Konzernumbau Commerzbank einigt sich auf Bedingungen für Jobabbau

„Ich bin froh, dass diese Aktivisten, die uns ständig erzählen wollten, wie man eine deutsche Bank führt, künftig keine große Rolle mehr spielen“, sagt Commerzbank-Aufsichtsratsmitglied Stefan Wittmann.
Frankfurt Vorstandschef Manfred Knof hat beim Umbau der Commerzbank ein wichtiges Etappenziel erreicht. Vier Monate nach der Verkündung der neuen Strategie einigte sich das Management mit den Arbeitnehmervertretern auf die Rahmenbedingungen für den geplanten Abbau von 10.000 Stellen.
Um den Umbau des Frankfurter Instituts schnell angehen zu können, muss Knof allerdings 225 Millionen Euro mehr in die Hand nehmen als ursprünglich geplant. „Dieses Geld ist gut investiert, denn es erhöht unsere Planungssicherheit bei der Umsetzung des Stellenabbaus“, sagte Knof am Freitag. „Wir haben intensiv verhandelt und ein Ergebnis erzielt, mit dem wir die Transformation zügig weiter vorantreiben können.“
Auch die Arbeitnehmervertreter sind zufrieden. Kern der Vereinbarung seien ein siebenjähriges Vorruhestandsprogramm sowie ein rund achtjähriges Altersteilzeitmodell, sagte Stefan Wittmann, der für die Gewerkschaft Verdi im Aufsichtsrat der Bank sitzt, dem Handelsblatt.
„Besonders die Vorruhestandsregelung ist deutlich weitreichender, als dies in der Finanzbranche üblich ist“, erklärte Wittmann. „Aufgrund der umfangreichen Programme wird es aus meiner Sicht keinen Bedarf mehr an betriebsbedingten Kündigungen geben.“ Auch für die Gründung einer Transfergesellschaft, um Mitarbeiter für eine Aufgabe außerhalb der Commerzbank weiterzubilden, gebe es aktuell keine Notwendigkeit.
Das Management will betriebsbedingte Kündigungen ebenfalls verhindern, schließt diese aber nach wie vor nicht aus. Deutschlands zweitgrößte Privatbank kündigte an, den Stand des vereinbarten Jobabbaus 2023 zu prüfen.
„Sollte sie dann feststellen, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen, sprechen Bank und Arbeitnehmergremien im ersten Quartal 2023 über erforderliche weitere Schritte“, erklärte das Institut. „Dazu gehören kollektive Arbeitszeitverkürzung oder betriebsbedingte Kündigungen als letztes Mittel.“
Angst vor Abgang von Leistungsträgern
Anfang April hatte die Commerzbank bereits ein Freiwilligenprogramm für 1700 Mitarbeiter in die Wege geleitet und dafür Umbaukosten von rund 470 Millionen Euro zurückgelegt. Im zweiten Quartal dürften nun noch einmal gut 500 Millionen Euro dazukommen. Insgesamt kalkuliert der Vorstand für den Konzernumbau nun „mit Restrukturierungsaufwendungen von etwas mehr als zwei Milliarden Euro“ statt wie bisher mit 1,8 Milliarden Euro.
Knof steht seit Anfang des Jahres an der Spitze der Commerzbank und hat die Eckdaten der neuen Strategie Ende Januar vorgestellt. Bis 2024 will das Geldhaus 340 Filialen schließen und 10.000 Vollzeitstellen streichen. Da die Bank parallel 2500 neue Jobs schaffen will, sollen unter dem Strich 7500 Jobs wegfallen.
Knof will beim Umbau von Deutschlands zweitgrößter Privatbank keine Zeit verlieren und hatte deshalb das Ziel ausgegeben, sich bis zur Hauptversammlung mit den Arbeitnehmervertretern auf die Rahmenbedingungen für den Jobabbau zu einigen. Dies ist nun gelungen – allerdings auch weil die Hauptversammlung wegen Turbulenzen im Aufsichtsrat vom 5. auf den 18. Mai verschoben wurde.
Gewerkschafter Wittmann hofft, dass im Rahmen des Konzernumbaus nicht zu viele Leistungsträger die Bank verlassen. „Diese Gefahr besteht ohne Zweifel, weil auf das Prinzip der doppelten Freiwilligkeit bis zu einer bestimmten Zahl an Abgängen pro Abteilung verzichtet wird“, sagt er. Auf der anderen Seite stelle man durch die Vereinbarungen sicher, dass alle Mitarbeiter, die bei der Bank bleiben, einen Arbeitsplatz mit Perspektive hätten. „Davon werden insbesondere jüngere Mitarbeiter profitieren.“
Am Altersteilzeitmodell können aktuell Mitarbeiter teilnehmen, die 1965 oder früher geboren wurden. Es besteht aus einer aktiven und einer passiven Phase, die spätestens Anfang 2025 beginnen muss. „Mitarbeiter erhalten dabei 50 Prozent ihres Gehalts, das von der Commerzbank jedoch auf 75 Prozent aufgestockt wird“, sagt Wittmann.
„In den Vorruhestand gehen können Mitarbeiter, die 1968 oder früher geboren wurden“, erklärt der Verdi-Gewerkschaftssekretär. „Bis zum Datum ihres frühestmöglichen Renteneintritts erhalten sie 70 Prozent ihres Gehalts.“
Wer sich bis Jahresende für die Teilnahme am Vorruhestandsprogramm entschließt, bekommt zusätzlich eine sogenannte Sprinterprämie von 30.000 Euro. Beim Freiwilligenprogramm beträgt die Einmalzahlung 60.000 Euro.
Analysten erwarten rote Zahlen im ersten Quartal
„Dank der zügigen Verständigung auf die Rahmenbedingungen für den Stellenabbau haben die Mitarbeiter bald Klarheit, wie es für sie weitergeht“, betont Wittmann. „Wie stark die Einschnitte in den einzelnen Abteilungen und den verschiedenen Standorten ausfallen, soll in den nächsten Monaten im Rahmen von Teilinteressensausgleichen festgelegt werden.“
Die stärksten personellen Einschnitte wird es in der Privatkundensparte geben. Dort sollen netto 3500 Arbeitsplätze wegfallen, in der Zentrale und den Verwaltungseinheiten sollen es 3200 Stellen sein. Außerdem werden in der Firmenkundensparte 1000 Jobs gestrichen. Die polnische Tochter M-Bank soll dagegen 200 Stellen aufbauen dürfen.
Knof will mithilfe der Sparmaßnahmen bis 2024 eine Eigenkapitalrendite von sieben Prozent erreichen. Viele Analysten sind jedoch skeptisch, ob er dieses Ziel erreichen wird. Als größte Risiken bei der Restrukturierung gelten die Entwicklung der Erträge und der Umbau der IT.
Im vergangenen Jahr hatte die Commerzbank wegen Kosten für den Konzernumbau, Abschreibungen und Belastungen durch die Coronakrise einen Nettoverlust von 2,9 Milliarden Euro gemacht. Es war das schwächste Ergebnis seit 2009, als das Institut im Zuge der Finanzkrise ein Minus von 4,5 Milliarden Euro verbuchte und vom Staat vor dem Aus gerettet wurde.
Belastungen durch Konzernumbau
Für das laufende Jahr hat die Commerzbank operativ wieder schwarze Zahlen in Aussicht gestellt, schließt unter dem Strich aber einen erneuten Verlust nicht aus.
Die Zahlen für das erste Quartal 2021 wird das Institut am kommenden Mittwoch vorlegen. Wegen der Belastungen durch den Konzernumbau erwarten Analysten im Schnitt einen Verlust von 131 Millionen Euro. Im Vorjahresquartal hatte die Bank wegen drohender Kreditausfälle in der Coronakrise ein Minus von 295 Millionen Euro verzeichnet.
Analysten gehen davon aus, dass die Risikovorsorge der Commerzbank Anfang 2021 um gut 40 Prozent auf 183 Millionen Euro gesunken ist. Die Erträge sind nach Einschätzung der Experten dagegen um rund ein Viertel auf 2,3 Milliarden Euro gestiegen.
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Aktienkultur
Schön, wenn alle so zufrieden sind, die soviel Schaden angerichtet haben für die Aktionäre und den Bund (weitere Steuerzahler). Seit 2008 gibt’s für die Aktionäre nur Verluste, zwischen 25 und 30 Mrd. Euro. Klar Dividenden gab es auch. Gesamt 40 Cent in all den Jahren.
Dazu viele schlechte Nachrichten, Kursverfall und dann ruckzuck Kapitalerhöhung. Der Anteilseigner konnte dann wählen zwischen Skylla und Charybdis, sofortiges Aufbringen von frischem Kapital oder Verwässerung. Glück hatte jener Aktionär ohne Kapital, denn die Nachzahlung löste sich durch massive Kursverluste schnell wieder auf.
Das Ganze ist unstimmig, unmoralisch und respektlos.
Ein langfristiger Aktionär.