Neue Sparkassen-Konkurrenz Finanz-Start-ups wollen Kommunen finanzieren

Kommunen wie die Stadt Essen können neuerdings auch Kredite über Online-Plattformen aufnehmen. Drei solcher Kreditplattformen versuchen gerade, in Deutschland Fuß zu fassen.
Frankfurt Erst hatten sie Privatkunden im Visier, dann Unternehmen und neuerdings auch Kommunen. Finanz-Start-ups, kurz Fintechs genannt, machen nun auch Städte und Gemeinden als potenzielle Kunden aus. Gleich drei Fintechs versuchen seit kurzem, sich hier als Kreditmarktplatz zu etablieren: Commnex, Firstwire und Loanboox.
So will das Schweizer Unternehmen Loanboox im Juli in Deutschland starten und sucht derzeit nach Pilotkunden. Man habe Anfragen von Kommunen und Investoren sowie Banken erhalten und auch schon Gespräche geführt, sagt Loanboox-Chef Stefan Mühlemann dem Handelsblatt.
Loanboox ist seit einigen Monaten im Heimatmarkt unterwegs und hat dort Kredite über zwei Milliarden Euro finanziert. Plattformen wie Loanboox versuchen, möglichst einfach und automatisiert Kreditnehmer – in diesem Fall Kommunen – und Kreditgeber – hier professionelle Investoren wie Versicherer – zusammenzubringen. Beide Seiten legen dann individuell die Konditionen für das Darlehen fest. Loanboox erhält als Gebühr 0,01 Prozent des Volumens vom Kreditnehmer.
Es gibt bereits etliche in Deutschland aktive Online-Kreditplattformen. Bekannt vor allem Auxmoney, Lendico und Funding Circle. Sie agieren als Vermittler zwischen Unternehmen oder Privatleute als Schuldner und Investoren als Gläubiger. Und machen damit Banken überflüssig. Das Geld für die Darlehen stammt von professionellen Investoren oder Privatleuten.
Einen Dämpfer erhielt die Szene allerdings im vergangenen Jahr. Die US-Kreditplattform Lending Club, die sogar an der Börse notiert ist, schlitterte in einen Skandal um dubiose Geschäfte eines früheren Chefs. Zwischenzeitlich erlitt Lending Club hohe Verluste.
Ohnehin spielen Online-Kreditplattformen im Vergleich zu den etablierten Banken bisher nur eine sehr kleine Rolle. Trotzdem rechnen sich Commnex, Firstwire und Loanboox bei Kommunen Chancen aus. Sie wollen die Kreditaufnahme für Städte und Gemeinden, aber auch für die Anleger transparenter machen, sehen sich dabei aber trotzdem nicht nur als Konkurrent von Banken. Vielmehr können Geldhäuser theoretisch auch über die Kreditplattformen Mittel an Kommunen ausreichen.
Traditionell stark in der Kommunalfinanzierung sind Sparkassen, deren Träger und somit quasi Eigentümer die Städte und Gemeinden sind. „Der Vorteil für Investoren, aber auch für Banken ist, dass sie über Loanboox Zugang zu Kommunen in ganz Deutschland bekommen und Risiken streuen können“, erklärt Mühlemann. Dabei wissen Kreditnehmer und Investor immer, mit wem sie es jeweils zu tun haben.
Commnex-Chef Friedrich von Jagow registriert bereits enormes Interesse potenzieller Kunden. „Das Ziel ist, dass eine Kommune sich mit ein paar Klicks ihren Bedarf für ein individuelles Finanzierungsprojekt zusammenstellen kann“, sagt er. „Kommunen sollen alle Arten von Krediten anfragen können, vom kleinsten Darlehen, zum Beispiel etwa für die Schulrenovierung, bis hin zu großen Schuldscheinen.“ Die Münchner Firma ist vor drei Monaten am Markt aktiv.
Auch Firstwire aus Köln ist erst seit kurzem am Markt unterwegs. So nahm die Stadt Essen kürzlich über die Vermittler einen Kredit in Höhe von fünf Millionen Euro auf.
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