Negativzinsen Schlechte Aussichten für Sparer: Schon mehr als 500 Banken verlangen Negativzinsen

Negativzinsen wurden bisher meist für hohe Summen fällig. Doch auch das ändert sich.
Berlin Sparer leben derzeit in der schlechtesten aller Welten. Schon allein die hohe Inflation sorgt angesichts der verbreiteten Nullzinsen für eine negative Realrendite. Zusätzlich gehen immer mehr Banken und Sparkassen dazu über, sogenannte Verwahrentgelte von ihren Kunden zu verlangen. Dabei geht es um die 0,5 Prozent, die die Europäische Zentralbank (EZB) Kreditinstituten berechnet, die überschüssige Mittel bei ihr parken.
Das Vergleichsportal Biallo.de zählt bereits 520 Institute, die Negativzinsen erheben – ein knappes Drittel aller Institute also. Im laufenden Jahr haben bereits 260 Institute Negativzinsen auf Tagesgeld- oder Girokonten eingeführt.
Da ein Ende der Niedrigzinspolitik der EZB nicht in Sicht ist, ist für Verbraucherschützer die Sache klar: „Wir rechnen damit, dass weitere Institute Verwahrentgelte erheben werden“, so Sandra Klug, Abteilungsleiterin für Geldanlage, Altersvorsorge und Versicherungen bei der Verbraucherzentrale Hamburg.
Bislang konnten viele Kunden aufatmen. Banken erhoben Verwahrentgelte erst ab hohen Summen auf dem Konto. Doch mittlerweile geht der Trend nach unten. Knapp 150 Banken haben nach Recherchen des Vergleichsportals Verivox den Freibetrag für die Gesamteinlage pro Kunde auf 50.000 Euro oder weniger verringert.
Verbraucherschützer gehen davon aus, dass sich die Freibetragsgrenzen, ab denen Verwahrentgelte erhoben werden, weiter nach unten bewegen werden. Vereinzelt gibt es Kreditinstitute, die Kunden bereits ab 5000 Euro zur Kasse bitten.
Es droht die Kündigung des Kontos
Bei Neukunden ist es für die Banken unproblematisch, Negativzinsen zu erheben. Für sie gelten bei Vertragsschluss gleich die entsprechenden Bedingungen. Bestandskunden müssen die Banken über ihre Pläne erst informieren und eine Vereinbarung treffen.
Allerdings haben Bankkunden in der Regel schlechte Karten, falls sie entsprechende Verwahrentgelte nicht akzeptieren wollen. „Wenn eine Vereinbarung über Verwahrentgelte nicht unterschrieben wird, sollten sich Bankkunden darauf einstellen, dass die Kontoverbindung gekündigt wird“, meint Klug. Betroffene sollten sich daher vorher im Klaren darüber sein, ob sie die Bankverbindung wirklich wechseln wollen.
Bevor Banken Verwahrentgelte erheben, weisen sie ihre Kunden in der Regel auf alternative Geldanlagen an. „Da lauern aber Provisionskatastrophen“, warnt Klug. Der Verbraucher sollte sich nicht ohne Weiteres in Geldanlagen drängen lassen, die im Zweifelsfall Provisionserträge für die Banken generieren, ohne dass der Nutzen für den Kunden klar ersichtlich sei.
Zudem kritisieren Verbraucherschützer die aktuelle Intransparenz bei den Banken. „Mir ist noch kein Kreditinstitut vorgekommen, das nachvollziehbar die Höhe der Spareinlagen kommuniziert, die damit verbundenen Kosten durch die EZB und die sich daraus ergebenen Negativzinsen für den Kunden“, bemerkt Klug.
Zudem würden für Banken bei der EZB ja auch Freibeträge gelten, die viele Institute offensichtlich nicht an die Verbraucher weitergeben. „Im Grunde genommen muss der Verbraucher für die Geschäftspolitik der Banken geradestehen. Denn offensichtlich schaffen es viele Banken nicht, Spareinlagen als Kredite weiterzureichen.“
Auch Entgelte für Sparkonten sind möglich
Rechtlich ist es noch nicht final geklärt, ob Banken überhaupt Negativzinsen erheben dürfen. Der Verbraucherzentrale-Bundesverband hält Verwahrentgelte für private Kunden grundsätzlich für unzulässig. Vor dem Landgericht Leipzig erlitten Verbraucherschützer aber im Sommer eine Schlappe. Die Richter entschieden, dass die Sparkasse Vogtland neben Kontoführungsgebühren für das Girokonto auch ein Verwahrentgelt verlangen dürfe. Die Verbraucherzentrale Sachsen will gegen das Urteil in Berufung gehen. Aktuell sind sechs Verfahren gegen verschiedene Banken und Sparkassen anhängig.
Im Vordergrund stehen derzeit Verwahrentgelte auf Tagesgelder und Girokonten. Bislang waren Sparkonten mit dreimonatiger Kündigungsfrist nicht davon betroffen. Juristisch gesehen sind Banken bei einem Sparvertrag schließlich Darlehensnehmer.
Gleichwohl hat die Commerzbank vertragliche Regelungen geschaffen, um Verwahrentgelte auf Sparkonten erheben zu können. Dafür wurde die Commerzbank bereits von der Verbraucherzentrale Hamburg abgemahnt. Die Commerzbank hat nach Angaben eines Sprechers die Unterlassungserklärung nicht unterzeichnet.
Zwar nimmt die Zahl der Institute zu, die Negativzinsen erheben. Dennoch gibt es noch immer Banken, die dem Trend trotzen. Verbraucher können sich bei Stiftung Warentest und Vergleichsportalen wie Verivox oder Biallo.de über diese Institute informieren.
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