Konzernumbau Wegen Samstagsarbeit: Verdi fordert Haustarifvertrag für die Commerzbank

Jörg Hessenmüller ist der vierte Vorstand, der die Commerzbank innerhalb eines Jahres verlässt.
Frankfurt Die Gewerkschaft Verdi fordert beim Umbau der Commerzbank umfangreiche Zusicherungen für die Mitarbeiter. „Wir haben die Commerzbank zu Tarifverhandlungen über einen Haustarifvertrag zusätzlich zum Branchentarifvertrag aufgefordert“, sagte Verdi-Gewerkschaftssekretär Stefan Wittmann dem Handelsblatt. „Hintergrund ist, dass in den virtuellen Beratungscentern zum Teil auch am Samstag gearbeitet werden soll.“ Aktuell sei das nicht möglich, weil der Branchentarifvertrag Samstagsarbeit verbiete.
„In der Belegschaft gibt es durchaus Bereitschaft, vereinzelt am Samstag zu arbeiten“, sagte Wittmann, der auch im Aufsichtsrat der Commerzbank sitzt. „Die Bank muss jedoch genau definieren, in welchen Fällen Samstagsarbeit nötig ist – und natürlich entsprechende Zuschläge bezahlen.“
Darüber hinaus verlangt Verdi einen Schutz vor betriebsbedingten Beendigungskündigungen für alle Beschäftigten der Commerzbank AG bis einschließlich 2027. Außerdem solle es einen Bestandsschutz für alle von der Bank angekündigten 13 digitalen Beratungscenter für mindestens zehn Jahre geben, beginnend mit ihrer jeweiligen Eröffnung.
Die Commerzbank will 340 ihrer aktuell 790 Filialen schließen, 240 davon noch in diesem Jahr. Bei der Betreuung von Kunden will das Institut künftig verstärkt auf Beratungscenter setzen. Dort sollen Kunden digital und telefonisch rund um die Uhr beraten werden – auch bei komplexeren Themen wie der Wertpapieranlage oder Immobilienfinanzierungen.
Filialmitarbeiter sollen in Beratungscenter wechseln
Privatkundenvorständin Sabine Schmittroth sagte Anfang des Jahres, nach den Erfahrungen mit Homeoffice in der Coronakrise sehe sie keinen Grund, warum man eine Wohnungsfinanzierung nicht auch im Rahmen einer Videokonferenz besprechen könne. Ziel sei es, die Zahl der Kunden, die auch aus der Ferne beraten werden, von 25 auf 90 Prozent zu erhöhen.
In einem ersten Schritt will Deutschlands zweitgrößte Privatbank drei Beratungscenter in Quickborn, Düsseldorf und Berlin eröffnen. Später sollen dann Finanzkreisen zufolge weitere in Frankfurt, Mannheim, Nürnberg, München, Stuttgart, Köln, Leipzig/Halle, Hannover, Dresden sowie bei der Konzerntochter CDS in Duisburg entstehen. Insgesamt sollen in den Beratungscentern gut 1000 Mitarbeiter arbeiten.
Ein Kündigungsschutz und Bestandsgarantien sind aus Sicht von Verdi essenziell für den Aufbau der Zentren. „Sichere Rahmenbedingungen sind wichtig, damit sich gerade Mitarbeiter aus den Filialen, die nun schließen, auf Jobs in den Beratungscentern bewerben“, sagte Gewerkschaftssekretär Wittmann. Er fordert darüber hinaus, dass der Gehaltsabschluss in der laufenden Tarifrunde auch für die außertariflich bezahlten Angestellten des Geldhauses übernommen wird.
Sollte der Commerzbank-Vorstand nicht auf die Forderungen von Verdi eingehen, droht Wittmann mit Streik. „Die dafür gebildete Tarifkommission im Haus hat sich ausdrücklich vorbehalten, im Rahmen der laufenden Tarifrunde für die Branche mit Blick auf die eigenen Forderungen auch zum Arbeitskampf aufzurufen.“
Verdi stark in der Belegschaft vertreten
Verdi ist bei der Commerzbank im Vergleich zu anderen Finanzinstituten stark vertreten. Laut Wittmann liegt der Organisationsgrad bei den nicht leitenden Angestellten bundesweit über 30 Prozent.
Beim Commerzbank-Vorstand dürften zumindest einige der Forderungen der Gewerkschaft auf wenig Gegenliebe stoßen. Das Management will betriebsbedingte Kündigungen zwar ebenfalls verhindern, schließt diese als letztes Mittel aber auch nicht aus.
Die Commerzbank will ihm Rahmen ihrer neuen Strategie bis 2024 insgesamt 10.000 Vollzeitstellen streichen. Da das Institut parallel 2500 neue Jobs schaffen will, würden unter dem Strich 7500 Jobs wegfallen. Im Mai hatte sich der Vorstand mit den Arbeitnehmervertreten auf die Rahmenbedingungen für den Jobabbau geeinigt.
Vorstandschef Manfred Knof will mithilfe der Sparmaßnahmen bis 2024 eine Eigenkapitalrendite von sieben Prozent erreichen. Viele Analysten sind jedoch skeptisch, ob er dieses Ziel erreichen wird. Als größte Risiken bei der Restrukturierung gelten die Entwicklung der Erträge und der Umbau der IT.
Im Juli sagte die Commerzbank nach zahlreichen Pannen und Verzögerungen die Auslagerung der Wertpapierabwicklung an HSBC ab. Im zweiten Quartal musste die Bank deshalb eine Sonderabschreibung von 200 Millionen Euro und Rückstellungen in zweistelliger Millionenhöhe vornehmen.
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