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Quartalszahlen Deutsche Bank verabschiedet sich von ihrem absoluten Sparziel

Das Geldhaus verdient im zweiten Quartal deutlich mehr als erwartet. Vorstandschef Christian Sewing will sich künftig auf das Verhältnis von Kosten zu Einnahmen zu konzentrieren.
28.07.2021 - 18:06 Uhr Kommentieren
Die Risikovorsorge, die das Geldhaus für die Folgen der Corona-Pandemie getroffen hatte, ist zuletzt gesunken. Quelle: dpa
Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt

Die Risikovorsorge, die das Geldhaus für die Folgen der Corona-Pandemie getroffen hatte, ist zuletzt gesunken.

(Foto: dpa)

Frankfurt Es ist noch gar nicht so lange her, da waren Zwischenergebnisse der Deutschen Bank eine echte Zitterpartie für die Aktionäre, aber auch für das Topmanagement des größten heimischen Geldhauses. Nach dem vierten Quartalsgewinn in Folge kann Vorstandschef Christian Sewing erst einmal durchatmen, und auch die Großaktionäre sehen die Bank auf dem Weg zur Normalität.

„Das Drama um die Quartalsberichte der Deutschen Bank ist Gott sei Dank nun schon lange vorbei. An den aktuellen Zahlen gibt es nichts zu meckern“, lobt Benjardin Gärtner, Leiter des Portfoliomanagements Aktien bei der Fondsgesellschaft Union Investment. Die Deutsche Bank profitiere von der guten Konjunktur, die zu weniger Kreditausfällen führe, und vom guten Kapitalmarktumfeld, das die Erträge im Asset Management und der Investmentbank stütze.

Tatsächlich hat die Bank im zweiten Quartal das beste Zwischenergebnis seit 2015 erzielt und sieht sich im Plan, ihre jahrelange Sanierung zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. „Wir sind auf einem guten Weg zu unserem Renditeziel von acht Prozent im kommenden Jahr. Alle Geschäftsbereiche sind profitabler geworden“, so kommentierte Bankchef Sewing die am Mittwoch vorgelegten Zahlen.

Vor Steuern standen Ende Juni rund 1,2 Milliarden Euro Gewinn in den Büchern. Das ist deutlich mehr als von Analysten prognostiziert, die im Schnitt nur mit 820 Millionen Euro gerechnet hatten. Vom Nachsteuergewinn von 828 Millionen Euro müssen noch Zinszahlungen für bestimmte Anleihen abgezogen werden, sodass auf die Aktionäre unter dem Strich ein Gewinn von 692 Millionen Euro entfiel, nach einem Verlust von 77 Millionen Euro vor einem Jahr. Die Eigenkapitalrendite auf das materielle Eigenkapital kletterte auf 5,5 Prozent.

Dabei profitierte die Bank allerdings maßgeblich davon, dass die Kreditausfälle infolge der Coronakrise geringer ausfielen als befürchtet. Die Risikovorsorge im Kreditgeschäft sank auf 75 Millionen Euro, ein Rückgang von 90 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Optimismus für den Rest des Jahres

Sewing versuchte auch für den Rest des Jahres gute Stimmung zu verbreiten. Er betonte, dass der Umbau der Bank inklusive des Abbaus von 18.000 Stellen gut vorankomme. Das wirtschaftliche Umfeld stabilisiere sich. Nach den Prognosen von Finanzvorstand James von Moltke werden die Einnahmen 2022 voraussichtlich näher an 25 Milliarden Euro liegen als am bisherigen Ziel von 24,4 Milliarden Euro.

Allerdings räumte Sewing auch ein, dass der schwerste Teil des Umbaus noch vor der Bank liegt: „Es ist ein wenig wie bei einem Marathonlauf: Bei Kilometer 30 fängt es an, besonders anstrengend zu werden“, schreibt der Vorstandschef in einem Brief an die Mitarbeiter.

Tatsächlich zeigen die aktuellen Zahlen eine Reihe von Belastungsfaktoren: An das starke Auftaktquartal 2021 mit einem Gewinn von fast einer Milliarde Euro konnte die Bank nicht anknüpfen. Im Jahresvergleich sanken die Erträge um ein Prozent auf 6,2 Milliarden Euro. Die Sonderkonjunktur im Investmentbanking läuft aus und im Privatkundengeschäft schreibt die Bank wegen des Gebührenurteils des Bundesgerichtshofs (BGH) rote Zahlen.

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Diese gemischte Gemengelage, Fortschritte beim Umbau bei allerdings nachlassender Dynamik, spiegelte sich auch im Tagesergebnis an der Börse wider: Zeitweise war die Deutsche Bank Spitzenreiter im Dax mit einem Kursplus von bis zu 4,5 Prozent, dann drehte die Aktie allerdings ins Minus.

Abhängigkeit von den Händlern

Die Achterbahnfahrt am Aktienmarkt ändert allerdings nichts am überwiegend positiven Urteil von Investoren und Analysten. Lob heimst vor allem das wichtige Investmentbanking ein: „Besonders erfreulich ist, dass die Bank sich im Anleihegeschäft sogar besser als die amerikanischen Wettbewerber schlägt“, meint Fondsmanager Gärtner von Union Investment. Diesen Aspekt hoben auch viele Analysten wie etwa Kian Abouhossein von JP Morgan hervor.

Dadurch steigt allerdings auch die Abhängigkeit der Bank von ihren Händlern. Eigentlich hatte Sewing mit seinem Umbau die stabileren Geschäftsfelder stärken wollen. Diese Verschiebung akzeptiert Fondsmanager Gärtner als unvermeidliche Nebenwirkung: „Wir glauben nicht, dass sich die Deutsche Bank stärker vom Kapitalmarktgeschäft lossagen kann, denn das klassische Bankgeschäft bleibt für die ganze Branche schwierig“.

Die Bank kassiert ihr Kostenziel

Angesichts der Fortschritte bei der Sanierung hält es Sewing für vertretbar, sich von seinem absoluten Sparziel zu verabschieden und sich künftig auf das Verhältnis von Kosten zu Einnahmen zu konzentrieren. Bislang strebte die Bank für 2022 Kosten von 16,7 Milliarden Euro an. Das Aufwands-Ertrags-Verhältnis will das Geldhaus bis dahin wie geplant auf 70 Prozent drücken. Im zweiten Quartal lag diese wichtige Kennzahl für die Effizienz einer Bank noch bei über 80 Prozent.

Für Fondsmanager Andreas Thomae von Deka Investment geht das „in Ordnung“, weil die höheren Kosten auch mit höheren Erträgen einhergehen. Es wäre nicht klug, sinnvolle Investitionen oder Ausgaben für ein festes Kostenziel zu opfern.

Zusätzliche Kosten von 400 Millionen Euro durch höhere als erwartete Beiträge zum europäischen Abwicklungsfonds sowie zur gesetzlichen Einlagensicherung in Deutschland – verursacht durch den Skandal um den Kollaps der Bremer Greensill Bank – will die Bank nicht durch zusätzliche Sparanstrengungen ausgleichen. Außerdem rechnet Sewing mit weiteren Belastungen durch die Verbesserung der Kontrollsysteme, nachdem die Bank einen Rüffel der US-Finanzaufseher kassiert hatte.

Sewing sprach von „unvorhergesehenen“ externen Effekten. Doch vor allem beim EU-Abwicklungsfonds hatte sich die Bank verkalkuliert: Obwohl es keine Signale aus der Politik gab, die Regeln abzuändern und damit die Beitragslast für die Banken zu senken, hatte das Institut Einsparungen in Höhe von 300 Millionen Euro dafür einkalkuliert.

„Bei aller Disziplin halten wir es nicht für sinnvoll, Investitionen zu kappen“, schreibt Sewing an die Mitarbeiter. Das heiße aber auch: „Wir müssen bei all den Kostenfaktoren am Ball bleiben, die wir selbst beeinflussen können.“ Deshalb will der Vorstandschef neue Sparinitiativen anstoßen. Zu ihnen soll auch eine weitere „Optimierung“ von Arbeitskräften gehören. Im zweiten Quartal gingen die Kosten um sieben Prozent zurück auf 5,0 Milliarden Euro.

Schwachpunkt Unternehmensbank

Bei der Vorstellung seiner Umbaupläne vor zwei Jahren rief Sewing die Unternehmensbank als neues Kraftzentrum der Deutschen Bank aus. Im zweiten Quartal fielen die Erträge dieser Sparte im Vergleich zum Vorjahr jedoch um acht Prozent auf 1,2 Milliarden Euro. Die Bank betont, dass die Einnahmen ohne die Berücksichtigung einmaliger Faktoren stabil geblieben wären. Dazu trug auch bei, dass es Spartenchef Stefan Hoops immer öfter gelingt, die Negativzinsen der Europäischen Zentralbank an seine Kunden weiterzugeben. Ende Juni waren von solchen Maßnahmen Einlagen von 87 Milliarden Euro betroffen, die für zusätzliche Erträge von 85 Millionen Euro sorgten.

Bei ihrer Risikovorsorge im Kreditgeschäft konnten die Frankfurter im zweiten Quartal Rückstellungen von 20 Millionen Euro auflösen, nachdem sie vor einem Jahr noch 144 Millionen Euro für ausfallgefährdete Darlehen zurücklegen mussten. Gestützt dadurch konnte die Unternehmensbank ihren Gewinn vor Steuern auf 246 Millionen Euro steigern, fast dreimal so viel wie im zweiten Quartal 2020.

Für Fondsmanager Thomae ist die Unternehmensbank „leider noch ein Schwachpunkt“. Insgesamt sei die Sparte gut aufgestellt, aber ihr fehle die Kredit-Nachfrage, weil viele Unternehmen im Moment im Geld schwimmen würden. Das könnte sich nach Thomaes Meinung aber bessern, wenn die Nachfrage nach der Covid-Krise wieder anziehe und weil viele Unternehmen in den nächsten Jahren ihre Geschäftsmodelle an strengere Klimaziele anpassen müssten.

Einnahmen im Investmentbanking gesunken

In den vergangenen Quartalen profitierte die Bank vor allem von der Sonderkonjunktur im Investmentbanking. Vor dem von Sewing eingeleiteten Großumbau war dieser Bereich noch für Milliardenverluste verantwortlich. Viele Altlasten der Sparte sind mittlerweile in der Abbaubank geparkt, die ihre Verluste von April bis Juni weiter verringern konnte.

Im zweiten Quartal zeigte sich, dass sich die Märkte nach dem durch die Coronakrise befeuerten Boom normalisieren. Die Erträge der Investmentbanking-Sparte sanken um elf Prozent auf 2,4 Milliarden Euro. Im Geschäft mit Anleihen und Währungen – dem Kerngeschäft der Deutschen Bank – fielen die Einnahmen ebenfalls um elf Prozent. Bei US-Rivalen wie JP Morgan und Goldman Sachs fielen die Einbußen allerdings noch höher aus. Der Gewinn vor Steuern der Sparte stieg um sieben Prozent auf gut eine Milliarde Euro.

Verluste im Privatkundengeschäft

In ihrer Privatkundensparte verdarb das Gebührenurteil des BGH der Deutschen Bank das Quartal. Der Bereich verzeichnete einen Verlust vor Steuern von elf Millionen Euro. Dabei schlugen Rückstellungen von 130 Millionen Euro zu Buche, vor allem für mögliche Gebührenrückerstattungen, nachdem der BGH entschieden hatte, dass Kunden Preiserhöhungen der Banken explizit zustimmen müssen.

Die Bank beziffert die Belastungen durch das Urteil im Quartalsergebnis auf insgesamt 222 Millionen Euro. Fondsmanager Thomae entdeckt in der Privatkundensparte aber auch Positives und findet das Kreditwachstum „sehr erfreulich“. Bereinigt um die Sondereffekte hätte der Bereich einen Gewinn vor Steuern von 87 Millionen Euro erzielt nach einem Verlust von 257 Millionen Euro.

In der Vermögensverwaltung stieg der Gewinn vor Steuern im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahr um 59 Prozent auf 180 Millionen Euro. Dabei profitierte die Bank wie die Konkurrenz vom Boom an den Kapitalmärkten. Die Nettozuflüsse stiegen auf ein Rekordniveau von 20 Milliarden Euro, und das verwaltete Vermögen wuchs um 39 Milliarden auf einen Höchstwert von 859 Milliarden Euro.

Rückstand gegenüber der britischen Konkurrenz

Dass die Deutsche Bank bei ihrem Sanierungsmarathon noch ein gutes Stück Weg vor sich hat, zeigt ein Vergleich mit dem britischen Wettbewerber Barclays. Beide Banken verfolgen eine ähnliche Strategie mit einer starken Position auf dem Heimatmarkt im Privatkundengeschäft und einem starken international ausgerichteten Investmentbanking.

Barclays präsentierte am Mittwoch einen Nettogewinn von umgerechnet 2,1 Milliarden Pfund, fast ein Viertel mehr als zum Jahresauftakt. Die Rendite auf das materielle Eigenkapital schnellte auf über 18 Prozent in die Höhe. Der Unterschied zeigt sich auch an der Börse. In den vergangenen zwölf Monaten legte die Aktie der Deutschen Bank um 31 Prozent zu, bei Barclays summierte sich das Plus auf 53 Prozent.

Mehr: JP Morgan und Goldman Sachs überraschen positiv – Boom im Investmentbanking

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