Kryptowährung Auch NGOs sehen Libra als Bedrohung

Neuer Widerstand gegen das geplante Facebook-Projekt.
Berlin Die Nichtregierungsorganisationen Finanzwende und Finance Watch sprechen sich für ein Verbot der von Facebook geplanten Kryptowährung Libra aus. „Weisen Sie Facebook in die Schranken“, heißt es in einem Appell der beiden NGOs an die EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB), der am Dienstag veröffentlicht wurde.
„Ich halte das Projekt für brandgefährlich“, sagte Finanzwende-Vorstand Gerhard Schick. Es dürften sich nicht Fälle wie in der Finanzmarktkrise wiederholen, dass alle wegen bestimmter einzelner Unternehmen besorgt seien, aber keine Konsequenzen gezogen werden, sagte der ehemalige finanzpolitische Sprecher der Grünen.
Der Internetkonzern Facebook plant mit Libra eine eigene Kryptowährung. Die Initiative hat weltweit für Aufsehen gesorgt, da Facebook mit seinen weltweit mehr als 2,4 Milliarden Nutzern selbst ein gewaltiges Marktpotenzial bietet und die Vision einer weltweit einheitlichen Währung nährt.
Zwar mangelt es nicht an Versuchen, Kryptowährungen zu etablieren. Der Bitcoin dürfte noch die bekannteste Cyberwährung sein, doch im Gegensatz zum Bitcoin soll Libra nicht so schwankungsanfällig sein. Sie soll an einen Korb an sicheren Staatsanleihen und Währungen gekoppelt sein.
Noch gibt es mehr Fragen als Antworten zur Cyberdevise. Auf der einen Seite reizt die Perspektive, dass viele Menschen ohne Bankkonto weltweit am Zahlungsverkehr teilnehmen könnten. Doch fraglich bleibt, wer verantwortlich ist für dieses System. Der Betreiber, die Libra Association, ist derzeit ein Verbund von 28 Unternehmen, der seinen Sitz in der Schweiz hat. Zu den privaten Trägern zählen beispielsweise Paypal, Visa, Ebay und Vodafone. Nach seinem Selbstverständnis ist der Verbund lediglich Zahlungsdienstleister.
Finanzwende-Vorstand Schick sieht die Gefahr, dass die Gesellschaft in eine viel zu große Abhängigkeit gerate. Schon ohne Zahlungsdaten sei Facebook ein riesiger Datenkrake. Sollte es zu Krisen kommen, könnten die privaten Träger einfach aussteigen. „Ein privates Unternehmen ist nicht verpflichtet, etwas für die Allgemeinheit zu tun“, merkte Schicke an. Er sehe die Gefahr, dass sich das Problem des „too big to fail“ wiederhole. Facebook könnte so groß und mächtig werden, dass sich niemand ein Scheitern leisten kann. „Am Ende trägt dann wie so oft im Finanzbereich die Bevölkerung die Haftung.“
US-Präsident Donald Trump hat sich ebenso kritisch geäußert wie die Finanzminister der sieben größten Industriestaaten und die Notenbanken. Allerdings ist in der Politik bereits Bewegung gekommen. So setzt sich die CDU/CSU-Bundestagsfraktion für eine staatliche Kryptowährung ein – ausdrücklich mit dem Ziel, privaten Unternehmen aus dem Ausland nicht das Feld zu überlassen.
Auch die deutsche Bevölkerung hat starke Vorbehalte. Einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge sehen 71 Prozent der Bürger das Projekt Libra skeptisch und nur zwölf Prozent positiv. YouGov hat Anfang Juli im Auftrag von Finanzwende 2093 Erwachsene befragt.
Zuletzt hatte sich die Bundesbank vorsichtig zu den Facebook-Plänen geäußert. Neuerungen, mit denen Kosten im Zahlungsverkehr gesenkt werden könnten, sollten ermöglicht werden. „Jedoch dürfen wichtige Ziele wie die Geldwertstabilität, die Finanzstabilität und die Sicherheit im Zahlungsverkehr nicht kompromittiert werden“, warnte die Bundesbank in ihrem jüngsten Monatsbericht. Diese Hinweise hält Finanzwende-Chef Schick schlicht für zu zaghaft.
Mehr: In ihrer jetzigen Form hat die geplante Cyberwährung Libra keine Chance. Facebook-Chef Mark Zuckerberg braucht nun einen sehr guten Plan B.
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