Kommentar Die Wirtschaftskrise kommt zur Unzeit

Der Autor Michael Maisch ist Handelsblatt-Korrespondent in London.
London Für eine Krise gibt es vermutlich niemals einen günstigen Termin, doch die gerade grassierende Furcht vor neuen Verwerfungen in der Wirtschaft kommt definitiv zur Unzeit. Die Welt ist schlicht noch nicht bereit für den nächsten Abschwung, das gilt auch und vor allem für den Umbau der Finanzbranche. Eines der eklatantesten Beispiele für diese These findet sich in Großbritannien. Dort wird die Rezessionsangst, so wie es im Moment aussieht, einem der interessantesten und ambitioniertesten Reformprojekte ein zumindest vorläufiges Ende setzen.
Als einziges großes Industrieland hatten die Briten nach der Finanzkrise eine unabhängige Kommission eingesetzt, die prüfen sollte, wie man den Bankensektor umbauen muss, um eine Wiederholung der Katastrophe zu verhindern. Ihr Ergebnis werden die Experten zwar erst in einer Woche vorlegen, aber bereits jetzt ist klar, wohin die Reise gehen soll beziehungsweise sollte: Die Kommission will die Geldhäuser zwingen, Privatkundengeschäft und Investment-Banking intern voneinander abzuschotten. Dieses sogenannte Ringfencing soll dafür sorgen, dass für das Finanzsystem essenzielle Funktionen wie Zahlungsverkehr, Sicherheit von Giro- und Sparkonten sowie Darlehen an die Unternehmen auch dann noch funktionieren, wenn das Investment-Banking in die Krise rutscht.
Leider wird aus dem Ringfencing so schnell nichts werden. Aus dem Umfeld des konservativen Premierministers David Cameron gibt es inzwischen klare Signale, dass die Regierung das Reformprojekt verwässern oder doch zumindest verschieben wird. Angesichts der akuten Gefahr, dass Großbritannien in die Rezession zurückrutscht, will Cameron den Banken keine zusätzlichen Lasten aufbürden, um das Risiko einer Kreditklemme nicht weiter zu erhöhen.
Völlig von der Hand zu weisen ist diese Gefahr nicht. Der angesehene Think-Tank „The Item Club“ hat ausgerechnet, dass das Ringfencing 0,3 Prozent Wachstum kosten würde. Zum Vergleich: Im zweiten Quartal legte das britische Brutto-Inlandsprodukt nur um magere 0,2 Prozent zu. Schade ist es trotzdem um die Reform, hatten die Experten unter Führung des Wirtschaftsforschers John Vickers doch die bislang überzeugendste Antwort auf eine der zentralen Fragen der Finanzkrise gegeben: Wie kann man große Banken pleitegehen lassen, ohne die Stabilität des gesamten Systems zu gefährden?
Eigentlich war klar, dass irgendwann der Punkt käme, an dem die Widerstandskraft der Banken und der Mut der Politik durch eine neue Wirtschaftskrise getestet werden. Doch jetzt droht der Abschwung so früh einzusetzen, dass er den dringend nötigen Umbau im Finanzsektor auf halbem Wege stoppt. Das wäre fatal, denn Häuser, die nur halbherzig renoviert statt grundsaniert werden, sind leider nicht sehr stabil, sondern spätestens beim nächsten Beben einsturzgefährdet.
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..."zur Unzeit": Das sollten sich Tsunami und andere "Ungelegenheiten" endlich mal zu Herzen nehmen.
Soso, die Krise kommt also zur "Unzeit". Wann genau ist denn nach Ansicht der "richtige" Zeitpunkt für so eine richtig schöne Krise?
Sie kommt genau zur richtigen Zeit.Naemlich bevor die Unternehmer ihre Arbeitnehmer vollkommen verraten und ideell vergewaltigen.
Die Wikri haette gar nicht spaeter kommen duerfen.
shit happens, ne?
wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.