Medienbericht DWS startet detaillierte Prüfung der Greenwashing-Vorwürfe

Umweltschutz wird für viele Verbraucher bei der Geldanlage wichtiger – doch wie nachhaltig Produkte tatsächlich sind, ist auf den ersten Blick oft nicht erkennbar.
Denver, Frankfurt Die DWS startet offenbar eine neue Prüfung der Greenwashing-Vorwürfe, die Whistleblowerin Desiree Fixler im August öffentlich gemacht hatte. Die Prüfung soll jedoch über Fixlers Vorwürfe hinausgehen, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Dienstag. Der Fondsanbieter, der zu 80 Prozent der Deutschen Bank gehört, hat dazu die renommierte Anwaltskanzlei Sullivan & Cromwell aus den USA angeheuert, die die Kommunikation mit den Behörden steuern soll. Die US-Börsenaufsicht SEC schaut sich den Fall an, genauso wie das US-Justizministerium und die deutsche Finanzaufsicht Bafin. Ein DWS-Sprecher war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Fixler war bis März Nachhaltigkeitschefin der DWS, wurde dann jedoch überraschend gekündigt. Sie wirft ihrem ehemaligen Arbeitgeber vor, sich in Bezug auf sogenannte ESG-Investments öffentlich deutlich rosiger dargestellt zu haben, als es in der Realität der Fall war. ESG steht für ökologische, soziale und ethische Standards, die bei Investitionsentscheidungen angelegt werden. Die Branche boomt, doch noch gibt es nur wenige Regeln, die festlegen, wann Anlagen tatsächlich ESG-konform sind und wann nicht.
„Dies ist ein Weckruf für die gesamte Branche“, sagte Fixler im September im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Sie muss akkurater werden, wenn es um die Ermittlung von ESG-Daten geht, bei Finanzdaten funktioniert das ja schließlich auch.“
Der DWS-Fall habe jedoch eine andere Dimension, glaubt Fixler. „Bei der DWS war es ein Versagen der Corporate Governance“, sagt die US-Amerikanerin, der nach nur acht Monaten im Amt gekündigt wurde und die sich nun vor Gericht mit ihrem ehemaligen Arbeitgeber streitet. Die DWS hatte Fixlers Vorwürfe von Anfang an zurückgewiesen.
Geschäftsbericht im Fokus
Nach ihrer Kündigung präzisierte Fixler eine Reihe von Problemen bei der DWS in zwei E-Mails an Aufsichtsratschef Karl von Rohr. Er ist auch im Vorstand der Deutschen Bank. Von Rohrs Rolle interessiert Medienberichten zufolge auch die Bafin. Von Rohr hat als Aufsichtsratschef den Geschäftsbericht unterzeichnet, in dem die DWS sich als grüner Investor präsentiert. „Als Unternehmen haben wir ESG in den Mittelpunkt unseres Handelns gestellt“, schrieb dort DWS-Chef Asoka Wöhrmann.
Ein wichtiger Streitpunkt: Die DWS gibt im Geschäftsbericht an, 459 Milliarden Dollar, mehr als die Hälfte der verwalteten Assets, würden mit dem ESG-Integrationsansatz verwaltet. Fixler hält diese Angabe jedoch für problematisch, weil die DWS dies gar nicht nachverfolgt hätte: „Wenn man das nicht nachverfolgt, wie kann man dann so eine Zahl berechnen?“
Doch es sei klar gewesen, dass der ESG-Integrationsansatz „nur auf einen kleinen Bruchteil der Assets zutraf“. Die sogenannte ESG-Engine, eine Datenbank mit ESG-bezogenen Informationen, sei veraltet gewesen und daher kaum von Portfoliomanagern genutzt worden.
Für die DWS kommt es dagegen auf die genauen Definitionen an. So bedeute der Begriff „ESG integriert“, dass den Fondsmanagern ESG-Daten für mindestens 90 Prozent der Unternehmen in ihren Portfolios zur Verfügung stehen. „Auf diese Daten können die Portfoliomanager zurückgreifen, sie müssen es aber nicht“, erklärt ein Sprecher.
Die sogenannte „Smart ESG Integration“ gehe eine Stufe weiter. „Hier arbeiten Portfoliomanager aktiv mit Unternehmen, um ihre ESG-Ziele zu verbessern“, so der Sprecher. Fonds, die nach harten ESG-Kriterien anlegen, sogenannte dezidierte ESG-Fonds, würden 70 Milliarden Dollar an Assets umfassen.
Fixlers Ansicht, Investoren würden in die Irre geführt, teilt die DWS nicht. Bloomberg zufolge soll von Rohr auch eine erste Prüfung der Vorwürfe beim Beratungsunternehmen PwC in Auftrag gegeben haben, die die DWS entlastet hat. PwC war an anderer Stelle auch als Berater für ESG-Themen für die DWS tätig.
Der Aktienkurs ist nach dem Bekanntwerden von Fixlers Vorwürfen zunächst um rund 14 Prozent eingebrochen und hat sich seitdem nicht wieder erholt. Am Mittwochnachmittag lag das Papier gut ein Prozent im Minus, bei 35,60 Euro.
Mehr: „Grüne Finanzen nur gesellschaftliches Placebo“: Finanzbranche hat Angst vor „Greenwashing“
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.