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London Im Zentrum des Betrugs

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Eine Kultur der Angst
Ein Bus vor der „Bank of England“. Quelle: AFP

Ein Bus vor der „Bank of England“.

(Foto: AFP)

Nach der Finanzkrise beauftragte die britische Regierung den Wirtschaftsforscher John Vickers, ein Reformprogramm für die Finanzbranche auszuarbeiten, das Endergebnis ist eine Art Glass-Steagall-Act light. Vor einer echten Zerschlagung der großen Geldhäuser schreckte die Vickers-Kommission zwar zurück. Aber zumindest intern sollen die Institute ihr Investment-Banking strikt vom Rest des Geschäfts abtrennen.

„Wären die praktischen Hindernisse nicht so groß, wäre es gar nicht so verrückt, über eine Aufspaltung nachzudenken, das müssen wir in der Industrie auch selbstkritisch sehen“, sagt O'Neill. Er sehnt sich nach jenen Zeiten zurück, in denen Investmentbanken noch als Partnerschaften funktionierten. Damals fuhren die Banker zwar die Gewinne ein, aber sie selbst und nicht die Aktionäre oder die Steuerzahler trugen auch die Risiken ihrer Geschäfte.

„Das Partnerschaftsmodell von Goldman hat hervorragend funktioniert. Damals gab es keine jährliche variable Entlohnung, das Geld ging auf ein Kapitalkonto, auf dem sich der Wohlstand sammelte, bis man eines Tages in den Ruhestand ging“, erinnert sich O'Neill. Und: „Je näher man mit den modernen Bonussystemen an das alte Partnerschaftsmodell herankommt und auf Langfristigkeit bei der Entlohnung setzt, desto besser.“

Ansichten wie die von O'Neill mehren sich in der City. Denn die meisten Banker ahnen, dass sich die Spielregeln endgültig geändert haben. Längst frisst die City ihre Kinder. Seit der Pleite von Lehman Brothers rollt eine Entlassungswelle nach der anderen über London hinweg. Der Think-Tank CEBR befürchtet, dass die Banken 2012 25.000 Stellen streichen, damit wäre seit 2008 fast jeder dritte der einst 350.000 Arbeitsplätze in der City verschwunden.

Den Stimmungswandel spürt auch Anthropologe Luyendijk bei seinen Bankerinterviews. Die Unsicherheit frisst sich immer tiefer in die Menschen hinein. „Du kannst innerhalb von fünf Minuten deinen Job verlieren, jeden Tag“, erzählt er. „Das schafft eine Kultur der Angst.“ „Wer heute noch in der Branche tätig ist, hat schon sieben, acht Kündigungswellen überstanden, und jetzt streichen viele Geldhäuser wie die Deutsche Bank abermals Stellen“, erzählt Luyendijk. „Viele Leute sind absolut verzweifelt.“ Doch oft hätten sie keine andere Wahl. „Sie sind gefangen in ihrem Lifestyle“, sagt der Anthropologe.

„Wer den Ausstieg trotzdem schafft, spricht über diesen Schritt so wie ein Drogensüchtiger, der seine Abhängigkeit besiegt hat.“ Aber die City-Boys wären nicht die City-Boys, wenn sie nicht auch hinter dieser Entwicklung eine Geschäftsmöglichkeit wittern würden: Dominic Jackman lacht, wenn er heute von seiner Frustration in der City, von den 16-stündigen Arbeitstagen ohne Sinn erzählt. „Ich habe nur noch auf die Wochenenden hingelebt.“

Deshalb kündigten er und sein Kollege Rob Symington nach vier Jahren ihre Beraterjobs bei Ernst & Young, warfen ihr Erspartes zusammen, und gründeten „Escape the City“ - eine Online-Jobvermittlungsplattform, die beim Ausstieg aus der Finanzbranche hilft. Gut zweieinhalb Jahre ist das inzwischen her. Mehr als 75.000 Jobsucher haben sich seitdem bei „Escape the City“ angemeldet, gut 3000 Londoner haben sich mit Hilfe von Jackman und Symington eine neue Stelle gesucht und ihr Leben geändert. Sie haben nun weniger Geld, aber mehr Leben.

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16 Kommentare zu "London: Im Zentrum des Betrugs"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Leute die aus Geld mehr Geld machen sind für mich perse kriminell. Denn Geld kann nicht arbeiten. Es sind immer Menschen die arbeiten, oder Maschinen, die von Menschen gemacht wurden. Ergo ist jeder, der auf irgendeine Weise Geld bekommt, ohne selbst zu arbeiten in meinen Augen ein Betrüger und Ausbeuter.

  • Im Zentrum des Betrugs
    Wie konnte das passieren?

    London --von der einstigen Vorzeige-Metropole zum Hauptschauplatz für Zinsmanipulationen und Anlagebetrug.
    Historiker Niall Ferguson---sein Thema:
    „Wird London als globale Finanzhauptstadt überleben?“
    Oder wird es der Stadt so ergehen wie einst Venedig, das jahrhundertelang Meere und Märkte beherrschte und heute nur noch als Touristenhochburg Weltruhm beanspruchen darf?
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    Jede Herrschaft hat ihren Anfang und ihr Ende. Was immer dort passiert, Betrug oder Zufall- Schuld der Händler oder des PC-Programms. Entscheidend ist was hinten rauskommt-- das wird bewertet.
    Und - nichts bleibt ewig bestehen, vor allem, wenn es nur noch auf Luftnummern und virtuellen Zahlen aufgebaut ist. Die Spezialisten handeln mit Geld-ohne gedeckten Warenwert-- sie werden genauso irgendwann das Schicksal wie Venedig erleiden.
    Wie konnte das passieren?
    Weil die Gier- die Macht- das Gefühl Herr über alles zu sein , das Hirn vernebelt -beschränkt und zerfressen hat.
    Sie sind Meister auf ihrem Gebiet, aber alles andere blenden sie aus- dumm wie die Nacht finster.
    Aus "Geld mach Geld"-dümmer kann man die gesammte Weltwirtschaft nicht mehr begrenzen. Das läuft irgendwann ins Leere.
    Wenn sie versinken wie Venedig, dann ist es darum nicht schade, ein Zockerstaat weniger und das besser heute als morgen.
    Die Menschheit hat sich schon immer selbst den eigenen Untergang bescheert.Jetzt sind wir wieder mal dran. Niemand hat jemals daraus was gelernt. Gier und Macht steht schon immer über der dem Gebot der Vernunft.
    Wer sich in gefahr begibt, kommt darin um. Sie haben betrogen,gelogen vor lauter Gier- - sie bekommen die Rechnung.

  • Von wegen Betrug. Nachdem ich den Artikel zweimal gelesen habe, komme ich zum Ergebnis, dass nicht nur beim Autor der Prozess der Kursfeststellung unverstanden ist. Vermutlich denkt er dabei an Angebot und Nachfrage. Mitnichten. Kursfeststellung heute im Informationszeitalter der elektronischen Börsen ist eine Projektionsmessung. Damit bestimmt der dem Handelssystem zugrundliegende Algorithmus den Preis. Wer also glaubt, es würde eine konkrete Eigenschaft des Wertpapiers festgestellt, lebt einen naiven Realismus. Das Wertpapier ist nur noch Platzhalter, eigentlich braucht man es nicht mehr. Wir handeln mit nichts, manche nennen es Vertrauen. Aber wie bewertet man Vertrauen?

  • Ich hab selbst einige Jahre in Canary Wharf bei einem Global Player gearbeitet. Die Kompetenz-Überlegenheit gegenüber den Frankfurter (Luschen) war beeindruckend.

    Knallharte Selektion, und nur die Besten setzen sich in diesem Haifischbecken durch. Die beste Schule, die ich genießen konnte, und von der ich heute umso mehr profitiere. Wer es hier schafft, der schafft es überall auf der Welt Geld zu verdienen.

    Beinahe hätte es mich selbst schon im ersten Jahr erwischt, als ich an einem Tag mal fast 200.000 € im Future versenkt hab. Aber zum Glück, ließ man dem " German Kraut " eine 2. Chance. Und so konnte ich das Geld und mehr binnen einer Woche wieder zurückverdienen.

    Aber am beeindrucktesten war die Auto-Show in der Garage. Da wirkte mein Porsche richtig niedlich .....

  • +++ Beitrag von der Redaktion editiert +++

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  • Einer der besten Artikel, den ich in den letzten 5 Jahren gelesen habe. Da gehört viel Mut dazu, im Wespennest herumzustochern. Wie so was enden kann, habe ich beim Sachsen-Sumpf am eigenen Leib erfahren.

    War dieser Artikel vielleicht die Ursache dafür, dass die Startseiten von Handelsblatt und Wirtschaftswoche gestern Abend nicht mehr erreichbar waren?

  • Es ist schon erstaunlich, was die Krämerseele Thatcher angerichtet hat. Nicht, dass nur in London ein Krebsgeschwür aus Zockern und seelenlosen Investmankbankern entstanden ist. In Ihrer Arroganz wollen sie sich immer ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Kerneuropa. Wie z. B. Eingrenzung von Hedgefonds, bestimmte Spekualtionen auf Nahrungsmittel oder ganze Länder verbieten. Damit müssen sie selbst erkennen, dass mit dieser skrupellosen Zockerei auf Dauer sie selbst ins Verhängnis rennen. Mich widert es an wie in den letzten jahren diese Zocker einzelne Länder in Europa in Bedrängnis brachten. Sie verantworten Millionen von Arbeitslosen und die Ausuferung der Schulden. Hier muss ein Riegel vorgeschoben werden. Es kann nicht sein, dass ein paar verrückte Zocker Millionen ehrliche Menschen ins Verderben bringen. England war schon immer ein skrupelloses Land. Wenn ich nur an den Wahn des Commonwealth denke. Die Engländer brauchen strengste Gesetze, um weltweit die Menschen zu schützen.

  • Seit Monaten... lach ... wohl mehr seit Jahrhunderten... End the City of London! Kill it´s extraterritorial rights! End the Fed!

  • Ja, man sollte die Geschichte um Jesus verstanden haben, und bewusst erst die andere Wange hinzuhalten (= den Prozess des Aufschaukelns durchbrechen versuchen - ganz im Gegensatz zu Auge um Auge...) und erst danach zurückzuschlagen.

  • Banken werden auch künftig eine sinnhafte, gesellschaftlich wichtige Rolle spielen, sofern sichergestellt ist, dass die handelnden Personen die Kernfunktion von Bank- und Kreditinstituten wieder in den Vordergrund ihrer Aktivitäten stellen: den Bürger und die Wirtschaft mit Geld zu versorgen, sei es vorher (Depositen) oder nachher (Darlehen) bespart. Schon alle Dienstleistungen um handelbare Wertpapiere herum sind hier wesensfremd, erst recht alle seit den 80er Jahren entwickelten Derivate und Futures. Leider ist die Spezie Banker immer noch weit entfernt davon, diese klassische Aufgabe verinnerlich zu haben. Großbanken und gerade die aus völlig absurden Fusionen enstandenen britischen Megakrüppeln Loyds TSB u.a. beschäftigen heute überwiegend nur noch unter- oder monoqualifizierte Mitarbeiter, die das breite, kundenorientierte Bankgeschäft nicht mehr gelernt haben. Sie bearbeiten nur noch schmale Teilbereiche der banktechnischen Abwicklung und haben keinen Blick mehr für das Ganze und können daher auch nicht mehr die Folgen ihres Tuns einschätzen. Hauptsache sie sind billiger als der langjährig ausgebildete Universalbanker...

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