Premiere für Mark Branson Neuer Bafin-Chef verspricht eine „Aufsicht von Weltklasse“

Der bisherige Chef der Schweizer Finanzaufsicht Finma wird im August neuer Bafin-Präsident.
Berlin, Frankfurt Gut eine Stunde lang haben die Abgeordneten im Finanzausschuss des Bundestags den designierten Bafin-Präsidenten Mark Branson gegrillt – auch zu kritischen Themen. Mit seinem Auftritt hat der bisherige Chef der Schweizerischen Finanzaufsicht Finma die Abgeordneten überzeugt. Seine Berufung zum Bafin-Präsidenten bezeichnete Branson laut Teilnehmern als „eine Ehre“. Er sei ein „Aufseher aus Leidenschaft“. Spätestens zum 1. August will Branson seinen neuen Job antreten.
An Bransons Berufung zum neuen Chef der deutschen Finanzaufsicht knüpfen sich hohe Erwartungen. Im Zuge des Wirecard-Skandals ist die Finanzaufsicht Bafin stark in die Kritik geraten. Nicht nur, weil sie viele Warnsignale bei dem mittlerweile insolventen Zahlungsdienstleister ignorierte, sondern auch wegen ihrer großen Abhängigkeit von der Politik und wegen laxer interner Kontrollen etwa von privaten Wertpapiergeschäften ihrer Mitarbeiter.
„Ein Kulturwandel bei der Bafin ist dringend erforderlich. Bei Finanzaufsicht, Bilanzkontrolle und Geldwäscheaufsicht muss die Bafin eine Kultur des Hinsehens erhalten. Dabei kommt dem künftigen Bafin-Präsidenten eine herausgehobene Funktion und besondere Verantwortung zu“, sagte die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Antje Tillmann nach der Anhörung.
Branson will dem gerecht werden: „Deutschland braucht eine Aufsicht von Weltklasse“, hat er laut Teilnehmern gesagt. Er wolle das anpacken, solche Veränderungen bräuchten aber Zeit. Mit konkreter Kritik an der Bafin hielt Branson sich zwar zurück – schließlich muss er dort das Vertrauen seiner künftigen Mitarbeiter gewinnen. Er sagte Teilnehmern zufolge aber auch, jede Aufsicht brauche von Zeit zu Zeit neue Augen. Der Ruf der Finanzaufsicht sei angeschlagen, es brauche Veränderungen und wohl auch einen Kulturwandel.
Ein Kritikpunkt an der Bafin ist ihr enges Verhältnis zum Bundesfinanzministerium, mit dem sich die Bafin häufig selbst bei Kleinigkeiten eng austauscht. In der Schweiz ist die Distanz der Aufsicht zur Politik größer.
Branson will Eigenständigkeit im Tagesgeschäft
Branson soll einen „regen Austausch“ mit dem Finanzministerium als „wichtig“ bezeichnet haben. Beim Tagesgeschäft solle die Aufsicht allerdings eigenständig agieren. Rollen zu vermischen helfe niemandem. Er sprach sich laut teilnehmenden Abgeordneten für Klarstellungen bei der Rechts- und Fachaufsicht aus, die das Finanzministerium über die Bafin ausübt. Mit Blick auf die umstrittenen privaten Wertpapiergeschäfte von Mitarbeitern sprach Branson sich außerdem für strikte und einfache Regeln aus.
Bei den Abgeordneten kam der Auftritt des Bankenaufsehers, der die britische und die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzt, gut an. „Es ist zu begrüßen, dass der designierte Bafin-Chef Branson der Aufforderung gefolgt ist und sich so kurzfristig den Fragen des Finanzausschusses gestellt hat. Das Interesse war groß und die Frageliste lang“, sagte die Grünen-Finanzexpertin Lisa Paus nach der Sitzung.
Lob kam von vielen Seiten: „Branson hat einen sehr sachkundigen und entschlossenen Eindruck gemacht. Hoffentlich schafft er den Kulturwandel innerhalb der Bafin“, sagte der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler. Der designierte Bafin-Präsident „verbindet internationales Profil mit Schweizer Pragmatismus, er strahlt hohe Motivation aus“, ergänzte der FDP-Finanzexperte Florian Toncar im Anschluss.
Für die Abgeordneten war auch der Kurs der Schweiz in der Finanzmarktregulierung ein Thema. So gab es Bedenken, ob die Aufsicht bei Digitalwährungen oder Blockchain-Geschäftsmodellen streng genug ist. „Es ist kein Zufall, dass Facebook etwa mit seinem digitalen Geld eine Zulassung in der Schweiz begehrt“, hatte der Finanzpolitiker der Linken, Fabio De Masi, gesagt, als die Berufung Bransons bekannt wurde.
Gänzlich ausgeräumt waren die Bedenken bei De Masi noch nicht. Branson verdiene eine „faire Chance“. Doch für ihn bleibe unklar, ob der neue Bafin-Chef „die Standort-Strategie der Schweiz auch für Deutschland unterstützt, die Facebook und Co. die Tür in den Finanzmarkt öffnet“.
Diskussion über Kryptowährungen
Der SPD-Abgeordnete Jens Zimmermann hält diesen Verdacht nach dem Auftritt des bisherigen Finma-Chefs für ausgeräumt. „Den Vorwurf, die Schweiz ziehe wegen laxer Regulierung Geschäfte wie die geplante Digitalwährung von Facebook an, hat Branson aus meiner Sicht überzeugend zurückgewiesen“, sagte er dem Handelsblatt.
Er habe klar gestellt, „dass die Finma auch bei digitalen Geschäftsmodellen genau hinschaut und einer Blockchain-Firma gerade erst eine Banklizenz verweigert hat“. Branson habe auch deutlich gemacht, „dass sich nicht alle Erfahrungen aus der Schweiz eins zu eins auf Deutschland übertragen lassen. Einiges kann die Bafin aber sicher von der Finma lernen.“
Mehrere Abgeordnete fordern für den künftigen Bafin-Chef Spielraum für eigene Akzente. Der Obmann der Unionsfraktion, Hans Michelbach (CSU), kritisierte etwa das von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) konzipierte Finanzmarkt-Integritätsstärkungsgesetz (FISG) als „unzureichend“. Er begrüße deshalb „die Bereitschaft des designierten Bafin-Präsidenten Mark Branson, seine Erfahrungen und Ideen in die laufende Gesetzgebung einzubringen“ – auch vor dessen Amtsantritt.
Der FDP-Abgeordnete Toncar betonte, es sei wichtig, dass Branson das „richtige Team“ um sich herum bekomme. „Er darf nicht durch ein Direktorium und einen Verwaltungsrat eingemauert werden, in dem vor allem Vertreter des Status Quo das Wort führen“, so Toncar. Es müssten dort weitere personelle Änderungen folgen.
Der Auftritt eines künftigen Bafin-Präsidenten vor dem Finanzausschuss des Bundestages war ein Novum. Viele Abgeordnete hoffen darauf, dass das kein Einzelfall bleiben wird. Die Grünen-Politikerin Paus etwa stellte fest, dass es eine weitere Sitzung des Ausschusses mit Branson brauche, „um einzelne Themen zu vertiefen wie zum Beispiel zum neuen Kurs der Bafin, zum Komplex privater Digitalwährungen, zu Fusionen europäischer Banken und nachhaltigen Finanzen“. Ihr schwebt ein weiterer Termin für April vor.
Der Unions-Obmann im Wirecard-Untersuchungsausschuss, Matthias Hauer (CDU), fordert außerdem ein öffentliches Expertengespräch des Finanzausschusses mit Branson zu den Reformplänen nach dem Wirecard-Skandal. So solle sich die Öffentlichkeit „ein eigenes Bild“ vom künftigen Bafin-Chef und dessen Vorstellungen machen.
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