
München Die Zentrale der Merkur Bank befindet sich direkt gegenüber des Münchner Hauptbahnhofs, nicht gerade die beste Lage für ein Geldinstitut. Auf der Fassade wirbt auch der Untermieter, ein Spielcasino. Das will Marcus Lingel bald ändern. Der 46-Jährige spricht eine Mischung aus Schwäbisch und Bayerisch. „Hol mir mal gschwind!“ – der Ausruf ist bei den Mitarbeitern bekannt. Statt „Servus“ sagt er „Ade“. Und auch als Banker verbindet er Regionen: Mit Sparsamkeit und stoischem Selbstbewusstsein.
Herr Lingel, die Bilanzsumme Ihres Unternehmens macht im Vergleich zur Deutschen Bank rund 0,05 Prozent aus. Kaum jemand kennt Ihre Bank – warum sollte sich das ändern?
Wir sind etwas ganz Seltenes, weil wir ein paar Dinge bewusst anders machen. Wir betreiben keinen Eigenhandel, wir legen keine Kundengelder am Kapitalmarkt an. Schlichtweg aus dem Grund, weil wir die Risiken nicht einschätzen können. Wir sind ein mittelständischer Betrieb, wir sind ein eigenständiges Unternehmen und wir glauben, dass wir uns mit Bonität und Unternehmerstrukturen ganz gut auskennen. Aber ich weiß nicht, ob ich in der Lage bin, die Bonität von Frankreich, Spanien oder Griechenland einzuschätzen.
Die Merkur-Bank im Kurzporträt
Funktioniert diese Strategie?
Wir haben 2014 wieder ein hervorragendes Jahr gehabt und unser Ergebnis pro Aktie und unseren Überschuss um fünf Prozent gesteigert. Insgesamt bewegen wir uns in den letzten drei Jahren schon auf einem relativ hohen Niveau – von daher sind wir mit unserer Ertragskraft auch sehr zufrieden. Vom Kern her haben wir ein relativ konservatives und einfaches Geschäftsmodell. Es basiert auf einer klassischen Tradition, indem wir Einlagen sammeln und die Einlagen als Kredite wieder ausgeben.
Sie haben auch ein Spezialgebiet, finanzieren Immobilienprojekte.
Wir hatten ganz früher unter der Leitung meines Vaters Bauträgerfinanzierung gemacht in Leipzig, Berlin und gar nicht so stark in München. Mit meinem Eintreten ins Unternehmen haben wir uns auf München konzentriert. Als Größenordnung: Wir haben damals im Jahr 2000 ein Neugeschäft von 75 Millionen Euro gemacht, letztes Jahr lagen wir bei 660 Millionen. Nachdem wir hier in München mit der Konzentration Erfolg gehabt haben, haben wir neue Märkte gesucht und machen seit 2006 in Stuttgart genau das gleiche.
Seit einigen Jahren versuchen Sie, verstärkt Privatkunden zu gewinnen. Wie machen Sie das?
Unsere Strategie ist es, keine Interessenkonflikte zu haben. Wir produzieren keine eigenen Produkte, haben keinen Eigenhandel, sind vollkommen unabhängig und somit niemandem verpflichtet. Eine gute Performance steht für uns im Vordergrund. Mit welchem Produkt das passiert, ist für uns ja vollkommen egal. Ob das etwa ein Tempelton- oder ein DWS-Fonds ist, spielt für uns überhaupt keine Rolle.
Ist damit der Verkaufsdruck auf Ihre Mitarbeiter gestiegen?
Es ist ja kein Geheimnis, das eine Bank auch leben möchte. Das Wichtige ist, dass eine Win-win-Situation entsteht. Klar werden wir immer an der Performance gemessen. Wenn ich dabei auch eine gute Provision verdiene, ist das doch vollkommen legitim. Was nicht geht: das unsereins verdient und die Kunden nichts. Andererseits: Wenn da ein Kunde ist, bei dem sich die Beratung nicht lohnt, dann muss man auch klar sagen, dass es nichts bringt. Für mich hat das viel mit Ehrlichkeit zu tun.
Nach außen treten Sie mit schrillen Werbemotiven auf, Ihr Internetauftritt wirkt mehr wie der eines Hochglanzmagazins.
Das Ziel ist, die Bank erlebbar und emotionaler zu machen. Wir sind seriös, damit muss ich nicht werben. Was ich erreichen möchte: dass über den Internetauftritt gesprochen wird. Wir bieten zwar Einlagen und Kredite wie andere Banken an – aber vom Charakter her unterscheiden wir uns.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.