Nach Einstieg bei Deutscher Bank Cerberus macht deutsche Geldhäuser nervös

Der Einstieg des Finanzinvestors erfreut Aktionäre.
Frankfurt, Berlin Der Einstieg von Cerberus bei der Deutschen Bank alarmiert die deutsche Finanzszene. Hochrangige Banker fürchten bereits, dass ein Ausverkauf bei den heimischen Großbanken drohen könnte. „Die Unruhe ist ziemlich groß, weil sich Cerberus ganz offensichtlich auf Einkaufstour befindet und sich bei allen Banken positioniert“, meint ein Branchenkenner. Über die konkreten Pläne der US-Beteiligungsgesellschaft herrscht zwar Rätselraten – aber genau diese Ungewissheit ist der Grund für die Unruhe. „Wenn ein Private-Equity-Unternehmen bei einer deutschen Großbank einsteigt, gibt es sicher eine Agenda“, warnt ein deutscher Spitzenbanker. „Das machen die nicht, um zwei Euro Kursgewinn zu erzielen.“
Der Spitzenmanager rechnet damit, dass die Beteiligungsgesellschaft eine große Bank in Deutschland oder in Europa schmieden will. Dazu passe, dass Cerberus sich nicht nur mit drei Prozent bei der Deutschen Bank eingekauft hat, sondern auch mit fünf Prozent an der Commerzbank beteiligt ist und außerdem die Südwestbank kaufte. Daneben zählt Cerberus Finanzkreisen zufolge zu den Bietern für die zum Verkauf stehende HSH Nordbank. Auch bei den anderen Interessenten an der HSH Nordbank soll es sich um Private-Equity-Häuser handeln. Dass sich zunehmend strategische Investoren bei deutschen Banken positionierten, sei ein „Unsicherheitsfaktor“, warnt der Topbanker.
Damit meint er weniger die verbreitete Spekulation, Cerberus könne auf eine Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank drängen. Das sei „im Prinzip im Sinne Deutschlands“. Anders sehe es aus, wenn Cerberus vorhabe, aus Deutscher Bank und beispielsweise BNP Paribas einen großen europäischen Finanzriesen zu formen. „Deutschland braucht unbedingt eine starke Großbank, auch um Industriepolitik betreiben zu können“, sagte ein deutscher Topbanker dem Handelsblatt. Derzeit würden hochrangige Bankenlobbyisten zu diesem Thema „intensive Gespräche“ mit Bundespolitikern und Aufsehern führen.
Die Alarmstimmung unter den Bankern hat sich bislang allerdings noch nicht auf die Politik übertragen. In Regierungskreisen sieht man den Einstieg von Cerberus unaufgeregt: Das sei ein strategischer Investor, der nicht für erratische Entscheidungen bekannt sei. Schon der Einstieg von Cerberus bei der Commerzbank sei für viele Investoren ein Signal gewesen, dass sich am deutschen Bankenmarkt etwas tue. „In den Markt wird in nächster Zeit Bewegung kommen“, meint auch der grüne Finanzpolitiker Gerhard Schick. Daher überrascht ihn das Interesse von Finanzinvestoren nicht. „Es ist ganz offensichtlich, dass Cerberus mit seinen Beteiligungen in Österreich, an der Commerzbank und jetzt an der Deutschen Bank eine Idee für den deutschsprachigen Bankensektor verfolgt“, meint er.
Einflussreich trotz Minderheitsanteil
Wie der Plan aussieht, sei aber schwer zu sagen. Eine Fusion von Commerzbank und Deutscher Bank hält Schick für „wenig plausibel“. Da beide Geldhäuser noch viele eigene Baustellen haben – die Deutsche Bank etwa muss erst noch ihre Tochter Postbank integrieren – gilt ein Zusammenschluss für die nächsten zwei Jahre als eher unwahrscheinlich.
Der konservative Finanzpolitiker Burkhard Balz kann den neuen Bankaktionären sogar etwas Positives abgewinnen: „Ich halte Finanzinvestoren nicht per se für ein Schreckgespenst. Das sind oft hochprofessionelle Investoren, die das Management herausfordern und auch neue Impulse setzen können“, meint der Europaparlamentarier der CDU. „Wir sprechen hier im Übrigen von Minderheitsanteilen im einstelligen Prozentbereich“, ergänzt er.
Angesichts der niedrigen Präsenz von Aktionären auf der Hauptversammlung ist der tatsächliche Einfluss von Investoren aber oft größer, als es der Blick auf die absolute Höhe einer Beteiligung vermuten lässt. Die Europäische Zentralbank (EZB) zum Beispiel prüft normalerweise nur solche Aktionäre genauer, die mit zehn Prozent und mehr bei einer Bank engagiert sind. Seit einiger Zeit denkt die Notenbank aber darüber nach, ob sie diese Schwelle herabsetzen sollte, wenn nur sehr wenige Aktionäre auf Hauptversammlungen abstimmen. Denn dann fallen auch kleine Stimmanteile stark ins Gewicht.
Auch der Spitzenbanker, der nicht genannt werden will, warnt: Mit einem Drei-Prozent-Anteil könne Cerberus die Deutsche Bank zwar bislang nicht dominieren. Doch schon auf der Hauptversammlung bestehe die Möglichkeit, andere Anteilseigner hinter sich zu bringen und „dann schnell 15 Prozent zu beherrschen“. Ein großer Investor pflichtet dem bei: Cerberus habe tiefe Taschen und könne auch Anteile an großen Unternehmen bei Bedarf schnell aufstocken.
Auch Arbeitnehmervertreter beobachten die neuen Eigentümer aufmerksam. „Grundsätzlich zeigt der Einstieg neuer Investoren natürlich, dass es Vertrauen in die Strategie der Bank und deren Beschäftigte gibt“, sagt Jan Duscheck, der bei der Gewerkschaft Verdi für die Deutsche Bank zuständig ist. „Uns ist natürlich wichtig, dass neue Investoren das Ziel teilen, langfristig den Heimatmarkt und damit die Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern“, ergänzte er. An diesem Maßstab werde Verdi auch dieses Engagement messen.
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