Nach Rauswurf des BdB-Geschäftsführers: Kabale und Hiebe in der Bankenlobby
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Nach Rauswurf des BdB-GeschäftsführersKabale und Hiebe in der Bankenlobby
Der Ärger ist groß im Bundesverband deutscher Banken. Die überraschende Trennung von Geschäftsführer Michael Kemmer spaltet die Organisation der privaten Geldhäuser. Präsident Hans-Walter Peters steht in der Kritik.
Die Amtsführung des BdB-Präsidenten ist umstritten.
(Foto: Johannes Arlt für Handelsblatt)
Frankfurt Am Erfolg von Hans-Walter Peters als Bankier zweifeln auch seine Kritiker nicht. Das Hamburger Geldhaus Berenberg, das er als Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter führt, fährt Jahr für Jahr Renditen ein, von denen die Konkurrenz nur träumen kann. Peters und sein Kompagnon Hendrik Riehmer haben die traditionsreiche Hamburger Privatbank in den vergangenen Jahren zu einer Investmentbank ausgebaut – und bislang geben ihnen die Zahlen recht. Im Jahr 2016 stand unter dem Strich ein Rekordgewinn von 161 Millionen Euro, das entspricht einer Eigenkapitalrendite von beinahe unglaublichen 96 Prozent. Selbst hässliche Kratzer im Hochglanzlack wie das Bußgeld von vier Millionen Euro, das die Schweizer Berenberg-Tochter bezahlen musste, um Ermittlungen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung aus der Welt zu schaffen, konnten bislang das Bild nicht wirklich trüben.
Wenn es um die Erfolgsbilanz des Verbandsfunktionärs Peters geht, sieht die Sache allerdings etwas anders aus. Seit dem Frühjahr 2016 führt der 62-Jährige als Präsident den Bundesverband deutscher Banken (BdB), und das führt zu ebenso heftigen wie hässlichen Kontroversen. Gerade erst hat sich Peters im Streit Knall auf Fall vom langjährigen Hauptgeschäftsführer der Lobby-Organisation, Michael Kemmer, getrennt. Die umstrittene Personalie spaltet den Verband der privaten deutschen Geldhäuser. Denn hinter der Trennung von Kemmer steht vor allem ein persönliches Zerwürfnis mit Peters. Gleichzeitig haben Mitglieder und Vorstände an der Amtsführung des Präsidenten einiges auszusetzen. „Da haben sich doch ganz erhebliche Defizite aufgetan“, klagt ein Vorstand des Verbandes.
Es geht ums Grundsätzliche
Der Streit an der Spitze wirft alte Grundsatzfragen wieder auf: Ist der BdB in seiner heutigen Form noch die richtige Plattform, um die oft weit auseinanderklaffenden Interessen von großen und kleinen privaten Banken zu vertreten? Im Verband ist nach dem unsanften Abschied von Kemmer von einem „Erdbeben“ die Rede. „Der BdB ist ein Anachronismus“, meint ein hochrangiger Frankfurter Banker. Er glaubt, dass es an der Zeit ist, die drei Säulen der deutschen Bankenlandschaft aufzubrechen. Große Institute wie Deutsche Bank, Commerzbank, die genossenschaftliche DZ Bank und die großen Landesbanken aus dem Sparkassenlager sollten enger kooperieren. Deshalb müsse die Deutsche Kreditwirtschaft, das Gremium, in dem alle Spitzenverbände der heimischen Bankenszene zusammenarbeiten, dringend gestärkt werden. Mehrheitsfähig ist die Meinung nicht, aber sie zeigt, wie weit die Positionen innerhalb des privaten Bankenverbandes mittlerweile auseinanderklaffen.
Ein schwelender Konflikt, der durch die selbst für Insider völlig überraschende Entscheidung von Verbandspräsident Peters, sich von Geschäftsführer Kemmer zu trennen, nun neu befeuert wird. Kemmers Abgang erfolgte bestenfalls formal freiwillig, auch wenn in der offiziellen Pressemitteilung vom „eigenen Wunsch“ die Rede ist. Der BdB-Präsident hatte ihn vor die Wahl gestellt, abzudanken oder hochkant rausgeworfen zu werden.
Der BdB
Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) vertritt die Interessen von mehr als 200 privaten Geldhäusern in der Bundesrepublik. Ein zentraler Punkt ist dabei die politische Lobbyarbeit. Darüber hinaus ist der BdB aber auch für die freiwillige Einlagensicherung der privaten Banken zuständig. Bis zu einem Betrag von 100.000 Euro gilt in Deutschland die gesetzliche Einlagensicherung. Abhängig von ihrer Bilanzsumme sichern die Privatbanken darüber hinaus aber deutlich höhere Beträge ab.
Geleitet wird der eingetragene Verein vom Präsidenten, der aus einer der Mitgliedsbanken kommt. Der Vorstand wird von zwei Präsidiumsmitgliedern angeführt, zudem sitzen sieben weitere Vorstände als Vertreter von Großbanken, Auslandsinstituten und kleineren Geldhäusern im Führungsgremium des Verbands. Für die operative Leitung ist die hauptamtliche Geschäftsführung zuständig. In Zukunft wird das eine Doppelspitze sein. Die tägliche Arbeit der Bankenlobby leisten rund 160 Beschäftigte.
Peters lege Wert auf enge Abstimmung. Der selbstbewusste Kemmer, früher Vorstandschef der BayernLB, habe dagegen zu eigenmächtig agiert, so lautet der wichtigste Grund für die Trennung von dem Bayern, der sieben Jahre lang die Geschäfte des Verbandes führte. Außerdem wollten Peters und seine Gefolgsleute verhindern, dass im Jahr 2020 Präsident und Geschäftsführer gleichzeitig den Verband verlassen. Dann endet Peters‘ Amtszeit, und der 60-jährige Kemmer hatte angedeutet, dass auch er sich vorstellen könne, nach dem nächsten Verbandsgroßereignis, dem alle drei Jahre stattfindenden Deutschen Bankentag, die Lobby zu verlassen.
Für seine umstrittene Personalentscheidung brauchte Peters einen Beschluss des Präsidiums, in dem Deutsche-Bank-Chef John Cryan und Thomas Lange, Chef der Essener National-Bank, sitzen. Auch Teile des Vorstands bereitete der Berenberg-Chef nach Informationen des Handelsblatts auf die Trennung vor. Peters habe seine Entscheidung ausreichend abgestimmt, ist aus der Verbandsspitze zu hören. An der Amtsführung von Kemmer sei wenig auszusetzen gewesen, außer, dass er sich nicht auf den neuen Präsidenten eingestellt habe, heißt es. Aber auch das gehöre eben zum Job eines Verbandsgeschäftsführers. Am Ende hätten die beiden Charaktere einfach nicht zusammengepasst.
Überrumpelte Mitglieder
Trotz der Vorbereitungsarbeiten von Peters fühlten sich am Ende einige der Vorstände des Verbands von der Entscheidung überrumpelt und missbilligen die Trennung von dem langjährigen Hauptgeschäftsführer. Das liegt nicht nur an den Qualitäten von Kemmer, der sich nach der Finanzkrise als effizienter Kommunikator für die Interessen der Banken profiliert hat, sondern auch an den Schwächen, die einige führende Verbandsmitglieder Peters ankreiden.
Der Präsident genieße zwar gerne die Privilegien des Amtes, engagiere sich selbst aber zu wenig, klagt ein BdB-Vorstand. Die letzten beiden Jahrestagungen des Internationalen Währungsfonds schwänzte Peters. Dabei ist das alljährliche Klassentreffen der Finanzbranche in Washington ein Pflichttermin für Banker, Aufseher, Notenbanker und Spitzenfunktionäre aus aller Welt. In diesem Oktober wurde beispielsweise die öffentliche Diskussion rund um die neuen, härteren Bankenregeln, die unter dem Stichwort Basel IV bekannt sind, weitgehend beim IWF-Treffen in Washington geführt. Auch bei den Sitzungen des Führungsgremiums des europäischen Bankenverbandes ließ sich Peters bislang nicht blicken. Außerdem sei er auch nach anderthalb Jahren Amtszeit nicht wirklich mit dem Personal und den Prozessen des Verbandes vertraut, ist aus BdB-Kreisen zu hören.
Michael Kemmer
Der Geschäftsführer schied nicht ganz freiwillig beim Verband aus.
Diese Vorwürfe wollen die Unterstützer des Bankenpräsidenten so nicht stehen lassen. Sie führen die vielen internationalen Einzeltreffen ins Feld, die Peters absolviert habe. So habe er zum Beispiel in mühsamer Kleinarbeit versucht, die französischen Großbanken dazu zu bringen, sich wie der deutsche Verband für Regulierungserleichterungen für kleinere Geldhäuser einzusetzen. Außerdem habe der Berenberg-Chef auch noch eine Bank zu führen, für die er nicht nur als Vorstand, sondern auch persönlich hafte. Allerdings scheint er nun umzudenken: Nach Informationen des Handelsblatts hat Peters versprochen, zur nächsten Jahrestagung des IWF anzureisen.
Eine echte Palastrevolution muss der Bankenpräsident trotz aller Kritik ohnehin nicht fürchten. Zu groß ist die Furcht, auch seiner Gegner, den Verband nach dem jüngsten Schock noch mehr zu schwächen. Schließlich gilt es, sich jetzt auf eine neue Regierungskoalition im Bundestag einzustellen, bei der die bankenkritischen Grünen mit am Tisch sitzen könnten. Deshalb geben sich selbst die Kritiker Mühe, die Reihen, zumindest nach außen hin, zu schließen.
In Zukunft soll übrigens eine Doppelspitze die Geschäfte des BdB führen. Andreas Krautscheid (56) wird im Verband künftig unter anderem für Privatkunden und Verbraucherschutz sowie die Kontakte zur Politik zuständig sein. Er war von 1994 bis 1998 Bundestagsabgeordneter der CDU und von 2007 bis 2010 Minister von Nordrhein-Westfalen für Bundes- und Europaangelegenheiten. Christian Ossig (46) soll sich unter anderem um Aufsichtsthemen, Finanzmärkte und um die Einlagensicherung kümmern.
Diese Nachfolgeregelung halten zwar die meisten der Streithähne für eine gute Lösung. Doch Kritik gibt es natürlich auch hier. Ein BdB-Vorstand hält die Doppelspitze für ein Zeichen der Schwäche, weil der Verband damit klarmache, dass er keine Führungskraft in den eigenen Reihen habe, die den Job alleine erledigen könne.
Anders als der Vorgänger stehen die zwei aber zumindest nicht im Verdacht, Peters die Show zu stehlen.
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