Oliver B. Inhaftierter Wirecard-Manager will bei der Staatsanwaltschaft auspacken

Einer der verdächtigen Ex-Manager eines Tochter-Unternehmens packt aus. Er reiste dafür aus Dubai an und stellte sich den Ermittlern in München.
Düsseldorf Im Bilanzskandal beim insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard packt eine Schlüsselfigur aus: Der wegen Betrugsverdachts inhaftierte Ex-Chef der Wirecard-Tochter Cardsystems Middle East, Oliver B., wolle sich seiner individuellen Verantwortung stellen, erklärte sein Verteidiger dem Handelsblatt.
Im komplizierten Firmengeflecht der inzwischen insolventen Wirecard AG nimmt die Tochtergesellschaft Cardsystems Middle East einen besonderen Platz ein. 2018 steuerte die Firma fast ein Drittel zum Wirecard-Umsatz bei. Der Anteil am Gewinn war noch größer: 237 Millionen Euro kamen aus Dubai, rund 60 Prozent des gesamten Jahresgewinns.
B. war der vermeintliche Erfolgsmanager der Tochterfirma. Trotz seiner immensen Bedeutung für den Konzern machte er sich rar. Auf der Webseite des Unternehmens tauchte sein Name zuletzt im Februar 2012 auf. In Dubai sah man ihn dafür in einem weißen Mercedes Benz SLS AMG, Neupreis 180.000 Euro. B. residierte in einem Apartment im höchsten Gebäude der Welt, dem 828 Meter hohen Burj Khalifa.
Nun ist er auf dem Boden angekommen. Am 6. Juli stellte sich B. der Staatsanwaltschaft; seitdem sitzt er in einer bayerischen Justizvollzugsanstalt. Sein Haftbefehl lautet unter anderem „auf den dringenden Tatverdacht des gemeinschaftlichen Betrugs und versuchten gemeinschaftlichen Betrugs jeweils im besonders schweren Fall sowie den Verdacht der Beihilfe zu anderen Straftaten“. Womöglich geht es auch um schweren Kreditbetrug zulasten von Banken.
Anders als Wirecards Ex-Chef Markus Braun, der gegen Kaution und unter Auflagen wieder aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, bleibt B. inhaftiert. Der Haftrichter sieht die Gefahr, dass der Manager flieht oder Beweismittel beiseiteschafft.
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Nun reagierte der Verteidiger von B.. „Mein Mandant hat sich freiwillig dem Verfahren gestellt und steht – im Gegensatz zu anderen – zu seiner individuellen Verantwortung“, sagte Nicolaus Frühsorger aus München. Das ist vor allem eine Spitze gegen Wirecards Ex-Vorstand Jan Marsalek, der als wichtigste Figur im Geschäft mit Drittpartnern gesehen wird. Marsalek ist weiterhin flüchtig.
Dubioses Drittpartnergeschäft
„Zu den Einzelheiten werden wir uns allerdings ausschließlich gegenüber der Staatsanwaltschaft München äußern“, sagte Frühsorger. Angesichts des enormen Umfangs des Verfahrens, der Dynamik der aktuellen Ereignisse sowie des bisherigen Ermittlungsstandes bitte er dafür um Verständnis. „An den derzeit öffentlich ausgetragenen Diskussionen um ein mögliches Organversagen der Aufsichts- und Kontrollmechanismen in- und außerhalb der Wirecard AG möchten wir uns dagegen nicht beteiligen“, sagte Frühsorger.
B. gilt als eine der zentralen Figuren im undurchsichtigen Drittpartnergeschäft von Wirecard. Der Zahlungsdienstleister hatte immer erklärt, Teile des Geschäfts an Drittpartner ausgelagert zu haben, um über diesen Umweg vor allem in Asien Lizenzen zu erhalten. Dafür will Wirecard Provisionen erhalten haben, die dann angeblich auf Treuhandkonten flossen.
Heute ist klar, dass wesentliche Beträge fehlen. Ein Bilanzposten von 1,9 Milliarden Euro hat sich quasi in Luft aufgelöst. Ein beträchtlicher Teil davon soll auf B.’ Cardsystems Middle East entfallen, die Wirecard-Tochter, die wiederum Beziehungen zu einer anderen Gesellschaft unterhielt: Al Alam. Die arabischen Worte bedeuten übersetzt „die Mutter“.
Was genau Al Alam für Wirecard bedeutete, ist eine der vielen Fragen, die B. der Staatsanwaltschaft beantworten soll. Die Beamten haben Grund zur Hoffnung – B. soll laut Insidern bei Al Alam etwa eine eigene Mailadresse besessen haben.
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Die arabischen Worte bedeuten übersetzt „die Mutter“. Das ist leider falsch.
Das ist nur ein Wort und es bedeutet übersetzt: „Die Flagge“.