Öffentlichkeitsarbeit Wie die Deutsche Bank der „Heute Show“ in die Falle ging
Düsseldorf Martin Sonneborn ist ehemaliger Chefredakteur des Humor-Magazins Titanic und seit Jahren als Reporter für die vielfach prämierte ZDF-Sendung „Heute Show“ im Einsatz. Nach einem schrägen Interview mit einem Pharma-Lobbyisten im Mai 2010 hatte Sonneborn von ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut auf die Finger bekommen. Sonneborn war dort für einen Mitarbeiter der Nachrichtensendung „Heute“ gehalten worden und der Pharma-Vertreter war dem Satiriker ins offene Messer gelaufen.
Ganz ähnlich ist es am Freitagabend der Deutschen Bank ergangen. Es sei „ausgerechnet Martin Sonneborn gelungen – sagen wir mal – so ‘ne Art Interview zu kriegen“, kündigte Moderator Oliver Welke den mehr als dreieinhalb-minütigen Beitrag in der Sendung an. Darin schilderte Sonneborn, dass er die Deutsche Bank um ein Interview gebeten habe zu Macht, Finanzkrise, Hedgefonds und die Millionengehälter der Banker.
Das Unternehmen habe tatsächlich zugesagt – doch dabei sowohl die Fragen als auch die Antworten bereits vorab geschickt. „Nicht meine Fragen wollten die Banker beantworten, sondern Unverfängliches“, so Sonneborn im Film. „Ich sollte also für die Bank die Hauptrolle in einem gefakten Interview spielen.“
In der nächsten Szene kommt der TV-Mann in die Frankfurter Zentrale der Deutschen Bank und interviewt im Foyer und Konferenzbereich Stefan Georgi. Er wird im Film als „Deutsche-Bank-Kommunikationsexperte“ vorgestellt. Nicht verraten wird: Georgi ist in Wahrheit ein Bankmitarbeiter in Leipzig und dort Vorsitzender des CDU-Ortsverbands Leipzig-Mitte.
Sonneborn stellt Georgi und die ganze Bank dann damit bloß, dass er im Gespräch die Antworten auf die Fragen teilweise vorwegnimmt und der Deutsche-Bank-Mitarbeiter in die Antwort einstimmt – ganz wie sie im Manuskript eben vorgeben waren. „Nicht um Eier oder Äpfel wie auf dem Wochenmarkt, sondern um Aktien und Rohstoffe“ werde an der Börse gefeilscht, sagt Georgi. Dann sieht man, wie Georgi sich unbeholfen um eine Antwort zum Thema Hedgefonds drückt. Und immer wieder zeigt Sonneborn, dass er bereits weiß, was als nächste Antwort gesagt werden wird.

Stefan Georgi, Mitarbeiter der Deutschen Bank in Leipzig und Vorsitzender eines CDU-Ortsverbands.
Nicht nur im Publikum erntete der Beitrag Lacher, auch im Internet kursierten spöttische Reaktionen. Das ZDF bestätigte Zuschauern auf Nachfrage, dass es sich bei dem Beitrag um kein „Fake“, sondern ein tatsächliches Gespräch handelte.
Andere fragten sich, ob die Deutsche Bank „nie nach den Interviewpartnern“ im Internet suche, oder die Bank „nicht einen neuen Kommunikationschef“ habe. Die Kommunikationsabteilung der Bank wird seit März vergangenen Jahres von Thorsten Strauß geleitet, der zuvor in gleicher Rolle beim Medienkonzern Bertelsmann tätig war.
Gegenüber Handelsblatt Online bestätigt Martin Sonneborn, dass die Bank nicht gewusst habe, dass der Beitrag auch in der „Heute Show“ erscheinen könnte. Vielmehr sei – nicht von ihm selbst –für die Reihe „Sonneborn rettet die Welt“ um ein Interview gebeten worden zu Finanzkrise und Hedgefonds. Bis zum Drehtag sei der Bank zudem nicht bekannt gewesen, dass Sonneborn das Gespräch führen würde. Tatsächlich wurde die Passage auch bereits im Oktober auf ZDF Neo ausgestrahlt – jedoch bei äußerst mäßigen Einschaltquoten von weniger als 100.000 Zuschauern und eingebettet in einen längeren Beitrag. Am Freitagabend sahen in der „Heute Show“ 3,32 Millionen allein den Ausrutscher der Deutschen Bank.
Schlimm, das "Interview" ist kein Fake. #sonneborn #heuteshow
— ZDF (@ZDF) November 8, 2013
Das Gespräch für eine andere Sendung angefragt zu haben und dann in der „Heute Show“ gezeigt zu haben, findet Sonneborn nicht anstößig. „Ich denke, wenn es der Imagepflege der Deutschen Bank dient, ist es gerechtfertigt“, so der Satiriker. „Wir haben unser Handwerk bei der Titanic gelernt.“
Die Deutsche Bank verweist darauf, dass der Filmausschnitt ja schon vor einem Monat gezeigt worden sei. Fragen über das Zustandekommen des Werks lässt die Pressestelle unbeantwortet. „Eines Urteils über den gesendeten Beitrag möchten wir uns enthalten“, so ein Sprecher.
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ZDF? innovativ? Die Sendung ist peinlich (ungenau) von der Daily Show mit JOn Stewart abgekupfert. Nur, dass diese es nicht nötig hat aus dem KOntext zu zitieren, sondern handfestes MAterial bringt. Peinlich ZDF. Und: Chance vertan die deutsche Bank mal richtig zu treffen.
Ich finde es schade, dass jetzt erst man so einen Beitrag erst im großen ZDF zeigen muss damit die Leute ihn mitbekommen.
Sonneborn hat eine tolle Sendung gemacht, darüber spricht keiner, erst als das ZDF mit einer eigentlich innovativen Sendung die eigene Ideen entwickeln sollte, die Beiträge aus dem Restearchiv nochmal verwertet wird darüber gesprochen.
Schön wäre es doch so eine Sendung schon gleich mal im großen ZDF zu zeigen
Wie tief ist eigentlich die deutsche Bank gesunken,
das sie Pressepolitik wie in einer Diktatur betreibt.
Noch mehr wundere ich über Medien die schreiben,
das die DB in eine Falle ging,
wenn eigentlich nur aufgezeigt wie die Öffentlichkeit verarscht wird.
Quatsch³ Ich sah den Bericht das erste Mal und habe mich königlich amüsiert, Herr Georgi!
Ja wirklich peinlich, wenn man auch den Herrn Peinlich von der Deutschen Bank mit neuen Peinlichkeiten verteidigen will....lach
Peinlich wenn man einen Artikel nicht bis zum Ende liest. Da stand sehr wohl geschrieben, dass der Beitrag in der Reihe 'Sonneborn rettet die Welt' (übrigens echt sehenswert!!!) gezeigt wurde. Und warum sollten Beiträge innerhalb einer Senderfamilie nicht auch in anderen Formaten nochmal "warmgemacht" werden?
Peinlich ist die Sache vor allem für das ZDF, das hier alte Konserve noch mal "warmgemacht" hat, und für das Handelsblatt, dem das nicht aufgefallen ist. Der Beitrag lief nämlich schon vor Wochen auf ZDFNeo in der Sendung "Sonneborn rettet die Welt".
"Spätestens die nächste Generation wird solche Interviews für normal halten". Schon heute scheinen diese Interviews normal zu sein. Die Macht der Banken ist größer, als die der Journalisten. Schließlich muß ein Verlag/Fernsehsender irgendwann zur Bank, um dort Kredite zu bekommen, mit solchen Geschichten wäre das aussichtslos.
Und so wird der Druck zur Abschaffung der Öffentlich-Rechtlichen wieder zunehmen. gerade der Banken wie auch der Pharmasektor mögen solchen Dinge überhaupt nicht!
Das Peinlichste war daran, dass Stefan Georgi nicht nur dilettantisch in diese Falle getreten ist, sondern den Eindruck erweckte, dass er außer den auswendig gelernten Text über keinen zusätzlich Wissensstand verfügt.
Solch ein Fachunkundiger musste sich ja zwangsläufig blamieren. Er war hier eindeutig überfordert.
Sehr geil!
Zu Titanic-Zeiten hat Sonneborn sogar ein paar noch witzigere Sachen gebracht.
Auf titanic-magazin.de findet man teilweise im Archiv noch viel zu lachen....