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Mark Branson Chef der Schweizer Finanzaufsicht Finma wird neuer Bafin-Präsident

Erstmals bekommt die deutsche Aufsicht einen internationalen Chef. Für diese Entscheidung erntet Bundesfinanzminister Olaf Scholz viel Lob und ein bisschen Kritik.
22.03.2021 Update: 22.03.2021 - 17:51 Uhr 2 Kommentare
Der bisherige Chef der Schweizer Finanzaufsicht Finma wird im August neuer Bafin-Präsident. Quelle: Reuters
Mark Branson

Der bisherige Chef der Schweizer Finanzaufsicht Finma wird im August neuer Bafin-Präsident.

(Foto: Reuters)

Frankfurt, Zürich Es ist eine der wichtigsten Personalien in der deutschen Finanzbranche: Mark Branson, der Chef der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma, wird neuer Präsident der Bafin. Eine entsprechende Exklusivmeldung des Handelsblatts bestätigte das Finanzministerium am Montag.

„Ich bin hocherfreut, dass es uns gelungen ist, mit Mark Branson einen erfahrenen, international hochanerkannten Fachmann für die deutsche Finanzaufsicht zu gewinnen“, sagte Finanzminister Olaf Scholz. „Mit ihm an der Spitze wollen wir die Reform der Bafin fortsetzen, damit die Finanzaufsicht mehr Biss erhält.“

Branson ist Schweizer und britischer Staatsbürger und damit der erste Ausländer an der Spitze der deutschen Finanzaufsicht. Der 52-Jährige soll bei der Bonner Behörde, deren Ruf unter dem Wirecard-Skandal stark gelitten hat, für frischen Wind sorgen. Seinen neuen Job soll er Mitte des Jahres antreten, spätestens am 1. August.

Für SPD-Kanzlerkandidat Scholz und dessen Staatssekretär Jörg Kukies ist die Neubesetzung des Bafin-Chefpostens eine wichtige Weichenstellung im Wahljahr 2021, schließlich stehen beide auch persönlich wegen der Rolle der Aufsicht im Fall Wirecard in der Kritik.

Die ersten Reaktionen auf die Berufung von Branson fielen positiv aus. „Hut ab! Da ist es Olaf Scholz und Jörg Kukies gelungen, einen erfahrenen Fachmann zu überzeugen“, sagte Gerhard Schick, Vorstand der „Bürgerbewegung Finanzwende“. Nun müsse die Reform der Bafin konsequent umgesetzt werden. „Dafür braucht Mark Branson klare Rückendeckung aus Berlin, sonst wird das nicht gelingen.“ Lob gab es auch von Grünen, FDP und SPD.

Der Linken-Abgeordnete Fabio De Masi moniert dagegen, die Schweizer Aufsicht gelte als nicht besonders streng. „Es ist kein Zufall, dass Facebook etwa mit seinem digitalen Geld eine Zulassung in der Schweiz begehrt“, sagte De Masi. Branson solle sich deshalb einer öffentlichen Befragung im Bundestag stellen. „Dies ist nach dem Wirecard-Skandal das Minimum, das man vom Chef der Finanzaufsicht erwarten muss.“

Kukies und Scholz leisteten wochenlange Überzeugungsarbeit

Wirecard war im Juni 2020 nach der Aufdeckung eines milliardenschweren Bilanzbetrugs pleitegegangen. Die Bafin hatte dabei ein schlechtes Bild abgegeben. Statt den Bilanzskandal frühzeitig aufzudecken, zeigte sie kritische Investoren und Journalisten an und verbot zeitweise Wetten auf fallende Wirecard-Kurse.

Bafin-Präsident Felix Hufeld hatte Ende Januar seinen Rücktritt erklärt und zieht sich Ende März zurück. Bis sein Nachfolger übernimmt, soll der oberste Bankenaufseher Raimund Röseler die Behörde übergangsweise leiten. Auch Hufelds Stellvertreterin Elisabeth Roegele musste ihren Posten wegen der Wirecard-Affäre aufgeben

Der oberste Bankenaufseher der Bafin soll die Behörde als dienstältester Exekutivdirektor leiten, bis ein Nachfolger für Felix Hufeld gefunden ist. Quelle: Bernd Roselieb
Raimund Röseler

Der oberste Bankenaufseher der Bafin soll die Behörde als dienstältester Exekutivdirektor leiten, bis ein Nachfolger für Felix Hufeld gefunden ist.

(Foto: Bernd Roselieb)

Viele Experten hatten bereits vor einer Hängepartie an der Spitze der Bafin gewarnt, zumal die geplante Reform der Behörde als äußerst schwierige Aufgabe gilt. Branson war in Finanzkreisen zwar als möglicher Hufeld-Nachfolger gehandelt worden. Die meisten Beobachter schätzten die Chancen, ihn aus Zürich abzuwerben, aber als ziemlich gering ein.

Insidern zufolge benötigte es wochenlange Überzeugungsarbeit durch Scholz und Kukies, um Branson zu einem Wechsel nach Bonn zu bewegen. Nun soll der gebürtige Brite, der auch die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzt, die Bafin zu einer „Aufsicht mit Biss“ umbauen. Mit dem Entwurf für das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) aus dem Hause Scholz hat sich der designierte Bafin-Chef in den vergangenen Tagen bereits auseinandergesetzt.

Finanziell dürfte sich Branson, der als Finma-Chef aktuell 552.000 Schweizer Franken pro Jahr bekommt, nicht verbessern. Was der Bafin-Präsident genau verdient, ist öffentlich zwar nicht bekannt, aber es dürfte sich um eine niedrige bis mittlere sechsstellige Summe handeln. Für 2021 belaufen sich die Gesamtbezüge des sechsköpfigen Direktoriums laut Bafin-Haushaltsplan auf 1,3 Millionen Euro.

Skeptischer Empfang als Finma-Chef

Branson hat in Cambridge Mathematik und Betriebswirtschaft studiert und danach verschiedene Positionen bei Schweizer Großbanken innegehabt. Seine Karriere startete er bei der Credit Suisse in London und wechselte 1997 zur UBS. Dort war er unter anderem Länderchef in Japan und Finanzvorstand des Wealthmanagements und des Schweiz-Geschäfts in Zürich.

2010 wechselte Branson zur Finma, 2014 übernahm er deren Leitung. Damals schlug ihm in Teilen der Züricher Finanzszene Skepsis entgegen, weil er sich früh als strenger Regulator profilierte. Manche Schweizer Banker hatten damals den Verdacht, er wolle den Finanzplatz Zürich zum Vorteil Londons schwächen.

Mittlerweile hat Branson, der Deutsch mit Schweizer Akzent spricht, diese Bedenken entkräftet. Er wird in der Branche als Experte geschätzt, der mit Bankchefs ebenso wie mit angelsächsischen Regulatoren auf Augenhöhe sprechen kann.

Er ist kein klassischer Beamter, sondern kennt das Bankgeschäft von innen und hat sich deshalb früher als andere Bankenaufseher mit den Auswirkungen negativer Zinsen beschäftigt. Die Schweizer Nationalbank erhebt bereits seit 2012 negative Zinsen auf Bankeinlagen.

„Die Schweiz verliert und Deutschland gewinnt mit Mark Branson einen anerkannten Finanzmarktexperten“, erklärte Herbert Scheidt, Verwaltungsratspräsident von Vontobel und der Schweizerischen Bankiersvereinigung. „Er kennt das Bankgeschäft aus allen Perspektiven und hat gezeigt, dass er die Relevanz regulatorischer Themen frühzeitig erkennt und adressiert.“

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Branson, so zumindest die Ansicht am Finanzplatz Zürich, hatte zudem erheblichen Anteil daran, dass die Schweiz nach der De-facto-Abschaffung des Bankgeheimnisses bei den Themen Geldwäschebekämpfung und Verhinderung von Steuervermeidung aufgeholt hat.

Als Finma-Chef schreckte Branson auch vor Kritik an der Politik nicht zurück. Eine Passage bei der Reform des Schweizer Geldwäschegesetzes nannte Branson in der „Neuen Zürcher Zeitung“ einen „Unfall in der Formulierung“. Die Reform könnte Meldeschwellen für Geldwäsche-Verdachtsfälle erhöhen, statt diese zu verschärfen, kritisierte er.

Kulturwandel bei der Bafin erforderlich

Bei der Bafin wartet auf den neuen Chef jede Menge Arbeit. Branson soll die Behörde schlagkräftiger machen und gleichzeitig für einen Kulturwandel sorgen. Die Bafin müsse „den Anspruch haben, sich mit den besten Aufsichtsbehörden der Welt zu messen – oder gleich die beste sein zu wollen“, sagte Finanzminister Scholz bei der Vorstellung der Bafin-Reform Anfang Februar.

Viele Bankenaufseher und Bafin-Mitarbeiter halten diese vollmundige Ankündigung allerdings für übertrieben. Innerhalb der Behörde sind viele enttäuscht, dass der Verwaltungsrat bei einer Sitzung an diesem Montag im Zuge der Bafin-Reform lediglich 158 neue Stellen bewilligen sollte. Das wird aus Sicht vieler Mitarbeiter nicht ausreichen, um die Schlagkraft der Behörde deutlich zu erhöhen.

Der Personalrat fordert, dass die interne Kommunikation zu privaten Finanzgeschäften verständlicher wird und nicht in erster Linie aus „juristischen Definitionen und Formeln“ besteht. Quelle: imago images/Hannelore Fˆrster
Bafin-Gebäude in Frankfurt

Der Personalrat fordert, dass die interne Kommunikation zu privaten Finanzgeschäften verständlicher wird und nicht in erster Linie aus „juristischen Definitionen und Formeln“ besteht.

(Foto: imago images/Hannelore Fˆrster)

Ursprünglich wollte die Bafin Insidern zufolge fast doppelt so viele neue Stellen, beantragte dann nach Rücksprache mit der Politik jedoch nur 189. Diese Zahl strich das Finanzministerium, das für die Rechts- und Fachaufsicht über die Bafin zuständig ist, dann nochmals zusammen.

Vielen Instituten, die die Bafin im Rahmen eines Umlageverfahrens finanzieren, geht die Aufrüstung der Behörde bereits jetzt zu weit. Sie machen Stimmung gegen einen zu starken Personalaufbau – und fordern stattdessen, die Bafin müsse vorhandene Ressourcen effizienter nutzen. Verhindern wollen die meisten Banken auf jeden Fall, dass sich die Bafin im Zuge der Reform zum obersten Verbraucherschützer des Landes aufschwingt.

FDP: „Mehr Finma täte der Bafin gut“

Unter Bankenaufsehern genießt der neue Bafin-Chef einen guten Ruf. „In der Schweiz hat er einen super Job gemacht“, heißt es in europäischen Aufsichtskreisen. Gegenüber der Credit Suisse und der UBS habe sich Branson als eher harter Aufseher gezeigt. In der Coronakrise habe die Schweiz früher, wenngleich etwas weniger streng, mit einem Dividendenverbot reagiert.

Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK), die gemeinsame Interessensvertretung der deutschen Banken, begrüßte Bransons Berufung. „Die schnelle Nachfolgeregelung trägt maßgeblich dazu bei, das Vertrauen in die Finanzaufsicht zu stärken“, erklärte die DK.

Erfreut äußerte sich auch der Deutsche Sparkassen- und Giroverband. „Mark Branson verfügt durch die Aufsicht über Banken aller Größenklassen, aber auch die Einführung des Kleinbankenregimes in der Schweiz sowie seinen internationalen Hintergrund über beste Voraussetzungen, um die Bafin für die Zukunft fit zu machen“, sagte Karl-Peter Schackmann-Fallis, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DSGV.

Auch in der Politik fielen die Reaktionen überwiegend positiv aus. Mit Branson bekomme die Bafin „einen überaus kompetenten neuen Präsidenten“, sagte SPD-Finanzexperte Jens Zimmermann, der auch im Bafin-Verwaltungsrat sitzt. „Jetzt heißt es auch, die weitere Stärkung der Bafin entschieden voranzutreiben.“

Der Grünen-Parlamentarier Danyal Bayaz sprach von einem „vielversprechenden Personalvorschlag“. Auch Bransons Expertise bei der Regulierung digitaler Geschäfte lasse hoffen. Der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler hält den Finma-Chef ebenfalls für eine gute Wahl: „Mehr Finma täte der Bafin gut.“

Branson ist durch seine Arbeit im Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht gut vernetzt – und kennt sich auch mit der Aufarbeitung von Skandalen aus. So ermittelte die Finma in der sogenannten Beschattungsaffäre gegen den früheren Chef der Credit Suisse, Tidjane Thiam. Thiam hatte einen Privatdetektiv angeheuert, um einen abtrünnigen Manager auszuspionieren. Im Fall des insolventen Lieferkettenfinanzierers Greensill, in den die Großbank ebenfalls verwickelt ist, diskutiert die Aufsichtsbehörde gerade, ob die Credit Suisse mehr Eigenkapital bereithalten muss, um mögliche Verluste abzufedern.

Mehr: Der Bundestag erhält erschreckende Einblicke in den Wirecard-Abgrund

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2 Kommentare zu "Mark Branson: Chef der Schweizer Finanzaufsicht Finma wird neuer Bafin-Präsident"

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  • Die Vorschusslorbeeren sind ja gewaltig. Hoffen wir, dass die Leitung der BAFIN nun zukünftig etwas von Buchhaltung und Bankbetriebswirtschaft nach "goldenen Bankenregeln" versteht, damit wir vor weiteren Katastrophen bewahrt bleiben.
    Als Bürger bleibt mir nur "good luck" zu wünschen!

  • Hui, die meinen das ja richtig Ernst mit dem Finanzplatz Deutschland. Gute Wahl. Da werden sich einige Fliegenzähler bei der Bafin warm anziehen müssen.

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