Mikrokredite Ein Finanzierungsmodell steht Kopf

Die Bäckerei von Alban Lika ist mit Mikrokrediten finanziert.
Tirana In der Backstube der kleinen Keksbäckerei ist es heiß und schwül. Draußen auf der Straße sind es schon 30 Grad, im Inneren des Gebäudes heizen die Öfen die Luft zusätzlich auf. Alban Lika wischt sich den Schweiß von der Stirn. Trotzdem hat er noch ein Lächeln übrig. „Mir geht es richtig gut”, sagt der 40-jährige Kleinunternehmer aus der albanischen Hafenstadt Durres.
Lika ist ein Vorzeigebeispiel für die erfolgreiche Finanzierung von Kleinunternehmen auf dem Balkan. Vor sechs Jahren hat er den ersten Mikrokredit über 12.000 Euro von der Frankfurter ProCredit-Bank aufgenommen und damit die ersten Maschinen für seine Bäckerei finanziert. Inzwischen hat das Unternehmen 16 Mitarbeiter und ist eigentlich fast schon zu groß geworden für die Mikrokredit-Programme. Der Kleinunternehmer Lika hat immer weiter expandiert und schon sein drittes ProCredit-Darlehen aufgenommen.
Die ProCredit-Bank ist weltweit eines der großen Institute, das sich auf das Mikrokredit-System spezialisiert hat. Einer der wichtigsten ProCredit-Anteilseigner ist die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau, die KfW. ProCredit kann die Mikrokredit-Programme nicht allein aus eigener Kraft aufbringen. Sie wiederum ist selbst aufPartner angewiesen, die ihr das nötige Kapital zur Verfügung stellen. Auf dem Balkan ist das der Europäische Fonds für Südosteuropa (EFSE), der vor fünf Jahren von der KfW gegründet worden ist. EFSE hat bislang Kredite mit einem Volumen von etwa 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Zu den Geldgebern gehört nicht mehr nur die KfW, sondern inzwischen auch andere öffentliche und private Investoren, auch außerhalb Deutschlands.
ProCredit und der EFSE-Fonds präsentieren gern Vorzeige-Unternehmer wie Alban Lika aus dem albanischen Durres. Doch zugleich ist die gesamte Mikrokredit-Branche auf der Suche nach einer Neuorientierung. Die Finanzkrise hat das weltweit eigentlich gelobte Finanzierungsmodell zum Teil gehörig auf den Kopf gestellt. „Die Krise hat alle vorsichtiger gemacht“, unterstreicht die deutsche KfW-Managerin Monika Beck, die für das bundeseigene Institut im EFSE-Aufsichtsrat sitzt. In der albanischen Hauptstadt Tirana sind die EFSE-Verantwortlichen vergangene Woche zusammengekommen, um über die Strategie der nächsten Jahre zu beraten.
Grundsätzlich stehen die Mikrokredit-Verleiher in Osteuropa vor dem Problem, dass es heute deutlich weniger Kapitalgeber als vor der Finanzkrise gibt. Billiges Geld aus dem Westen hat bis 2009 in Osteuropa zum Teil für exorbitante Wachstumsraten gesorgt. Sechs oder sieben Prozent Wachstum im Jahr waren vor der Krise keine Seltenheit. Doch inzwischen verspricht Osteuropa nur noch jährliche Wachstumsraten zwischen zwei und vier Prozent. Mikrokredit-Geber wollen auch ein anderes Problem vermeiden: Einzelne Länder wie etwa Bosnien waren vor der Krise mit Mikrokrediten regelrecht überschüttet worden. Künftig soll das Geld genauer und zielgerichteter fließen.
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