Konzernumbau Suche nach neuem Commerzbank-Aufsichtsratschef läuft auf Hochtouren – Erster Kandidat wird gehandelt

Nach dem überraschenden Abgang von Hans-Jörg Vetter braucht das Institut einen neuen Chefaufseher.
Frankfurt Bei der Commerzbank herrscht einen Tag nach dem überraschenden Rücktritt von Aufsichtsratschef Hans-Jörg Vetter rege Betriebsamkeit. Denn das Institut, an dem der Bund mit gut 15 Prozent beteiligt ist, will angesichts des anstehenden Konzernumbaus schnellstmöglich einen Nachfolger finden.
Deutschlands zweitgrößte Privatbank werde intern und extern nach einem neuen Aufsichtsratschef suchen, sagten mehrere mit dem Thema vertraute Personen am Mittwoch dem Handelsblatt. Der Prozess sei ergebnisoffen.
Intern wird Andreas Schmitz, der ehemalige Chef der Deutschland-Tochter von HSBC, als Kandidat für den Aufsichtsratsvorsitz gehandelt. Beteiligte gehen davon aus, dass Schmitz bereit wäre, das Amt zu übernehmen. Auch für Vorstandschef Manfred Knof wäre das wohl eine akzeptable Lösung.
Verständigt hat man sich Insidern zufolge bereits darauf, dass Schmitz die für den 5. Mai geplante Hauptversammlung der Commerzbank leiten könnte. Das Institut wollte sich zu dem Thema nicht äußern.
Schmitz sitzt erst seit Jahresanfang im Kontrollgremium der Commerzbank. Der 61-jährige Jurist hat fast seine ganze Karriere bei HSBC Trinkaus & Burkhardt in Düsseldorf verbracht. Von 2006 bis 2015 war er Sprecher des Vorstands, anschließend fünf Jahre lang Aufsichtsratsvorsitzender. In der schwierigen Zeit nach der Finanzkrise fungierte Schmitz zudem von 2009 bis 2013 als Präsident des Privatbankverbands BdB. Kritiker monieren dagegen, er sei in der Politik nicht gut genug vernetzt.

Der ehemalige Chef der Deutschland-Tochter von HSBC und BdB-Präsident sitzt seit Jahresanfang im Aufsichtsrat der Commerzbank.
Vetter hatte am Dienstag nach nur sieben Monaten im Amt bekanntgegeben, aus gesundheitlichen Gründen mit sofortiger Wirkung abzutreten. Für die Commerzbank ist dies ein großer Rückschlag, denn der 68-Jährige spielte beim Umbau des Instituts eine entscheidende Rolle.
Betriebsratschef leitet Aufsichtsratssitzung am Donnerstag
Nach Vetters Rückzug steht fürs Erste sein Stellvertreter Uwe Tschäge an der Spitze des Aufsichtsrats. Der Betriebsratschef wird folglich auch die nächste Sitzung des Kontrollgremiums am morgigen Donnerstag leiten.
Tschäge hat jedoch deutlich gemacht, dass er den Posten nicht dauerhaft ausfüllen wird, sondern nur, bis die Anteilseigner einen neuen Vorsitzenden gefunden haben. „Wir alle wissen, dass wir uns auf dieser wichtigen Position in einer solchen Phase kein längeres Vakuum leisten können“, betonte er in einem Beitrag im Intranet der Bank.
Vetter hat sich mit dem Aufsichtsrat intensiv in die Debatte über die künftige Strategie des Frankfurter Geldhauses eingemischt. Unter anderem setzte er durch, dass die Bank ihr Auslandsnetz stärker zurückfährt als vom damaligen Firmenkundenchef Roland Boekhout geplant. Dieser warf im Anschluss hin.
Zuletzt agierte Vetter eher im Hintergrund
Nach dem Amtsantritt des neuen Vorstandschefs Knof Anfang des Jahres nahm sich Vetter Insidern zufolge mehr zurück, spielte im Hintergrund jedoch weiter eine wichtige Rolle. Unter anderem versuchte er, bei Streitigkeiten zwischen dem Vorstand und den Arbeitnehmervertretern über den geplanten Stellenabbau zu vermitteln.
Die Commerzbank will bis 2024 insgesamt 10.000 Stellen streichen und 340 Filialen dichtmachen. So soll die Eigenkapitalrendite in den kommenden vier Jahren auf sieben Prozent klettern.
Volker Brühl, Geschäftsführer des Center for Financial Studies der Frankfurter Goethe-Universität, betont, Vetter habe mit der Berufung eines neuen CEO und eines neuen Firmenkundenvorstands „wichtige Weichen gestellt“. „Außerdem hat er die neue Strategie der Commerzbank mitgestaltet.“ Die Umsetzung sei nun Aufgabe des Vorstands.
Andere Experten sind dagegen der Ansicht, dass die Commerzbank zügig einen neuen Chefkontrolleur braucht, um die Umsetzung der Strategie zu überwachen. Viele Investoren und Analysten haben nämlich Zweifel, dass das Institut seine ausgegebenen Ziele erreichen wird.
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