Patrick und John Collison Stripe-Gründer: Zwei Iren auf Rekordkurs im Silicon Valley

Amazon, Zoom und Shopify zählen zu den Kunden der Brüder aus Irland.
Denver Eigentlich brauchten Patrick und John Collison gar nicht so dringend frisches Geld. Doch die Nachfrage der Investoren war so hoch, dass die Gründer des Bezahldienstleisters Stripe schlicht nicht Nein sagen konnten. Die Brüder haben ihr 2010 gegründetes Start-up damit zum wertvollsten im Silicon Valley gemacht. Die Bewertung hat sich auf 95 Milliarden Dollar fast verdreifacht. Damit ist Stripe auch mehr wert als das Raumfahrtunternehmen SpaceX von Elon Musk.
Patrick (32) und John (30) gehören zu den wichtigsten Akteuren in Amerikas Innovationszentrum. Stripe zählt Techkonzerne wie Amazon, Zoom und Shopify zu seinen Kunden, genauso wie andere Fintechs, darunter auch die Berliner Smartphone-Bank N26 und der schwedische Zahlungsdienstleister Klarna.
Und ihre Erfolgsgeschichte erinnert an einen schlechten Film aus Hollywood: Zwei Brüder aus der irischen Provinz bei Limerick wanderten nach dem Abitur nach Amerika aus. Patrick Collison ging ans renommierte Massachusetts Institute of Technology (MIT). John folgte ein paar Jahre später an die Elite-Uni Harvard. Beide schmeißen hin, um ins Valley zu ziehen und sich voll und ganz auf ihre Start-up-Idee konzentrieren zu können.
Immer wieder haben die Brüder, die in US-Medien gern als „irische Wunderkinder“ bezeichnet werden, für Aufsehen gesorgt. John wurde in Harvard aufgenommen, noch bevor er seine Abschlusstests absolviert hatte. Patrick wurde mit 16 Jahren zu „Irlands jüngstem Wissenschaftler“ gekürt, für ein Projekt über Künstliche Intelligenz. Schon vor Stripe waren sie Millionäre, nachdem sie ihr erstes Start-up, Auctomatic, verkauft hatten. Auch damals ging es bereits darum, das Bezahlen im Internet einfacher zu machen.
Das frisch eingesammelte Geld soll vor allem nach Europa gehen. „Wir investieren in diesem Jahr sehr viel mehr in Europa, insbesondere an unserem zweiten Hauptsitz in Dublin“, sagte CEO John Collison. Stripe sehe „unglaubliches Potenzial für die europäische Wirtschaft“. Von den 42 Ländern, in denen Stripe aktiv ist, sind 31 europäisch.
1000 zusätzliche Stellen in Dublin
Das Geschäft mit Großkunden habe sich in Europa im vergangenen Jahr verdreifacht, wie der Branchendienst „Business Insider“ berichtet. Daher sollen allein in Dublin 1000 zusätzliche Stellen entstehen.
Damit würde Stripe seine Mitarbeiterzahl weltweit auf über 2500 ausbauen. Zu den Investoren der jüngsten Finanzierungsrunde gehören neben den Versicherern Allianz und Axa auch der irische Staatsfonds NMTA. Dabei gibt es durchaus Konkurrenz: Zu den Wettbewerbern zählen unter anderem die mobile Bezahlplattform Braintree, die zu Paypal gehört, und das niederländische Start-up Adyen, das Facebook als Investor gewann.
Anders als viele andere Start-ups derzeit zieht es Stripe jedoch nicht an die Wall Street. Einen Börsengang via Spac, einer Mantelgesellschaft, die jungen Firmen den Gang aufs Parkett erleichtert, lehnen die irischen Unternehmer ab. Sie bauen Stripe lieber abseits der öffentlichen Märkte auf und verzichten darauf, regelmäßig Daten zu Gewinn und Umsatz bekannt zu geben.
John und Patrick Collison haben sich in den vergangenen Jahren mit erfahrenen Experten umgeben. Elon Musk und Papyal-Mitgründer Peter Thiel gehören zu den frühen Investoren. Im vergangenen Sommer warben sie die Finanzchefin des US-Autokonzerns General Motors, Dhivya Suryadevara, ab.
Mark Carney, der sowohl die britische als auch die kanadische Notenbank führte, sitzt im Verwaltungsrat. Auf ihrem Weg hätten sie neben guten Ideen und eisernem Willen vor allem Glück gehabt, sagte John Collison einst im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Es gibt viele Leute, die so viel schlauer sind als wir und noch härter arbeiten und trotzdem kein so gutes Schicksal hatten.“
Noch kein Termin für die Wall Street
Die Brüder seien „bodenständiger und haben vollkommenere Persönlichkeiten als der durchschnittliche Tech-Gründer“, lobt Verwaltungsrat Mike Moritz im Gespräch mit Bloomberg, der die Interessen des Risikokapitalgebers Sequoia vertritt. Ob und wann es Stripe an die Börse zieht, lassen die Brüder unterdessen offen. Das Timing wird sowohl an der Wall Street als auch im Silicon Valley genau verfolgt.
Die enorme Bewertung von Stripe verdeutlicht, wie viel Investoren Zahlungsdienstleistern zutrauen. Die Corona-Pandemie sorgt für einen Boom im Internethandel, der das Volumen der digitalen Zahlungen weltweit in die Höhe treibt.
Payment-Firmen gehören daher zu den großen Profiteuren der Coronakrise. Allerdings diskutieren Investoren auch immer häufiger über die Frage, wie nachhaltig die hohen Bewertungen von Tech-Start-ups sind, angesichts von steigenden Inflationserwartungen und einer möglicherweise baldigen Öffnung der Wirtschaft.
John und Patrick fokussieren sich erst einmal auf die Expansion, in Europa genauso wie in den USA. Auch die eine oder andere Übernahme sei denkbar. Das frische Geld könnte dabei sicher helfen.
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