Payment Deutsche Bank will Zahlungskonzernen im E-Commerce Paroli bieten

Das Institut will künftig für Händler Zahlungen akzeptieren. Von diesem Teil des Zahlungsverkehrs hat sich das Institut vor Jahren von diesem Geschäft getrennt. Nun will die Bank diese Entscheidung revidieren.
Frankfurt Die Deutsche Bank spielt in der Abwicklung von Geldzahlungen viele Rollen. Sie gibt Kredit- und Girokarten aus, mit denen Kunden bezahlen können. Sie transportiert im Hintergrund die Zahlungsströme an die richtige Stelle. Und sie ist häufig auch die Hausbank des Verkäufers, bei dem die Zahlung landet. Doch der Moment des Kaufs, wenn ein E-Commerce-Händler eine Zahlung akzeptiert, das war bislang ein blinder Fleck im Zahlungsverkehr.
Diese Aufgabe haben die Deutsche Bank und andere deutsche Kreditinstitute bislang meist spezialisierten Technologiefirmen mit Namen wie Adyen oder Stripe oder traditionellen Zahlungsfirmen wie Worldline überlassen. Jetzt will die Deutsche Bank gegensteuern.
„Bis auf die Akzeptanz von Zahlungen bilden wir von der Kreditkartenausgabe bis hin zur Zahlungsabwicklung im Hintergrund bereits alle Teile der Wertschöpfungskette im Zahlungsverkehr ab. Diese Lücke wollen wir nun schließen“, sagt Ole Matthiessen, Leiter Cash-Management der Unternehmenskundensparte der Deutschen Bank. dem Handelsblatt.
Mit diesem Schritt revidiert die Bank frühere Entscheidungen. Das Institut war bereits zweimal in das Geschäft mit der Kartenakzeptanz eingestiegen, hatte die Tochterfirmen aber 2002 sowie 2012 wieder verkauft. Zudem veräußerten die deutschen Banken 2017 ihren gemeinsamen Händler-Zahlungsdienstleister Concardis an die Finanzinvestoren Bain und Advent.
Dass es ein Fehler war, dieses Feld anderen zu überlassen, hat spätestens die Coronakrise gezeigt. Die Payment-Firmen, die für Händler und andere E-Commerce-Unternehmen Zahlungen abwickeln, gelten als Profiteure der Pandemie. Seit stationäre Läden häufig geschlossen sind, hat sich der Trend zum Onlineshopping weiter verstärkt. Börsennotierte Unternehmen wie der Online-Bezahldienst Paypal aus den USA und der niederländische Zahlungsdienstleister Adyen haben den Umsatz 2020 um gut ein Fünftel sowie gut ein Viertel gesteigert.
Diesen Anbietern will die Deutsche Bank nun Kontra geben: Zum einen will sie Fuß im klassischen E-Commerce fassen und den etablierten Zahlungsanbietern dort Marktanteile abluchsen. Zum anderen will sie Großkonzerne als Kunden gewinnen, die gerade erst in den Direktvertrieb ihrer Produkte einsteigen – und deshalb noch gar nicht mit einem spezialisierten Zahlungsdienstleister im Geschäft sind.
Für Newcomer gilt der Einstieg in den Payment-Markt grundsätzlich als schwierig. Es geht um ein Massengeschäft – und lohnt sich erst, wenn eine Payment-Firma das Transaktionsvolumen hochgefahren und sich einen gewissen Marktanteil erarbeitet hat. Um in diesem Feld verlorenes Terrain zurückzuerobern, hat Firmenkundenchef Hoops im vergangenen Jahr den Zahlungsexperten Kilian Thalhammer vom mittlerweile insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard geholt.
Die Ambitionen der Deutschen Bank im Zahlungsverkehr gelten als ehrgeizig
Die Ziele der Bank für den von Thalhammer verantworteten Bereich Merchant Solutions sind ehrgeizig: Die Einnahmen aus Bereichen wie Plattformen, Fintechs und E-Commerce sollen sich von bislang rund 100 Millionen Euro bis 2022 auf 200 Millionen Euro verdoppeln. Noch in diesem Jahr will das Institut Zahlungen im Umfang von einer Milliarde Euro abwickeln. Sie wäre damit aber immer noch vergleichsweise klein: Adyen erreichte 2020 ein Transaktionsvolumen von 300 Milliarden Euro.
Allerdings wächst der Zahlungsverkehr stetig. Das Institut rechnet damit, dass die globalen Nicht-Bargeld-Zahlungen, die 2020 bei rund 766 Milliarden Dollar lagen, bis 2023 ein Volumen von 1,1 Billionen Dollar erreichen werden.
Thalhammer will mit einer Kombination aus guten Konditionen und Zusatzangeboten aus dem Bankingbereich Kunden gewinnen. „Keiner der etablierten Akzeptanzanbieter gibt so viele Kredit- und Girokarten aus wie wir“, sagt er. Im deutschsprachigen Raum kann man deshalb davon ausgehen, dass bei etwa jedem fünften Zahlungsvorgang eine Karte zum Einsatz kommt, die von der Deutschen Bank ausgegeben wird. „Dadurch können wir den Händlern sehr interessante Konditionen anbieten. Gleichzeitig fällt für den Endkunden eine doppelte Authentifizierung weg“, argumentiert Thalhammer.
Üblicherweise sind an einer Kartenzahlung drei Parteien beteiligt – die Bank des Käufers, die Bank des Händlers und das dahinterstehende Kartenzahlungssystem. Bei allen drei Parteien fallen Gebühren an. „Wenn sowohl der Käufer wie auch der Händler Kunde bei uns ist, fällt ein Teil der Gebühren weg“, so Thalhammer.
Der Vorstoß der Deutschen Bank im E-Commerce ist allerdings auch eine Flucht nach vorn. Denn zunehmend versuchen die etablierten Anbieter, ihren Kunden auch klassische Bankdienstleistungen wie etwa Händlerfinanzierungen anzubieten. Auch Deutsche-Bank-Manager Thalhammer beobachtet, dass am Paymentmarkt „die Integration traditioneller Bankdienstleistungen zunehmend in den Vordergrund“ rückt.
Nur sieht er genau darin die Chance für die Deutsche Bank. „Wir gehen aber davon aus, dass es für uns leichter ist, als Bank unsere Lücken im Zahlungsverkehr zu schließen, als es für Zahlungsdienstleister ist, ins Bankgeschäft einzusteigen“, sagt er. Die Bank will bei der Entwicklung neuer digitaler Paymentprodukte für Unternehmen dabei mit dem Kreditkartenanbieter Mastercard zusammenarbeiten, wie das Institut am Mittwoch mitteilte.
Dass Unternehmenskunden zunehmend nach Zahlungsdienstleistungen aus einer Hand suchen, behauptet nicht allein die Deutsche Bank. Auch Max Neukirchen, der bei Amerikas größter Bank, JP Morgan Chase, die Merchant Services leitet, hat das vor Kurzem gesagt.
Dennoch zeigen sich die klassischen Paymentanbieter von ihrer neuen Konkurrenz wenig beeindruckt. „Wir halten die IT von Banken für zu schwerfällig, um den Zahlungsverkehr mit Händlern wieder zu besetzen“, sagt Axel Rebien, Co-Chef des Heidelberger Zahlungsdienstleisters Unzer.
Unzer rechnet eher damit, „dass Banken versuchen werden, Partner aus der Zahlungsbranche zu finden, um mehr Zahlungsdienstleistungen für Händler anzubieten. „Wenn die Deutsche Bank in dieses Geschäft zurückkehrt, muss ihr klar sein, dass sie auf einen sehr kompetitiven Markt trifft“, warnt Rebien. Unzer konkurriert auf dem deutschen Markt vor allem mit Adyen und Stripe sowie mit Worldline, Concardis und Computop.
Oliver Werneyer, Chef des Finanz-Start-ups Imburse Payments, traut Geldhäusern zwar zu, eigene Kunden für die Zahlungsabwicklung zu gewinnen. Er sieht aber auch Grenzen für Banken. „Die Zahlungsabwicklung passt zu den anderen Bankdienstleistungen, deshalb können Banken in dieses Geschäft auch wieder vordringen“, sagt er.
„Auch die Deutsche Bank hat als internationale Bank gute Chancen, wieder mehr Kunden für die Online-Zahlungsabwicklung zu gewinnen“, meint der Imburse-Chef. „Das funktioniert aus meiner Sicht aber nur, wenn sie nicht versucht, Adyen, Checkout.com oder Stripe zu kopieren. Auf der Technologieebene werden die Banken gegen diese Zahlungsdienstleister verlieren.“
Gute technische Lösungen spielen auch aus Sicht von Oliver Hommel, Zahlungsexperte der Beratungsfirma Accenture, eine wichtige Rolle: „Um hier einen erfolgreichen Eintritt in den Markt zu schaffen, muss eine Bank zum einen in eine moderne, leistungsfähige Plattform investieren und den Willen haben, das Geschäft langfristig und nachhaltig zu betreiben“, meint er.
Zudem sei es wichtig, eine Strategie zu wählen, die auf internationales Wachstum setze, „da nur bei Erreichen entsprechender Skaleneffekte, das Geschäft auch profitabel betrieben werden kann“.
Umso wichtiger dürfte es für die Deutsche Bank sein, dort zu expandieren, wo sich die gängigen Paymentanbieter noch gar nicht festsetzen konnten. Etwa bei vielen der großen Firmenkunden des Instituts, die häufig noch gar nicht im Direktvertrieb aktiv sind.
Deutsche Bank setzt auf ihre Großkunden
„Bei Produkten, die von Privatkunden gekauft werden, ist E-Commerce ein gängiges Vertriebsmodell. Doch in Fällen, in denen der Käufer ein anderes Unternehmen ist oder eine Institution wie etwa ein Krankenhaus, entstehen solche Vertriebsmodelle gerade erst“, sagt Cash-Management-Chef Matthiessen. Er bezeichnet solche Großunternehmen als „eine wichtige Einflugschneise“ für das Institut.
Noch verkaufen viele der internationalen Großkunden des Instituts ihre Produkte über Fachhändler oder Vertriebsgesellschaften. Doch Matthiessen zufolge hinterfragen viele Konzerne dieses Modell zunehmend und sind an einem direkten Vertrieb interessiert. Das soll Kosten sparen. Außerdem wollen die Unternehmen ihre Endkunden besser kennen. „Solche Unternehmenskunden haben noch keinen Anbieter, der für sie Zahlungen akzeptiert“, betont er.
Matthiessen ist sich sicher, dass hier ein relevanter Markt entsteht. „Es gibt in Branchen wie Automobil, Pharma oder Tourismus ein wachsendes Interesse unter großen Unternehmen, Marktplätze zu gründen, über die nicht nur die eigenen Produkte vertrieben werden, sondern auch die der eigenen Zulieferer oder anderer kleinerer Anbieter“, betont er.
Dieser B2B-Bereich, also der Vertrieb an andere Unternehmen, hat einige wichtige Vorteile: Der Wettbewerb ist weniger intensiv, die Transaktionsvolumina sind höher. „Allerdings dauert eine Anbindung aufgrund individuellerer Lösungen dort auch länger“, räumt Matthiessen ein.
„Derzeit laufen zwei Pilotprojekte mit Dax-Konzernen, die künftig auch in den Direktvertrieb beziehungsweise B2B-Marktplatzmodelle einsteigen wollen“, berichtet der Deutsche-Bank-Manager. Er geht davon aus, dass mindestens ein Pilotprojekt in diesem Jahr auch tatsächlich an den Markt geht, vielleicht auch beide.
Noch gibt es also kaum Beispiele für solche Projekte. Doch Matthiessen ist davon überzeugt, dass dieser Bereich in den kommenden Jahren „sehr stark wachsen“ wird. „Es ist wichtig, jetzt in diesen Markt einzusteigen und nicht erst in fünf Jahren. Denn wenn unsere Unternehmenskunden erst einmal alle für sie relevanten Lösungen in ihr Geschäftsmodell integriert haben, ist ein Anbieterwechsel deutlich schwieriger“, sagt der Deutsch-Banker.
So viel ist klar: Noch einmal will das Geldhaus im Zahlungsverkehr keinen wichtigen Trend verschlafen.
Mehr: Der neue Wettlauf im Zahlungsverkehr – wie Banking und Payment allmählich miteinander verschmelzen.
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Die Deutsche Bank hat öfters gezeigt, dass sie sehr innovativ sein kann - MAXBLUE war der erste richtig gute Online - Banking Anbieter.
Wenn die Deutsche Bank ihr hervorragendes Wissen über Ihre Kunden und das vertrauensvolle Verhältnis nutzt, um den Kunden Vorteile zu verschaffen, wird das gut funktionieren:
Die Deutsche Bank kennt den Konsumenten und den Leistungsanbieter und kann dann einen schnellen und sicheren ABLAUF der TRANSAKTION GARANTIEREN!
Beispiel: Kaufe Stuhl bei stuhlilein.de, Deutsche Bank garantiert, dass stuhlilein immer gut liefert und sichert dem Kunden den Kauf quasi kostenfrei ab, das Geld könnte dann sofort bzw. sofort bei Versand fließen und der Kunde könnte auf Qualität der Ware und Sicherheit der Zahlung vertrauen.
Herr Sewing denkt sehr innovativ, es sollte also möglich sein.