Nach BGH-Urteil Bafin verdonnert Banken zur schnellen Rückzahlung von Gebühren

Die Behörde hat neben einer Sonderprüfung bei Unzer inzwischen auch intensive Untersuchungen bei den Zahlungsdienstleistern Payone und Concardis gestartet.
Frankfurt Die Finanzaufsicht Bafin erhöht in der Debatte über die Rückzahlung von Bankgebühren den Druck auf die Geldhäuser. Die Behörde forderte die Finanzinstitute am Dienstag in einer Aufsichtsmitteilung auf, zu Unrecht erhobene Entgelte zeitnah zurückzuerstatten.
Die Bafin bezieht sich dabei auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), auf das einzelne Geldhäuser bisher unterschiedlich reagiert haben. Die Karlsruher Richter hatten im April entschieden, dass Banken bei Änderungen von allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Zustimmung ihrer Kunden einholen müssen.
Die bisher üblichen Klauseln, wonach Institute von einer stillschweigenden Zustimmung ausgehen können, wenn Kunden einer Änderung nicht binnen zwei Monaten widersprechen, sind damit hinfällig.
„Das Urteil des BGH hat Auswirkungen auf fast jede Bankkundenbeziehung“, erklärte Bafin-Präsident Mark Branson. „Umso wichtiger ist eine schnelle, unbürokratische, transparente Umsetzung. Unsere diesbezüglichen Erwartungen sind klar.“ Die Bafin stehe für eine faire Behandlung von Kundinnen und Kunden des Finanzsektors.
Konkret verlangt die Bafin von den Banken, ihre Kunden „umfassend, klar und verständlich“ über die Konsequenzen des BGH-Urteils zu informieren. Dazu gehörten alle Details über die Einführung beziehungsweise Erhöhung von Gebühren, die Kunden benötigen, um ihren Erstattungsanspruch zu berechnen.
Die Bafin machte deutlich, dass Banken Gebühren nicht proaktiv zurückzahlen müssen, sondern nur, wenn Kunden dies verlangen. Diese „Erstattungsverlangen“ müssten dann jedoch „zeitnah umfassend geprüft und zu Unrecht erhobene Gebühren und Entgelte umgehend erstattet werden“.
Die Finanzaufsicht warnte Banken zudem davor, Kunden rauszuwerfen, wenn diese ihre Ansprüche geltend machen. Die Ausübung ihres Rechts dürfe für Verbraucher „keine unmittelbare Kündigung der Geschäftsverbindung zur Folge haben“.
BGH-Urteil dürfte für Banken teuer werden
Nach Angaben der Bafin sind viele Bankkunden wegen der weitreichenden Folgen des BGH-Urteils verunsichert. Bei der Finanzaufsicht und den Verbraucherzentralen seien zu diesem Thema zahlreiche Beschwerden eingegangen.
Neben umfangreichen Informationen – etwa auf Kontoauszügen, in E-Mails oder auf der Homepage – müssten die Geldhäuser deshalb auch eine konkrete Stelle für Kundenfragen zu dem Thema benennen.
Die Aufsichtsmitteilung ist ein neues Instrument der Bafin, mit der sie Markterwartungen an die Branche kommuniziert und das sie nach dem BGH-Urteil nun erstmals einsetzt. Sollten die Banken den Forderungen der Bafin nicht nachkommen, könnte die Finanzaufsicht zu einem späteren Zeitpunkt auch härtere aufsichtliche Maßnahmen ergreifen.
Der zuständige Bafin-Exekutivdirektor Thorsten Pötzsch hatte bereits Mitte Juni erklärt, die Behörde werde genau darauf achten, ob und wie die Banken die BGH-Entscheidung umsetzen. In diesem Zusammenhang prüfe die Bafin auch den Erlass einer Allgemeinverfügung, was eine rechtlich verpflichtende Anordnung darstellen würde. „Unabhängig davon kann ich Kunden nur raten, eventuelle Ansprüche bei ihrer Bank geltend zu machen“, sagte Pötzsch.
Das BGH-Urteil hatte in der Finanzbranche Schockwellen ausgelöst. Banken müssen nämlich nicht nur Gebühren zurückzahlen, sondern auch neue Verfahren entwickeln, um bei künftigen Preisanpassungen die aktive Zustimmung ihrer Kunden einzuholen. „Dies dürfte mit einem nicht unerheblichen administrativen Aufwand verbunden sein“, schrieb das Finanzministerium im Juli in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion.

Der seit August amtierende Bafin-Chef hat eine härtere Gangart bei der Beaufsichtigung von Geldhäusern angekündigt.
Als Reaktion auf das BGH-Urteil haben viele Banken ihre Kunden bereits kontaktiert und sie um eine aktive Zustimmung zu den aktuellen Vertragsbedingungen gebeten. Die Bafin begrüßt dieses Vorgehen, mahnt jedoch ausreichend bemessene Prüfungs- und Entscheidungsfristen ein. Kontosperrungen oder eine Sperrung des Zugangs zum Onlinebanking, um eine Zustimmung zu erlangen, seien „nicht Ausdruck eines fairen Umgangs“, betonte die Finanzaufsicht.
Sie forderte die Banken zudem auf, für die Rückzahlung von Gebühren Rückstellungen zu bilden. Exekutivdirektor Raimund Röseler geht davon aus, dass dies die Ergebnisse einiger Banken stark belasten wird. „In Einzelfällen kann es um die Hälfte des Jahresüberschusses gehen, die Spannweite ist aber sehr, sehr groß“, sagte er Ende Juli im Handelsblatt-Interview.
Einige Banken haben wegen des BGH-Urteils bereits Rückstellungen gebildet. Die Commerzbank legte im zweiten Quartal 66 Millionen Euro für mögliche Gebührenrückforderungen zur Seite. Die Deutsche Bank rechnet insgesamt sogar mit Belastungen von rund 300 Millionen Euro.
Offen ist nach wie vor, für wie viele Jahre Kunden Kontoentgelte rückwirkend zurückfordern können – die Bafin äußerte sich zu diesem Thema in ihrer Aufsichtsmitteilung nicht. Um diese wichtige Frage zu klären, strebt der Verbraucherzentrale Bundesverband eine Musterfeststellungsklage gegen die Berliner Sparkassen und die Sparkasse Köln-Bonn an.
Mehr: Interview mit Bafin-Chef Mark Branson: „Das größte ökonomische Risiko ist das Zinsumfeld“
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