Reaktionen auf Deutsche-Bank-Umbau Verdi: Deutsche Bank muss betriebsbedingte Kündigungen vermeiden

Der Deutsche-Bank-Chef will das Institut auf die Unternehmenskunden ausrichten.
Frankfurt Vorstandschef Christian Sewing will die Deutsche Bank radikal umbauen – und bekommt dafür Applaus von Investoren und der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. „Das deutliche Verkleinern des Investmentbankings ist eine radikale Neuausrichtung der Deutschen Bank“, sagte Verdi-Chef Frank Bsirske. Dadurch würden die Arbeitsplätze des Instituts in Deutschland langfristig stabilisiert.
Im Zuge des Umbaus soll die Zahl der Vollzeitstellen bis 2022 um 18.000 auf 74.000 sinken. Kernpunkt der Restrukturierung ist die Verkleinerung der Investmentbank. Aber auch in der Zentrale und den Infrastrukturbereichen dürfte es Einschnitte geben.
Verdi setzt darauf, dass der Personalabbau vor allem im Investmentbanking stattfindet. Welche Auswirkungen es auf die Infrastrukturbereiche in Deutschland gebe, könne Verdi im Moment nicht beziffern, sagte Bsirske. „Wir werden den Prozess in jedem Fall im Sinne der Beschäftigten begleiten und haben die klare Erwartung, dass die Deutsche Bank bei ihrer Neuaufstellung wie bisher auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet und der Personalabbau der Beschäftigten sozialverträglich erfolgt.“
Für die Mitarbeiter der Privat- und Firmenkundenbank gilt noch ein Kündigungsschutz bis Mitte 2021. Darauf hatten sich die Gewerkschaften Verdi und DBV mit der Deutschen Bank 2017 im Rahmen der Integration der Postbank verständigt. „Konzernchef Sewing hat zugesagt, dass er Kurs halten will bei der Zusammenarbeit mit Verdi“, sagte Bsirske, der selbst im Aufsichtsratschef der Deutschen Bank sitzt. „Wir gehen daher von einer Fortsetzung der vertrauensvollen, konstruktiven und verlässlichen Zusammenarbeit aus.“
„Aktionäre brauchen einen langen Atem“
Auch Investoren bewerten Sewings Umbaupläne überwiegend positiv. Angesichts der veränderten Rahmenbedingungen sei eine Anpassung der Strategie überfällig gewesen, findet Alexandra Annecke, Fondsmanagerin bei Union Investment. „Regulierung, Zinsumfeld und Wettbewerbsdruck, aber auch das lange Festhalten an der alten Strategie erfordern radikale Schritte. Die angekündigten Maßnahmen sind eine Radikalkur.“
Dass die Deutsche Bank bei ihrem Umbau auf eine Kapitalerhöhung verzichten will, findet Annecke grundsätzlich positiv. Durch das Vorgehen werde die Ertragskraft der Bank aber auf Jahre hin belastet. „Die Aktionäre brauchen weiter einen langen Atem.“
Das Verhältnis von Kosten zu Erträgen, die sogenannte Cost-Income-Ratio, will die Deutsche Bank bis 2022 auf 70 Prozent senken. Das sei „im internationalen Vergleich immer noch unterdurchschnittlich, wäre aber für die Deutsche Bank ein gewaltiger Schritt in die richtige Richtung“, betonte Anneke. Im vergangenen Jahr musste das Frankfurter Geldhaus noch 93 Cent ausgegeben, um einen Euro zu verdienen.
Michael Hünseler vom Vermögensverwalter Assenagon sprach von einem konsequenten, mutigen und überfälligen Schritt für die Deutsche Bank. Wenn der Umbau gelinge, werde ein zukunftsfähigeres Institut entstehen. „Damit es dazu kommt, benötigt der Vorstandsvorsitzende Sewing Umsetzungsdisziplin der Führungsmannschaft, Unterstützung der Mitarbeiter trotz Kahlschlag, Rückenwind von Finanzmärkten und Kunden und mehr als ein Quäntchen Glück. Nichts davon ist sicher, aber ein Anfang ist gemacht.“
„Gefahr für den Steuerzahler noch nicht gebannt“
Positiv sieht Hünseler die Abbaupläne im Investmentbanking. „Der Ausstieg aus dem Aktiengeschäft, das im Wettbewerb kaum noch bestehen konnte, ist konsequent.“ Das gelte auch für die Rückbesinnung auf das Anleihe- und Finanzierungsgeschäft, in dem Deutschlands größtes Geldhaus seine Wurzeln hat und als und konkurrenzfähig gilt.
„Gleichzeitig ist die neue Strategie nicht ohne Risiko“, warnt Hünseler. Insbesondere das Geschäft mit Anleihen sei stark rückläufig. „Dieses Segment des Kapitalmarkts kann als dysfunktional bezeichnet werden – Umsätze und Margen sinken und sind zum Teil nur durch erhöhte Risikonahme zu verteidigen.“
Die Restrukturierungkosten von 7,4 Milliarden Euro seien horrend, sagt der Assenagon-Manager, die für 2022 in Aussicht gestellten Dividenden und Renditen „ausgesprochen unsicher“. Die Deutsche Bank strebt in drei Jahren eine Rendite auf das materielle Eigenkapital von acht Prozent an. Das Institut würde damit aber immer noch unter den durchschnittlichen Eigenkapitalkosten liegen, obwohl die erwarteten Ertragszuwächse der einzelnen Sparten durchaus ambitioniert sind“, kritisiert Hünseler.
Aus Sicht des Bundestagesabgeordneten Danyal Bayaz von den Grünen steht die Deutsche Bank mit dem Rücken zur Wand. „Zu lange hat sie auf risikoreiche Bereiche gesetzt, die sie jetzt in einer internen Bad Bank abwickeln muss“, erklärte Bayaz. „Die Gefahr für den Steuerzahler ist damit aber noch nicht gebannt.“
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