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Peinliche Überweisungsfehler Milliarden-Panne der KfW noch größer als bekannt

Der Milliardenfehler der staatlichen Förderbank KfW bei Überweisungen ist noch umfangreicher als bislang bekannt. Die Bundesregierung ist erzürnt – und verlangt die Aufarbeitung des Vorfalls. Gerade für KfW-Chef Schröder ist der Vorfall mehr als unangenehm.
28.03.2017 - 19:00 Uhr Kommentieren
Die Prüfungsgesellschaft Deloitte soll die IT-Panne untersuchen. Quelle: Ulrich Baumgarten/Getty Images
KfW-Zentrale

Die Prüfungsgesellschaft Deloitte soll die IT-Panne untersuchen.

(Foto: Ulrich Baumgarten/Getty Images)

Frankfurt Bei vielen Verwaltungsräten der staatlichen Förderbank KfW dürfte sich auf ihrer Sitzung am Dienstagnachmittag ein sachtes Déjà-vu-Gefühl eingestellt haben: Schon zum zweiten Mal in diesem Jahr schafften es IT-Probleme des drittgrößten deutschen Kreditinstituts auf die Tagesordnung der Sitzung.

Zu Jahresbeginn hatten die KfW-Kontrolleure noch einen kritischen Bericht der Bankenaufseher über den fragilen Zustand der Computersysteme der Förderbank diskutiert – und als hätte es dafür noch eines Beweises gebraucht, ging es am Dienstag um eine peinliche Überweisungspanne.

Einmal mehr sorgt die KfW für Schlagzeilen, weil sie ihre Technik nicht in den Griff bekommt. Die Bundesregierung reagiert erzürnt, externe Experten sollen die Vorgänge aufklären. Und das Ausmaß der Panne ist größer als bislang bekannt: Insgesamt überwies die KfW im Februar versehentlich eine Summe von 7,6 Milliarden Euro zu viel auf die Konten von vier anderen Geschäftsbanken, erfuhr das Handelsblatt von mit den Vorgängen vertrauten Personen. Bislang stand eine Zahl von bis zu sechs Milliarden Euro im Raum. Die KfW wollte dies auf Anfrage nicht kommentieren.

Zu den Vorfällen selbst hatte das Institut sich aber geäußert. Die Überweisungs-Dauerschleife ist demnach offenbar auf eine Verkettung unglücklicher Umstände zurückzuführen. So wurden an der von der Bank eingesetzten Zahlungsverkehrssoftware Wartungsarbeiten durchgeführt.

Dabei soll ein Programmierer der KfW einen Fehler gemacht haben, der im Zusammenspiel mit einer anderen Zahlungsverkehrssoftware die Überweisung wieder und wieder ausgelöst haben soll – ohne weiteres menschliches Zutun.

Dabei hatte die Bank schon in der Vergangenheit leidvolle Erfahrungen mit Fehlüberweisungen gemacht. Anders als bei der legendären 350 Millionen Euro schweren Fehlüberweisung an die Pleitebank Lehman Brothers im Herbst 2008 entstand der KfW diesmal aber zumindest kein finanzieller Schaden. Die vier Geschäftsbanken, über die der unverhoffte Geldregen niederging, leisteten umgehend Pannenhilfe und schickten die zu Unrecht erhaltene Summe zurück.

Das macht die Panne nicht weniger gravierend. Der Prüfungsausschuss des Verwaltungsrats hatte die Causa bereits am 21. März behandelt, wie das Handelsblatt erfuhr. Dort sei der Sachverhalt „umfassend, kritisch, aber konstruktiv“ diskutiert worden, wie es heißt. Der Vorfall werde „sehr, sehr ernst“ genommen. Insidern zufolge hat das Gremium den Vorstand damit betraut, die Prüfungsgesellschaft Deloitte mit einer genauen Untersuchung zu beauftragen.

Die Prüfer sollen die Gründe für die Mehrfach-Überweisung ermitteln und „konkrete Handlungsempfehlungen zur dauerhaften Behebung der Gründe“ empfehlen, heißt es im Beschluss des Ausschusses. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen voraussichtlich Ende Mai oder Anfang Juni bei der nächsten Sitzung des Prüfungsausschusses vorgestellt werden.

Am Dienstag beschäftigte sich nun auch der Verwaltungsrat, in dem Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Verbänden sitzen, mit der Panne. An der Sitzung nahm auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) teil, der derzeit den Vorsitz des Gremiums hält.

Deloitte, interne Revision und Bafin untersuchen

In der Bundesregierung scheint man durchaus verärgert über die Pannen-Überweisung und die nicht gelösten IT-Probleme zu sein. Das Finanz- und das Wirtschaftsministerium „haben die KfW zur umfassenden Aufklärung des Vorfalls, zur zweifelsfreien Behebung der Fehlerquellen und zum sofortigen Ausschluss von Wiederholungsrisiken aufgefordert“, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums.

Auch der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans spricht von einem „schwerwiegenden Fall, der aufgeklärt werden muss“. Wiederholungsfälle müssten ausgeschlossen werden.

Von personellen Konsequenzen aus dem Vorfall ist bislang wohl noch keine Rede. Es ist in solchen Fällen aber durchaus üblich, zunächst die Ergebnisse aller Untersuchungen abzuwarten – und untersucht wird die Panne von vielen Seiten. Mit unbequemen Fragen dürfte vor allem KfW-Vorstand Bernd Loewen rechnen, der seit Herbst 2015 das IT-Ressort leitet.

Aber als Vorstandschef muss auch Ulrich Schröder auf Fragen gefasst sein. Ob sich die Große Koalition in Berlin aber mitten im Wahlkampf ein Personalgerangel um die oft nach politischem Proporz besetzten Vorstandsposten bei der KfW leisten will, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Nicht nur Deloitte soll den Vorgang durchleuchten, auch die interne Revision hat sich, wie in solchen Fällen üblich, der Sache angenommen. Und auch die Finanzaufsicht Bafin soll viele Unterlagen angefordert haben. Die Bafin-Aufseher hatten die KfW ohnehin bereits nach einer gründlichen Prüfung ihrer IT gerüffelt.

Wegen der gefundenen Mängel brummten die Aufseher der Bank einen extra Kapitalzuschlag von zwei Prozentpunkten auf, heißt es.

Das bedeutet, dass die KfW sicherheitshalber einen dickeren Kapitalpuffer vorhalten soll, als es das gesetzliche Minimum vorsieht. Zwar ist das für die üppig kapitalisierte KfW kein monetäres Problem, schließlich lag ihre Eigenkapitalquote Ende September 2016 mit 14,7 Prozent komfortabel über dem gesetzlichen Minimum für Banken von sieben Prozent. Doch für sich genommen sind zwei Prozentpunkte ein saftiger Strafzuschlag der Aufseher, die zeigen, wie ernst sie die IT-Mängel nehmen.

Fehlerkette mit Rätseln

Bis der Untersuchungsreigen abgeschlossen ist, will die KfW praktisch per Handarbeit weitere Endlosschleifen bei Überweisungen verhindern. Übergangsweise seien die manuellen Kontrollen erhöht worden, hieß es. Außerdem soll die Softwarefunktion, die im Zusammenwirken mit dem Fehler des Programmierers zu den Mehrfach-Überweisungen geführt hatte, unter Mithilfe des Herstellers ausgebaut werden.

Rätselhaft bleibt dennoch, wie es zu dem Missgeschick hatte kommen können: Normalerweise werden Änderungen in IT-Systemen von Banken immer erst in einer Testumgebung ausprobiert, bevor sie live geschaltet werden, betonen Experten. Wieso das im Fall der KfW unterblieb, ist sicherlich einer der Untersuchungspunkte.

Gerade für KfW-Chef Schröder ist der Vorfall mehr als unangenehm. Schon bei der Lehman-Überweisung, die die KfW letztlich 100 Millionen Euro gekostet haben soll, stand er an der Spitze der Bank und damit indirekt auch in der Verantwortung. Sein Amtsantritt lag da allerdings gerade einmal zwei Wochen zurück.

Danach modernisierte Schröder das Kreditinstitut und dessen Risikomanagement. Kleines Trostpflaster für die Bank, die nach der Lehman-Überweisung von der „Bild“-Zeitung zur „dümmsten Bank Deutschlands“ gekürt wurde: Diesmal versagte bei der Panne nicht das Risikomanagement, sondern eben die IT.

Doch die Kosten für die 2013 angestoßene groß angelegte Modernisierung der IT-Systeme liefen vor drei Jahren so aus dem Ruder, dass Schröder der damaligen IT-Chefin Edeltraut Leibrock das IT-Ressort entzog. Leibrock verließ daraufhin nach Ablauf ihres Vertrags im September 2015 die KfW.

Seit ihrem Ausscheiden stehen nun IT-Chef Loewen und Schröder als KfW-Chef in der Verantwortung. „Die Umsetzung des IT-Modernisierungsprogramms der KfW ist aktuell im Plan. Im Jahr 2016 wurden alle Meilensteine erreicht“, teilte die KfW erst vor kurzem zum Stand ihrer IT-Generalüberholungen mit. Doch das kritische Prüfergebnis der Bafin und die aktuelle Pannen-Überweisung zeigen, dass da noch viel zu tun ist.

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