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Protestbrief an Bundesregierung 214.200 Blatt Papier verschwendet – Sparkassen-Chef kritisiert Schreiben der Bafin

Ulrich Bartscher sieht bei der Finanzaufsicht Nachholbedarf bei Digitalisierung und Nachhaltigkeit – und bekommt für seinen Protest Applaus aus Berlin.
04.05.2021 - 15:56 Uhr Kommentieren
Die Behörde hat neben einer Sonderprüfung bei Unzer inzwischen auch intensive Untersuchungen bei den Zahlungsdienstleistern Payone und Concardis gestartet. Quelle: Reuters
Finanzaufsicht Bafin

Die Behörde hat neben einer Sonderprüfung bei Unzer inzwischen auch intensive Untersuchungen bei den Zahlungsdienstleistern Payone und Concardis gestartet.

(Foto: Reuters)

Frankfurt Die Megatrends Digitalisierung und Nachhaltigkeit sorgen in der Finanzbranche für große Veränderungen. Wenn Banken darauf nicht reagieren, fallen sie nicht nur im Wettbewerb zurück, sondern bekommen auch Ärger mit der Finanzaufsicht.

Doch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat in puncto Digitalisierung und Nachhaltigkeit auch selbst Nachholbedarf, wie ein Protestbrief von Ulrich Bartscher zeigt. Darin echauffiert sich der Chef der Sparkasse Schwerte darüber, dass die Bafin den Geldhäusern im Rahmen eines Bescheids 126 Blatt Papier zugeschickt hat. Adressiert ist das Schreiben an Finanzminister Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Ex-Bafin-Chef Felix Hufeld.

„Digitalisierung der Behörden der Bundesrepublik Deutschland und European Green Deal“, lautet der Betreff des Briefs, den Bartscher am 29. April verschickt hat und der dem Handelsblatt vorliegt.

Mit der heutigen Post habe die Stadtsparkasse Schwerte „7 Blätter DIN A4 Beitragsbescheid zum Bankenrettungsfonds“ erhalten „sowie 119 Blätter DIN A4, beidseitig bedruckt mit 476 Folien sowie einen Briefumschlag für ein Einschreiben/Rückschein, Porto 7,40 Euro versehen mit dem Umweltzeichen 'Blauer Engel'“, schreibt Bartscher. „Bei rund 1700 Kreditinstituten in Deutschland wurden somit insgesamt 214.200 Blatt Papier versendet“, rechnet der Sparkassenchef vor. „Der Portoaufwand betrug vernachlässigenswerte 12.580 Euro.“

Bartscher hat für die Papierflut kein Verständnis. „Der gesamte Vorgang ist OHNE WORTE“, schreibt er. Sein Vorschlag: „Bankvorstände mit Zeit und Muße könnten sich ja die 476 Folien irgendwo downloaden.“

Der Chef der Sparkasse in Schwerte ärgert sich über Post von der Bafin. Quelle: Spakasse Schwerte
Ulrich Bartscher

Der Chef der Sparkasse in Schwerte ärgert sich über Post von der Bafin.

(Foto: Spakasse Schwerte)

Der Sparkassen-Chef verweist in dem Brief darauf, dass die europäische Bankenbehörde Eba Richtlinien zu Nachhaltigkeit und Finanzierung herausgegeben hat. Sarkastisch fügt er hinzu: „Wir freuen uns auf die bereits angekündigte nächste große Regulierungswelle aus Ihren Häusern betreffend die Einführung und Umsetzung dieser Richtlinien in der Finanzindustrie.“

Bartscher beendet das Schreiben mit einer rhetorischen Frage an Scholz, Altmaier und Hufeld. „Könnte es, meine sehr geehrten Herren, einen einfühlsamen Gedanken wert und mutmaßlich zielführend sein, im Sinne der Akzeptanz für diese Regulierungsflut vielleicht zunächst vor Ihrer eigenen Haustüre zu kehren? Ich fände es gut.“

FDP: „Die Bafin muss in die Puschen kommen“

Aus der Politik bekommt Bartscher Applaus für seinen Protestbrief. „Die Bafin beweist eindrücklich, dass zwischen dem Anspruch, Bürokratie von unseren Kreditinstituten fernzuhalten, und der Realität 126 Blatt Papier liegen“, sagt der CDU-Finanzexperte Sepp Müller. „Das ist unnötig, unverhältnismäßig und umweltschädlich.“

Der neue Bafin-Präsident Mark Branson habe eine Mammutaufgabe vor sich. „Der notwendige Kulturwandel der Aufsicht muss mit einer Digitalisierungsoffensive einhergehen“, fordert Müller. „Weniger ist manchmal mehr. Das sollte insbesondere beim Ressourcenverbrauch aller Bundesbehörden gelten.“

Die Bafin stand zuletzt vor allem wegen ihres Agierens im Wirecard-Skandal in der Kritik. Nach dem Abgang der bisherigen Führungsspitze soll Branson die Bonner Behörde ab August grundlegend umbauen und dabei auch deren Digitalisierung vorantreiben.

Bafin-Exekutivdirektor Raimund Röseler und Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling hatten bereits Ende 2020 eine „digitale Agenda“ für die Finanzaufsicht ausgerufen. „Wir wollen nicht nur die Digitalisierung der Banken beaufsichtigen oder regulieren, sondern das Potenzial digitaler Technologien so umfassend wie möglich auch für uns selbst heben“, schrieben beide in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt. „Die Aufsicht wird so noch effektiver und kann flexibler auf neue Entwicklungen reagieren.“

Der bisherige Chef der Schweizer Finanzaufsicht Finma wird im August neuer Bafin-Präsident. Quelle: Reuters
Mark Branson

Der bisherige Chef der Schweizer Finanzaufsicht Finma wird im August neuer Bafin-Präsident.

(Foto: Reuters)

Bisher ist es aus Sicht von Politikern jedoch bei Ankündigungen geblieben. „Trotz zahlreicher Digitalisierungsprojekte klaffen bei der Bafin Reden und Handeln noch weit auseinander“, moniert der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler, der auch im Verwaltungsrat der Bafin sitzt. „Langsam muss die Bafin mal in die Puschen kommen, damit sie international wieder ernst genommen wird.“

Die Corona-Pandemie habe die „digitalen Defizite in unseren Behörden schonungslos offengelegt“, betont der Grünen-Finanzexperte Danyal Bayaz. Die Finanzaufsicht sei dabei leider keine Ausnahme. „Wir reden hier noch nicht einmal über Künstliche Intelligenz oder Big Data, sondern über die Basics wie eine sichere Übertragung von Daten“, sagt Bayaz. „Das ist ja keine Raketenwissenschaft.“

Schwerter Sparkassen-Chef Bartscher ist für klare Worte bekannt

Dass Bankmanager die Finanzaufsicht derart offen kritisieren wie Bartscher, ist ungewöhnlich, passt aber zum Sparkassen-Chef aus Nordrhein-Westfalen. Er gilt im Öffentlich-rechtlichen als Mann klarer Worte – und schreckt auch vor Kritik an der eigenen Branche nicht zurück. „Seit es keinen Zins mehr gibt, haben wir an Relevanz im Leben unserer Kunden eingebüßt“, sagte er im vergangenen Jahr im Handelsblatt-Interview.

Die Sparkasse Schwerte hat deshalb Ende 2014 entschieden, in den Bau und die Vermietung von Wohnimmobilien einzusteigen. „Wenn wir in zehn Jahren eine Wohnungsbaugesellschaft haben, die es sich leisten kann, noch eine Sparkasse zu betreiben, dann haben wir alle in dieser Kommune gewonnen“, sagte Bartscher damals. Denn: „Ich habe große Zweifel, dass das traditionelle Bankgeschäft in seiner heutigen Form dauerhaft überlebensfähig ist.“

Mehr: Neuer Bafin-Präsident warnt vor „enormen Gefahren“ am Finanzmarkt.

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