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Keine Zinsen, immer höhere Gebühren Angriff auf den Sparer

Wegen der Nullzinspolitik der EZB lässt sich kaum noch Geld mit dem Ersparten verdienen. Jetzt erhöhen viele Banken zusätzlich die Gebühren für Dienstleistungen – ihre Kreativität kennt dabei keine Grenzen. Die Bundesregierung ist alarmiert.
27.04.2016 - 18:28 Uhr
Die Kreativität der Banken kennt bei Gebühren keine Grenzen.
Euromünze

Die Kreativität der Banken kennt bei Gebühren keine Grenzen.

Düsseldorf, Frankfurt, Berlin Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassenverbands DSGV, hat keine guten Nachrichten für die deutschen Sparer. Zwar würden die Geldinstitute „alles tun, um die privaten Sparer vor Negativzinsen zu schützen“. Wenn aber die aktuelle Niedrigzinsphase lange andauere, würden die Sparkassen die Kunden nicht davor bewahren können, sagte Fahrenschon auf dem Sparkassentag in Düsseldorf.

Schon jetzt bieten etwa 100 Banken – darunter die Commerzbank, viele Sparkassen und Volksbanken – keine Zinsen mehr für Tagesgeld. Doch damit nicht genug: Etliche Geldinstitute erhöhen derzeit im großen Stil die Gebühren für Girokonten. Um die eigenen Erträge aufzubessern, kassieren die Banken für bisher kostenlose Dienstleistungen Geld. Sogar Barabhebungen am bankeigenen Automaten kosten vereinzelt schon Geld. Niedrige Zinsen und hohe Gebühren – viele deutsche Sparer verlieren gerade doppelt.

Eine Analyse der FMH Finanzberatung für das Handelsblatt zeigt, dass in den vergangenen zwölf Monaten mindestens 26 Institute die Gebühren für Kontoführung, Karten oder Überweisungen erhöht haben. „Viele Banken geben dem Konto einen neuen Namen und führen andere Services ein“, sagt Max Herbst, Inhaber der FMH Finanzberatung. „Für Normalkunden bedeutet es in der Regel höhere Kosten.“

Die Kreativität der Banken kennt bei Gebühren keine Grenzen: Selbst das elektronische Verschicken einer Transaktionsnummer (TAN) auf das Handy kostet mittlerweile Geld – bei der Vereinigten Volksbank Maingau sind es genau neun Cent. Für die ganz normale Girokarte zum Konto verlangt die Sparda-Bank West mittlerweile zehn Euro pro Jahr. „Die Preisspirale ist in vollem Gange“, erklärt Bankenprofessor Bernd Nolte. Es gebe Banken, die ihre Kontoführungsgebühren um bis zu 50 Prozent anheben.
Als Gründe geben die Banken das niedrige Zinsniveau und die schwächeren Erträge im Privatkundengeschäft an. Mit Verweis auf die Minizinsen hat auch die Postbank ihr kostenloses Girokonto infrage gestellt. „Früher konnten die Banken die Einlagen der Kunden verzinslich anlegen und haben damit faktisch das Girokonto quersubventioniert. Das funktioniert nicht mehr“, sagte kürzlich Bankchef Frank Strauß.

Die Bundesregierung will den Angriff auf den Sparer nicht einfach akzeptieren. „Wir werden in den nächsten Monaten die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Verbraucher zertifizierte Vergleichsportale nutzen können“, sagt Gerd Billen, Staatssekretär im Verbraucherschutzministerium. „Dann können Verbraucherinnen und Verbraucher besser die wesentlichen Entgelte vergleichen.“

Doch die Vergleichbarkeit wird durch die komplexen Gebührenmodelle erschwert. Statt Monatsbeträge für alle Standard-Dienstleistungen rund ums Konto zu erheben, greifen die Finanzinstitute nun auf vielen Wegen ins Portemonnaie ihrer Bankkunden.
Und je mehr Geldhäuser Gebühren anheben, umso schwieriger wird der Wechsel der Bank.

Sparkassen-Kunden haben es nicht leicht. Denn was auf den ersten Blick gut aussieht, hält beim genauen Hinsehen oft nicht stand. „Eine gesalzene Gebührenerhöhung wurde wie ein tolles neues Feature verkauft“, berichtet Markus Will, Kunde der Sparkasse Hannover, über einen Brief zu einem neuen Girokonto.

Ab Juli verlangt die Sparkasse für ein Standard-Girokonto sieben Euro pro Monat. Parallel dazu gibt es ein Konto, das Giro Smart, für monatlich 3,50 Euro. Dann kostet jede Buchung 35 Cent – und selbst das Abheben am Geldautomaten ist nicht gratis. Das Modell lohne sich nur für Kunden, die höchstens auf zehn Transaktionen im Monat kommen, erklärt das Institut. Und auch andere Banken preschen vor. Etwa die Stadtsparkasse München, die beim neuen Individual-Konto für 2,95 Euro Jahresgebühr im Monat 30 Cent für bestimmte Buchungen verlangt – auch für das Abheben am Geldautomaten.

Neue Gebühren und Preissteigerungen kommen nicht von ungefähr. Denn Girokonten sind längst kein gutes Geschäft mehr. Früher legten die Banken die Girokonto-Gelder an, und mit den Erträgen hielten sie die Konten billig. Doch die Zinseinnahmen schwinden, und Provisionserlöse wiegen das nicht auf. „Die Zeit von weiten Angeboten kostenloser Kontoführung ist aus meiner Sicht vorbei“, sagt Sparkassen-Präsident Fahrenschon.

„Es geht um eine sehr wertvolle Dienstleistung, die die Institute anbieten“, erklärt Oliver Mihm, Vorstand der Beratung Investors Marketing. Acht Euro koste die Banken die Ausgabe einer Girokarte, eine Einsteiger-Kreditkarte gut zwölf bis 15 Euro. Eine Überweisung am Automaten koste zwischen 0,25 bis 0,40 Euro, in Papierform in der Filiale im Schnitt 0,80 Euro bis 1,50 Euro. Hinzu kämen die Aufwendungen für Personal, Rechenzentren und Sachkosten. „Je nach Institut müssten die Gebühren bei mindestens fünf und eher sieben Euro im Monat liegen“, sagt Mihm. „Girokontenpreise, die darunterliegen, sind in der Regel defizitär.“

Die Vielzahl der Gebühren ist unüberschaubar und macht ein vermeintlich einfaches Finanzprodukt komplex. Laut einer Handelsblatt-Umfrage verlangt die Comdirect bei der Zusendung eines Kontoauszugs per Post etwa 1,50 Euro. Beim Onlinekonto der Targobank fallen 3,50 Euro an, wenn Überweisungen in Papierform eingehen. Die Zusendung des persönlichen „Finanzstatus“ kostet weitere 2,50 Euro. Beim „Gratiskonto“ der Postbank werden für beleghafte Überweisungen 99 Cent fällig. Beim „Gratiskonto“ der Commerzbank sind es ab Juni wie beim „Aktivkonto“ der Deutschen Bank 1,50 Euro. Trotz Jahresgebühr von beinahe 60 Euro zahlen Kunden der Deutschen Bank beim Onlinebanking im Mobile-Tan-Verfahren neun Cent für die SMS mit den Zugangsdaten.

Die Girokonto-Beziehung zum Kunden ist für die Banken enorm wichtig, weil sie auch die Basis für lukratives Geschäft wie etwa Baukredite bildet. Doch selbst beim Ändern der Gebühren müssen Banker keine größere Flucht der Kunden fürchten. Zwar wechseln etwa 3,5 Millionen Kunden jedes Jahr die Hausbank. Doch egal wie stark die Gebühren anziehen und obwohl Internetbanken mit Preisbrecherkonditionen werben, die Wechselwilligkeit hat nicht zugenommen. Markus Will, der gebeutelte Kunde der Sparkasse Hannover, sagt: „Ich bin wohl zu bequem, um zu wechseln.“

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