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Risikokapital Schweizer Fintechs sammeln Millionen ein – und drängen auf den deutschen Markt

Die Fintech-Szene in der Schweiz boomt, das Geld der Investoren sitzt locker. Vermehrt nehmen Gründer nun den deutschen Markt ins Visier.
01.11.2021 - 16:00 Uhr Kommentieren
Das Gründerteam mit Philippe Sahli (zweiter von rechts) und Melanie Gabriel (Mitte): Auf Wachstumskurs in Deutschland. Quelle: Oliver Hochstrasser/ yokoy
Yokoy-Gründer

Das Gründerteam mit Philippe Sahli (zweiter von rechts) und Melanie Gabriel (Mitte): Auf Wachstumskurs in Deutschland.

(Foto: Oliver Hochstrasser/ yokoy)

Zürich Den Freitagnachmittag hatte Gründer Philippe Sahli lange Zeit für eine besonders lästige Aufgabe geblockt: Als Berater bei EY verbrachte er Stunden damit, Spesen und Kreditkartenabrechnungen einzureichen. „Frust über die bestehenden Lösungen war ein Grund, Yokoy zu gründen“, sagt Sahli.

Das Ziel von Shali und seinen Co-Gründern Melanie Gabriel, Devis Lussi, Lars Mangelsdorf und Thomas Inhelder: die Erstattung von Spesen, Dienstreisen, Kreditkartenzahlungen und Rechnungen mithilfe von Künstlicher Intelligenz radikal zu vereinfachen: „Wir arbeiten daran, den Prozess zu 90 Prozent zu automatisieren“, sagt Sahli. „Eine Standardabrechnung soll kein Mensch mehr in die Hand nehmen müssen.“

Diesem Ziel ist das Schweizer Fintech kürzlich einen bedeutenden Schritt nähergekommen. Yokoy hat 26 Millionen Dollar frisches Kapital eingesammelt – und sich dem Vernehmen nach eine dreistellige Millionenbewertung gesichert. Mit dem Geld will Yokoy seine Expansion in Deutschland und Europa vorantreiben – und den Softwareriesen SAP mit der Abrechnungssoftware Concur in dessen Heimatmarkt herausfordern.

Yokoy ist das jüngste Beispiel einer Reihe von Fintechs, die in der Schweiz erste Erfolge feiern und von dort aus nach dem europäischen Markt greifen. Prominentestes Beispiel ist der deutsch-schweizerische Digitalversicherer Wefox, der vor seinem Umzug nach Berlin als Financefox in Zürich gegründet wurde und im Juni 650 Millionen Dollar einsammelte.

Doch die gesamte schweizerische Start-up-Szene boomt. Allein im dritten Quartal investierten Risikokapitalgeber knapp 700 Millionen Franken (rund 660 Millionen Euro) in Start-ups, wie Daten von Swiss Venture Insights zeigen. Nach 400 Millionen Franken im ersten Quartal und 1,4 Milliarden im zweiten Quartal könnte 2021 damit ein Rekordjahr werden.

Gründer Sahli hält die Schweiz für einen guten Markt zum Start. In einem geschützten Umfeld hätten es Start-ups leichter, sich zu entfalten, Risikokapital sei genug vorhanden, sagt der Yokoy-Gründer. „Das hilft am Anfang sehr.“ Gleichzeitig verheißt die Expansion in den Nachbarländern großes Wachstum: „Als Unternehmer mag ich die EU sehr“, sagt Sahli. „Wenn man sein Produkt auf einen Markt bringt, kann man es gleich in der gesamten EU ausrollen.“

Ähnliche Erfahrungen hat auch Tillmann Lang gemacht. Er ist Chef und Co-Gründer von Inyova, einer App die Bruchteilinvestments in Einzelaktien von nachhaltigen Unternehmen ermöglicht und nebenbei die Fondsindustrie revolutionieren will.

Er beobachtet: „Die Stimmung in der Fintech-Szene ist gut. Bei den Finanzierungsrunden habe ich nur Erfolgsgeschichten gehört.“ Es gebe am Finanzplatz Zürich viele Investoren, die gezielt Fintechs suchten. „Sie verstehen die Materie gut und haben einen guten Industriezugang.“

Neue Lösungen für alte Probleme

Davon profitierte auch Inyova: Das Fintech hatte im Mai elf Millionen Franken eingesammelt – seit der Bafin-Zulassung steht auch dem Wachstum in Deutschland und Österreich nichts mehr im Weg. Weitere europäische Märkte sollen folgen. Lang ist überzeugt: „Für Anleger sei es oft aufwendig herauszufinden, in welche Unternehmen ein Fonds oder ein ETF investiert.“ Doch mit nachhaltiger Geldanlage sei das nicht vereinbar. „Nachhaltige Investments sollten eigentlich total transparent sein“, sagt Lang. Sparer wollten schließlich wissen, wohin ihr Geld fließt.

Bei Inyova können Anleger etwa den ökologischen Fußabdruck der Unternehmen im Portfolio einsehen und die Positionen aus einer Vorauswahl von rund 40 Unternehmen eigenständig gewichten. „Gleichzeitig überprüft ein Algorithmus, dass das Portfolio noch genauso breit diversifiziert ist wie der Gesamtmarkt“, erklärt Lang.

Eine technische Lösung für ein altes Problem der traditionellen Finanzindustrie entwickelt auch das Züricher Start-up PXL Vision. Das Team um Gründer Michael Born hat eine Software entwickelt, die mithilfe von Computervision und maschinellem Lernen digital Identitäten verifizieren kann, etwa für Kunden bei der Eröffnung eines Bankkontos. Die Software „erkennt zuverlässig, ob vor der Kamera eine echte Person sitzt, und gleicht das Gesicht mit dem Bild auf dem Personalausweis ab“, verspricht Born.

Skandale bei der Digitalbank N26, die zahlreiche Konten von Betrügern eröffnen ließ, sollen damit der Vergangenheit angehören. Born sieht einen Milliardenmarkt, „sobald die automatisierte Kundenverifikation mit der persönlichen Vorsprache regulatorisch gleichgestellt wird“.

PXL Vision ist ähnlich gewachsen wie Yokoy oder Inyova: Die ersten Millionen sammelte das Fintech in der Schweiz ein, stieg zu einem der Marktführer bei digitalen Identitätslösungen auf – und drängt nun mit Referenzen aus der schweizerischen Telekommunikations- und Finanzbranche auf den deutschen Markt.

Die Start-ups eint zudem die schwierige Suche nach Entwicklern und anderen Talenten: „Die größte Herausforderung ist derzeit, neue Mitarbeiter einzustellen“, sagt etwa Inyova-Chef Lang. „Wir stehen im direkten Wettbewerb mit Google.“ Den großen Tech-Unternehmen die Stirn zu bieten bleibt selbst mit frischem Kapital eine Herausforderung.

Mehr: Nach der Mega-Finanzierungsrunde von Wefox: Wer wird das nächste Einhorn im Versicherungsmarkt?

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