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Kurt Björklund im Interview„Private Equity kann etwas gegen die zunehmende soziale Ungleichheit tun“
Der Co-Chef des Beteiligungsfonds Permira spricht über die Verantwortung seiner Branche und die steigenden Schulden bei fremdfinanzierten Übernahmen.
Der Finne arbeitet seit 23 Jahren für die Private-Equity-Gesellschaft Permira.
(Foto: Bert Bostelmann für Handelsblatt)
Frankfurt Es ist laut, und es ist hektisch: In der Lobby des Davoser Hotel Grischa wuseln während des Weltwirtschaftsforums Topmanager wie Adidas-Chef Kaspar Rorsted und der Ex-Deutsche-Börse-Boss Carsten Kengeter von einem Speed-Dating-Termin zum nächsten.
Kurt Björklund bleibt inmitten des Trubels gewohnt ruhig und gut gelaunt – auch wenn es in dem Gespräch mit dem langjährigen Co-Chef der Beteiligungsfirma Permira um sehr ernste Themen geht: Björklund appelliert an die Politik, die soziale Ungleichheit entschlossener zu bekämpfen.
„Die Einkommensschere zwischen Arbeitern und Unternehmern ist in den vergangenen drei Jahrzehnten deutlich größer geworden und ist so nicht nachhaltig“, warnte der finnische Topmanager am Rande des Forums vor zwei Wochen. Hier sei vor allem die Politik gefragt, doch er sieht auch seine eigene Branche in der Pflicht – beispielsweise indem mehr Mitarbeiter an den Portfoliounternehmen beteiligt werden.
Lesen Sie hier das gesamte Interview:
Herr Björklund, auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos wurde viel über soziale Teilhabe und die Erosion der Mittelschicht gesprochen. Trägt Private Equity mit seinen sehr hohen Gehältern nicht auch zur wachsenden Ungleichheit bei? Das ist keine einfach zu beantwortende Frage. Auf der einen Seite gibt es einen Kampf um die besten globalen Talente, bei dem wir mithalten müssen. Auf der anderen Seite stimme ich aber zu, dass die Einkommensschere zwischen Arbeitern und Unternehmern in den vergangenen drei Jahrzehnten deutlich weiter auseinandergegangen und so nicht nachhaltig ist.
Also hat Private Equity an der zunehmenden Ungleichheit eine Mitschuld? Wir können dazu beitragen, etwas dagegen zu tun. So investieren wir etwa in das Wachstum der Portfoliofirmen und schaffen damit neue Arbeitsplätze. Wir können zudem Beschäftigte unserer Unternehmen zu Miteigentümern machen und ihnen gute Arbeitsbedingungen bieten.
Vita Kurt Björklund
Der Finne ist ein Veteran der Private-Equity-Branche. Seit 23 Jahren arbeitet er für Permira, und seit mehr als einer Dekade leitet er die Geschäfte der Beteiligungsfirma. Der 49-Jährige startete seine Karriere bei der Boston Consulting Group in Stockholm.
Mit einem Beteiligungskapital von gut 33 Milliarden Euro ist Permira eine der größten Private-Equity-Firmen in Europa. Zu früheren Investments in Deutschland zählen Hugo Boss, Pro Sieben Sat 1 und Cognis.
Machen Sie Letzteres denn auch? Ja, bei den meisten unserer Unternehmen. Aber hier ist vor allem auch die Politik gefragt. Es wird sicher künftig in einigen Ländern mehr Bestrebungen geben, den Mindestlohn einzuführen oder zu erhöhen und die Steuern für Besserverdiener aufzustocken. Das ist für uns vollkommen in Ordnung, denn wir sind daran gewöhnt, in Ländern mit unterschiedlichen politischen Rahmenbedingungen zu arbeiten.
Aber Beteiligungsfonds, die in Ihren Portfoliofirmen oft viele Tausend Menschen beschäftigen, haben doch auch eine eigene gesellschaftliche Verantwortung. Absolut. Und dieser Verantwortung können wir am besten gerecht werden, indem wir in das Wachstum unserer Portfoliofirmen investieren und dadurch neue und gut bezahlte Jobs schaffen. Und genau das haben wir in den vergangenen zwei Jahrzehnten sehr häufig getan.
Das hat die Beteiligungsbranche allerdings nicht immer so gehandhabt. Manche Unternehmen wurden eher ausgelaugt als aufgebessert. Vor 15 Jahren haben sich viele in unserer Branche in der Tat vor allem darauf konzentriert, die Kosten zu drücken. Heute geht es aber vor allem darum, die Firmen voranzubringen, wachsen zu lassen und dadurch letztlich auch Beschäftigung zu schaffen. Das ist das Beste, was wir zum Wohlergehen der Gesellschaft beitragen können.
Es gibt derzeit aber eine andere Parallele zur Phase vor der Finanzkrise: Die großen Beteiligungsfonds finanzieren ihre Deals mit immer höheren Schulden, und die Schutzklauseln für die Banken werden aufgeweicht. Fährt Ihre Branche einen ähnlich riskanten Kurs wie damals? Nein, ganz bestimmt nicht. Das finanzielle Risiko der Branche ist heute deutlich geringer als in den Jahren 2006 und 2007. Ich stimme Ihnen zwar zu, dass es in der Branche wieder aggressivere Finanzierungen gibt und dass die Schulden steigen, aber sie sind bei Weitem nicht so hoch wie damals. Das beunruhigt mich aktuell also nicht zu sehr.
In den USA ist der Markt für riskante Übernahmekredite auf den Rekordstand von mehr als einer Billion Dollar gestiegen; die ehemalige US-Notenbankchefin Janet Yellen hat den Markt gar mit der Subprime-Branche vor 2008 verglichen. Beunruhigt Sie das wirklich nicht? Man sollte dabei aber nicht vergessen, dass sich die Käufer dieser Schulden manchmal auch weigern, Konditionen zu akzeptieren, die ihnen nicht passen. Das zeigt, dass der Markt angesichts der schwieriger werdenden makroökonomischen Entwicklungen in der Lage ist, angemessen zu reagieren und mögliche Übertreibungen zu korrigieren. Aber um das noch mal zu wiederholen: Ich glaube nicht, dass es hier eine Blase gibt.
Und finanzieren Sie bei Permira Ihre Übernahmen aggressiver als noch vor ein paar Jahren? Für uns hat sich nicht viel geändert. Unsere Portfolio-Unternehmen haben im Schnitt einen Schuldenstand, der dem Viereinhalbfachen des operativen Ergebnisses entspricht. Das ist sehr vernünftig und klar unter dem Branchenschnitt.
Derzeit boomen im Beteiligungsmarkt die sogenannten Secondaries, also Verkäufe von einem Private-Equity-Fonds an den nächsten. Ist das nicht ein gefährliches Spiel, weil jeder dem Unternehmen neue Schulden aufbrummt? Ganz allgemein sind Secondaries kein wirklich attraktives Geschäft. Die Bewertungen sind oft hoch, auch weil der Vorbesitzer das Unternehmen schon durch ein neues Management und andere grundlegende Änderungen verbessert hat. Wir tätigen solche Käufe nur, wenn sie mit strategischen Änderungen oder neuen Wachstumsschritten verbunden sind. Daher kaufen die Permira-Fonds nur rund 30 Prozent der Unternehmen von anderen Beteiligungsfonds.
Welche Auswirkungen hatten die Turbulenzen an den Börsen im vierten Quartal für den Private-Equity-Markt? Für den Ausstieg aus einem Unternehmen hatte das keinen großen Einfluss. Wir verkaufen überwiegend an strategische Käufer, von unseren letzten 16 Firmenverkäufen war nur einer ein Börsengang. Aber natürlich wirken sich die Bewertungen an den Börsen auch auf die Bereitschaft der strategischen Käufer aus, hohe Preise zu bezahlen. Bislang allerdings haben wir davon noch nichts gespürt.
Als Käufer von börsennotierten Unternehmen müsste es Sie doch auch freuen, wenn die Kurse wieder sinken. Die Preise an den Börsen sind jetzt seit zehn Jahren gestiegen, da ist es normal, dass sie wieder etwas zurückkommen. Es gibt aber noch einen anderen Effekt.
Der da wäre? Dank des Aufstiegs der passiven Indexfonds gibt es viele kleinere Unternehmen, die von Investoren und Analysten kaum noch analysiert werden. Daher gibt es immer mehr Firmen, die nicht richtig oder nicht vollständig verstanden werden und deren Bewertung attraktiv ist. Das eröffnet uns mögliche Opportunitäten.
Werden Beteiligungsfonds in diesem Jahr verstärkt als Käufer auftreten? Die nächsten zwölf Monate sind extrem schwer vorherzusagen. Es gibt einfach zu viele Risiken: Die Zinsen steigen, der Ausgang eines Handelskriegs ist unklar, der Brexit könnte einen wirtschaftlichen Schock in Europa auslösen, und es gibt die Turbulenzen in Italien. Wenn genug davon schiefgeht, kann das signifikante Folgen für die Märkte haben. Insofern bin ich derzeit eher ein wenig auf der pessimistischen Seite, was die konjunkturelle Situation betrifft. Aber es kann genauso gut sein, dass wir uns in einem Jahr wieder hier treffen und sagen, so schlimm war es gar nicht.
Welche Branchen schauen Sie sich in einem derart unsicheren Umfeld an? Zuletzt haben wir viel in Technologieunternehmen investiert. Derzeit gibt es kaum eine Branche, die nicht durch die Digitalisierung umgewälzt wird. Vor allem in der Konsumtechnologie-Branche waren wir sehr aktiv, zum Beispiel mit dem Kauf von Schustermann & Borenstein in Deutschland und unserer Beteiligung am schwedischen Zahlungsdienstleister Klarna. Generell gilt: Je unsicherer die makroökonomischen Aussichten sind, desto besser funktioniert unsere Strategie, sich auf widerstandsfähige Wachstumsunternehmen zu konzentrieren. Für solche Firmen ist es schließlich nicht allzu relevant, ob die Wirtschaft um zwei Prozent wächst oder gar nicht.
Klarna ist eines der vielen Finanztechnologie-Unternehmen, die die Bankbranche aufmischen. Wollen Sie sich an weiteren Fintech-Firmen beteiligen? Ja, wir haben dazu eine Menge guter Ideen, und wir wollen hier größere Summen investieren. Finanzdienstleistungen gehören zu den Branchen, in denen der Prozess der Digitalisierung noch am Anfang steht. Durch neue Technologien können hier deutlich bessere Kundenerlebnisse geschaffen werden.
In Deutschland ist Permira durch große Deals wie den Erwerb des Herrenschneiders Hugo Boss oder der TV-Gruppe Pro Sieben Sat 1 bekannt. Zuletzt haben Sie hier deutlich kleinere Firmen gekauft. Waren die Erfahrungen mit Großübernahmen so schlecht? Nein, ganz im Gegenteil: Hugo Boss und Pro Sieben Sat 1 waren hervorragende Transaktionen. Dieser Ansatz entspricht einfach nur unserer globalen Strategie. Unser Fokus liegt auf nachhaltig wachsenden Marktführern oder potenziellen Marktführern und nicht auf der Größe einer Firma.
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