Nach Wirecard-Skandal Interne Taskforce soll Complianceregeln bei der Bafin verbessern

Die Behörde will private Mitarbeitergeschäfte künftig besser überwachen.
Frankfurt Die Finanzaufsicht Bafin hat eine eigene Taskforce eingerichtet, die für bessere Kontrollsysteme in der Behörde sorgen soll. Die Arbeitsgruppe soll sich, unabhängig von der bestehenden Compliance-Abteilung, um eine Reform der internen Regeln und Richtlinien kümmern. Das geht aus der Zeugenaussage der für Compliance und Personal zuständigen Bafin-Exekutivdirektorin Beatrice Freiwald vor dem Wirecard-Untersuchungsausschuss am Montag hervor, von der Teilnehmer dem Handelsblatt berichteten und deren Inhalt die Bafin auf Anfrage bestätigte.
Außerdem verhandelt die Finanzaufsicht „seit längerer Zeit“ mit dem Personalrat über eine Dienstvereinbarung, die die private Nutzung von E-Mails generell verbietet. „Der Entwurf der Dienstvereinbarung sieht dabei unter anderem vor, eine private Nutzung nur noch zu gestatten, wenn der Beschäftigte in Einsichts- und Kontrollrechte einwilligt“, konkretisierte eine Bafin-Sprecherin. Der Entwurf mit dem „derzeitigen Verhandlungsstand“ sei dem Personalrat übermittelt worden.
Die mögliche private Nutzung von Dienstgeräten gilt deshalb als problematisch, weil sich so kaum überprüfen lässt, ob sich Bafin-Beschäftigte an das Verbot halten, auf Dienstgeräten und in der Arbeitszeit private Finanzgeschäfte abzuschließen.
Die Ethikregeln und ihre Durchsetzung sind seit Monaten Gegenstand von Kritik. Bis zum vergangenen Herbst galten innerhalb der Bafin sehr freizügige Regeln für private Mitarbeitergeschäfte, die es Beschäftigten sogar erlaubten, mit Aktien von Wirecard und anderen Finanzfirmen zu handeln. Wenn Mitarbeiter ihre Finanzgeschäfte erst spät meldeten, gab es auch selten Ärger. Mittlerweile hat die Behörde viele Vorschriften verschärft – doch sie hat Schwierigkeiten, die Einhaltung ihrer Ethikregeln zu überwachen und durchzusetzen.
Wirecard-Prüfung läuft noch immer
Ein Beispiel ist die langwierige Auswertung der privaten Wirecard-Geschäfte von Mitarbeitern, die noch immer nicht vollständig abgeschlossen ist. „Das Compliance-System der Bafin ist hinterwäldlerisch“, moniert der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler. „Man kann nicht Banken und Wertpapierfirmen umfassende Regeln vorschreiben, aber gleichzeitig Monate oder Jahre für die eigene Auswertung warten. Dafür trägt Frau Freiwald die Verantwortung.“
Seit die Bafin im Januar einen Mitarbeiter wegen des Verdachts auf Insiderhandel mit Wirecard-Zertifikaten anzeigen musste, gilt diese Auswertung als besonders dringlich. Die Mitarbeitergeschäfte sind einer der Gründe, weswegen die Frankfurter Staatsanwaltschaft inzwischen ein Ermittlungsverfahren zur Rolle der Bafin im Wirecard-Skandal eingeleitet hat.
Die Behörde selbst hat noch keinen vollständigen Überblick über diese Transaktionen. Sie hatte im Januar zwar eine Sonderauswertung aller Wirecard-Geschäfte vorgelegt, die zwischen dem 1. Januar 2018 und dem 30. September 2020 angezeigt wurden. Doch die Auswertung von Geschäften, die erst danach – zwischen dem 1. Oktober und dem 31. Dezember 2020 – angezeigt wurden, wird nach Auskunft der Finanzaufsicht wohl erst Ende April abgeschlossen sein.
Bafin führt stets auch eigene Stichproben durch
Auch danach wird es noch keine vollständige Gewissheit geben. Denn um sich nicht auf die freiwilligen Angaben ihrer Mitarbeiter zu verlassen, führt die Bafin stets auch ergänzende Stichproben durch, bei denen sie von Mitarbeitern weitere Nachweise verlangt. Mit diesen Untersuchungen ist die Finanzaufsicht deutlich im Rückstand. Immerhin teilte sie auf Anfrage mit: „Die Stichprobenauswertung für 2019 steht kurz vor dem Abschluss.“
Wie lange es dauern wird, bis auch für das Jahr 2020 Klarheit herrscht, ist erst recht noch offen. Das ist erst möglich, wenn alle Mitarbeiter offiziell erklärt haben, dass sie alle Mitarbeitergeschäfte vollständig gemeldet haben – dieser Prozess ist erst just abgeschlossen worden. Die Stichproben für das Jahr 2018 hatte die Bafin immerhin pünktlich im Jahr 2019 abgeschlossen. „In diesem Zusammenhang wurden sechs Beschäftigte noch 2019 ermahnt und auf ihre Dienstpflichten hingewiesen“, so eine Bafin-Sprecherin.
Nicht nur die Wirecard-Prüfung zieht sich hin. Auch eine Auswertung von Transaktionen mit Gamestop- und AMC-Entertainment-Aktien dauert mittlerweile seit mehr als zwei Monaten an. Die Bafin untersucht dabei unter anderem, ob zwei Mitarbeiter womöglich gegen das interne Spekulationsverbot der Behörde verstoßen haben.
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