Privatkundengeschäft deutscher Banken Große Hoffnungen, maue Aussichten

Digitalisierung als Chance im Privatkundengeschäft.
Frankfurt Bei einer Frage sind sich die Manager von Großbanken, Sparkassen und Direktbanken derzeit einig: Im Geschäft mit Privatkunden gibt es dank der Digitalisierung große Chancen. Viele Institute werben deshalb aggressiv um den Mann auf der Straße, Begrüßungsgeld inklusive. „Der deutsche Bankenmarkt ist in einem radikalen Umbruch“, sagt etwa Commerzbank-Chef Martin Zielke. Er will mit seinem Institut bis 2020 zwei Millionen neue Kunden gewinnen.
Doch der Kuchen, um den Commerzbank & Co. kämpfen, wird kleiner. „Die von vielen Markteilnehmern zügig erhoffte Trendwende zum Besseren ist vorerst nicht in Sicht“, konstatieren die Experten des Beratungsunternehmens ZEB in einer Studie. Die Erträge im deutschen Privatkundengeschäft sind demnach von 52,4 Milliarden Euro im Jahr 2014 auf 49,7 Milliarden Euro im vergangenen Jahr gesunken. Bis 2020 erwartet die Beratungsfirma einen weiteren Rückgang auf 45,6 Milliarden Euro.
Auch bei den Ergebnissen zeigt der Trend nach unten. Im vergangenen Jahr blieb bei den Banken im Privatkundengeschäft noch ein Gewinn von 1,4 Milliarden Euro hängen. Falls die Geldhäuser nicht gegensteuern, wird daraus nach Berechnungen von ZEB bis 2020 ein Verlust von 5,6 Milliarden Euro. Verantwortlich dafür seien die niedrigen Zinsen, der technologische Wandel und die steigenden Ausgaben, um die Anforderungen der Bankenaufseher zu erfüllen.
Aus Sicht von ZEB-Partner Ulrich Hoyer wäre ein Ergebnisrückgang von rund sieben Milliarden Euro für den Markt nur schwer verdaulich. „Will man zum Beispiel nur das Ergebnis des Jahres 2016 auf vergleichbarem Niveau halten, müssten Kostensenkungen von 17 Prozent erzielt werden.“ Einzelne Geldhäuser wären dazu laut Hoyer aber durchaus in der Lage. Grundsätzlich stehen die Banken nach Einschätzung von ZEB vor der Herausforderung, die Kosten zu senken und parallel in die Digitalisierung zu investieren. „Viele einfache Tätigkeiten wandern in die digitale Welt“, betont Hoyer. Er ist seit den 1990er-Jahren als Berater aktiv. „Und die Entwicklung ist nie so dynamisch gewesen wie derzeit. Das Kundenverhalten ändert sich.“
Peter Barkow von der gleichnamigen Beratungsfirma sieht das ähnlich. Auch der Bankwechsel sei einfacher geworden, dank Kontowechsel-Angeboten von Fintechs und anderen Dienstleistern. Zudem verärgerten viele Banken ihre Kunden gerade mit steigenden Kontoführungsgebühren, beobachtet Barkow. Direktbanken und andere Geldhäuser, die kostenfreie Girokonten anbieten, könnten deshalb punkten. „Der Wechselwille wird größer.“
Es ist also ein Verdrängungswettbewerb. Und folglich werden nicht alle Banken mit ihrer Strategie im Privatkundengeschäft Erfolg haben. Denn: Von dem kleiner werdenden Kuchen wollen sich künftig auch neue Wettbewerber ein Stückchen abschneiden. Diverse Finanztechnologiefirmen (Fintechs) buhlen bereits heute um Privatkunden. Und perspektivisch könnten auch große Internetkonzerne wie Google, Facebook oder Amazon den Banken noch mehr Geschäft abnehmen. „Wenn solche Anbieter in den Markt gehen, dann gehen sie aggressiv rein“, glaubt Hoyer. „Dadurch könnte der Druck auf die Margen weiter steigen.“
Ob es tatsächlich zu einer Großoffensive von Unternehmen aus dem Silicon Valley kommt, ist aus Sicht von Hoyer aber noch nicht ausgemacht. „Das wird auch davon abhängen, wie gut die bestehenden Angebote der Banken sind.“
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.