem in Sizilien und Apulien liegen sollen, im wirtschaftlich schwächeren Süden des Landes. 50 Milliarden Euro Vermögenswerte will Unicredit den Berichten zufolge übernehmen. Gut 40 Milliarden lieber nicht.

Darunter fallen mit großer Wahrscheinlichkeit die 6,2 Milliarden Euro an Rechtsrisiken, die MPS mit sich herumschleppt, sowie die notleidenden Kredite im Wert von 4,15 Milliarden. Dazu kommen rund 14 Milliarden Euro an besonders gefährdeten Krediten („Stage 2“). An der römischen Onlinebank Widiba hingegen soll Unicredit sehr wohl interessiert sein.

Unicredit äußert sich nicht zu all den Spekulationen. Man sei in laufenden Verhandlungen und könne diese nicht kommentieren, heißt es lediglich.

Stellenabbau ein zentraler Punkt

Was man weiß: Zentraler Punkt in den Gesprächen ist auch der Abbau von Arbeitsplätzen. 5000 bis 6000 Jobs sollen dem Vernehmen nach wegfallen, die meisten davon könnten über Ruhestandsregelungen abgefedert werden – allerdings bräuchte die Bank dafür wohl eine milliardenschwere Kapitalerhöhung.

Bei MPS arbeiten im Schnitt 15 Mitarbeiter pro Filiale, wie ein Bankeninsider erzählt. Durchschnittlich liege die Mitarbeiterzahl pro Filiale in Italien eher bei zehn bis elf Mitarbeitern. „Gerade finanzieren die italienischen Steuerzahler eine ineffiziente Bank“, meint der Branchenkenner.

Mitten in den Verhandlungen regt sich auch in der Politik Widerstand gegen die Übernahme. Matteo Salvini, Chef der rechten Regierungspartei Lega, forderte jüngst eine Fusion – und keinen Verkauf. Das Finanzministerium solle lieber einen Zusammenschluss mit kleineren Banken wie etwa der Banca Carige vorantreiben. Er spricht von 7000 Jobs, die verloren gehen könnten.

MPS gilt als älteste Bank der Welt, gegründet 1472, allein der Name hat einen geschätzten Markenwert von 500 Millionen Euro. Nachdem sich die Bank nach der Finanzkrise mit Übernahmen verhoben hatte, sprang 2017 der italienische Staat ein und pumpte gut 5,6 Milliarden Euro in das kriselnde Institut. Seitdem ist das Finanzministerium Mehrheitseigentümer, hält rund 64 Prozent. Die Regierung hat bereits signalisiert, Kapital zuzuschießen und auch Rechtsrisiken zu übernehmen. Zudem soll der potenzielle Käufer Steuervorteile bei der Übernahme bekommen.

Unicredit-Chef ist gesprächsbereit

Andrea Orcel, neuer Unicredit-Chef seit April, ist prinzipiell offen für Zukäufe. Ganz anders als sein Vorgänger Jean Pierre Mustier, der sich noch vehement gegen Übernahmen wehrte – vor allem gegen den MPS-Deal, der schon seit Jahren durch die italienische Bankenwelt geistert. Am Ende ging Mustier wegen strategischer Unstimmigkeiten.

Auf dem Heimatmarkt ist die Bank zuletzt unter Zugzwang gekommen. Quelle: Bloomberg
Unicredit-Chef Andrea Orcel

Auf dem Heimatmarkt ist die Bank zuletzt unter Zugzwang gekommen.

(Foto: Bloomberg)

Doch Orcel gilt auch als harter Verhandler. Bei MPS kann er diese Härte voll ausspielen – aus Mangel an Alternativen. Es ist nicht gerade so, dass sich halb Italien um die Bank aus der Toskana schlägt, im Gegenteil. Auch nachdem die exklusive 40-Tage-Frist abgelaufen ist, sind bislang keine neuen Mitbieter auf dem Markt aufgetaucht.

Derzeit schauen zwar mit Medio Credito Centrale (MCC) und Amco zwei andere Institute in die Bücher. Sie sind aber keine Wettbewerber, sondern Konstrukte, die beide indirekt am Finanzministerium hängen. MCC kümmert sich um Garantien für kleine und mittelständische Unternehmen, Amco vor allem um notleidende Kredite. Beide Institute könnten die Teile von MPS übernehmen, die Unicredit nicht kaufen will, MCC etwa auch übrig bleibendes Filialgeschäft.

Im August hat MPS seine Halbjahreszahlen vorgestellt. Zwar machte die Bank einen Nettogewinn von 202 Millionen Euro, während im Pandemiejahr 2020 noch ein Verlust von 1,68 Milliarden Euro zu Buche gestanden hatte. Doch die Eigenkapitalquote bleibt mit 10,6 Prozent weiterhin niedrig, der Anteil der faulen Kredite liegt weiter bei 4,5 Prozent.

Italien soll in Unicredit-Strategie stärkeres Gewicht bekommen

Für Orcel wäre die Übernahme von MPS der erste große Deal als neuer CEO. Auch wenn er seine umfängliche Strategie erst vorstellen will, ist schon jetzt klar, dass Italien künftig ein stärkeres Gewicht bekommen soll.

Auf dem Heimatmarkt ist Unicredit unter Zugzwang gekommen, seitdem sich der größte Konkurrent Intesa Sanpaolo die mittelgroße Bank UBI Banca einverleibt hat. Im Heimatmarkt Lombardei, der Region mit Mailand mittendrin, hat selbst die viel kleinere BPM Unicredit auf den vierten Platz im Kundenranking gedrängt. Deswegen wären vor allem die zahlreichen MPS-Filialen im Norden so wichtig für die Bank.

Mehr: Ein Ex-Minister wirbelt Italiens Bankenmarkt durcheinander

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