Rüge von der Bafin Staatsbank KfW kassiert Rüge der Finanzaufsicht

„Wir haben noch einige Hausaufgaben zu erledigen.“
Frankfurt, Berlin Als langjähriger Kanzleramtschef ist Peter Altmaier gewohnt, Lösungen für komplizierte Probleme zu finden. Ob Griechenland-Pleite, Euro-Krise oder Flüchtlingswelle – ohne den einflussreichen CDU-Politiker lief fast nichts. Nun wartet auf den neuen Wirtschaftsminister eine heikle Aufgabe. Altmaier, der qua Amt auch Verwaltungsratschef der Förderbank KfW ist, muss sich mit einem kritischen Bericht der Finanzaufsicht Bafin zur Staatsbank auseinandersetzen.
Die Bankenaufseher haben die interne Revision der KfW in den vergangenen Monaten durchleuchtet – und dort zahlreiche Mängel entdeckt. In mindestens einem Fall stuften die Aufseher ein Defizit sogar mit der Note „F4“ ein, die für einen „schwerwiegenden Mangel“ steht, erfuhr das Handelsblatt aus informierten Kreisen.
Der Vorwurf: Gemessen an ihrer Größe, beschäftige die KfW zu wenige interne Kontrolleure. Die Kritik der Aufseher ist keine Kleinigkeit. Die Förderbank soll wegen dieser Mängel künftig mehr Eigenkapital für ihr Geschäft vorhalten.
Die neuen Anforderungen wird die Staatsbank erfüllen können, gleichwohl bleibt ein erheblicher Reputationsschaden. Die KfW bestätigte auf Anfrage, dass es bei ihr eine Prüfung der internen Revision gegeben habe. Die KfW nehme die Ergebnisse und Feststellungen der Prüfungen sehr ernst, sagte ein Sprecher. Bundesbank und Bafin hatten die Innenrevision im Rahmen regelmäßiger Prüfungen auf regulatorische Mängel untersucht.
Der Hintergrund für die Prüfung: Die KfW wird seit 2016 wie eine normale Geschäftsbank beaufsichtigt. Nicht zum ersten Mal kassiert die KfW eine Rüge der Bafin. Im vergangenen Jahr hatten die Aufseher bereits schwere Mängel in den IT-Systemen festgestellt.
Es war der frühere KfW-Chef Ulrich Schröder, der sich vor einigen Jahren selbst für eine stärkere Regulierung der Förderbank einsetzte. Er wollte dadurch zu viel politischer Einflussnahme verhindern. Doch was Schutz bieten sollte, bereitet in der Praxis immer wieder auch Ärger.
Sein Nachfolger, der seit Januar amtierende Vorstandschef Günther Bräunig, muss das jetzt ausbaden. „Im Bereich der Regulatorik sehen wir, dass wir da immer noch Seiteneinsteiger sind“, räumte der neue KfW-Chef Anfang Februar ein. „Wir haben noch einige Hausaufgaben zu erledigen.“
Wie unzufrieden die Bafin mit dem, was sie bei der internen Revision gefunden hat ist, zeigt die Beurteilung ihrer Sonderprüfung. Denn die Note „F4“ ist bei den Banken gefürchtet. Wenn eine Sonderprüfung zu viele Feststellungen dieser Kategorie enthält oder wenn Bankvorständen zu häufig bei Sonderprüfungen solche Mängel bescheinigt werden, kann das ihre Karriere gefährden. So gravierend ist die Situation im Fall von Vorstandschef Bräunig aber nicht. „So ein Ergebnis ist unschön, kann aber vorkommen“, sagt ein Aufseher losgelöst vom konkreten Fall.
Im Fall der KfW hat die Innenrevision keine Fehler übersehen, und auch an ihren Prüfungen hatten die Aufseher nichts auszusetzen. Doch die Bafin wirft der KfW vor, dass die für eine Bank so wichtige Abteilung nicht akribisch genug nachprüft, ob von ihr angemahnte Korrekturen auch umgesetzt wurden, sagte eine mit dem Sachverhalt vertraute Person dem Handelsblatt. „Im Grunde wurde gesagt, die interne Revision muss doppelt prüfen: einmal über die Erstprüfung und dann praktisch noch einmal, um zu kontrollieren, ob die kritischen Punkte abgestellt wurden“, so ein Insider.
Tiefere Prüfung, mehr Personal
Dieser erste Kritikpunkt ist eng mit einem weiteren Manko verknüpft: Aus Sicht der Bankenaufseher hat die KfW-Innenrevision in Relation zur Größe der Bank nicht genug Personal. In den vergangenen Jahren hatte die Förderbank zwar mehr Leute für die Innenrevision eingestellt, der Bafin genügte das allerdings noch nicht.
Zu Details der Prüfung wollte sich KfW nicht äußern. „Grundsätzlich gilt aber, dass die KfW die Ergebnisse und Feststellungen der Prüfungen sehr ernst nimmt und die notwendigen Maßnahmen zu Beseitigung der festgestellten Defizite mit hoher Priorität aufnimmt“, teilte ein KfW-Sprecher mit.
Dass die Bankenaufseher anspruchsvoller geworden sind, was die internen Kontrollen von Banken anbelangt, ist der KfW nicht verborgen geblieben. Bereits in der Vergangenheit habe die Förderbank entschieden, die Innenrevision weiter auszubauen, erklärt die KfW. Die Zahl der Mitarbeiter sei in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen.
Sogar eine eigene IT-Revision hat die KfW geschaffen und sich von außen einen Leiter mit entsprechender Expertise für diese neue Abteilung geholt. Wie wichtig IT-Kontrollen sein können, weiß die Förderbank aus eigener leidvoller Erfahrung: Es ist nicht das erste Mal, dass die Finanzaufseher das staatliche Geldhaus rüffeln. Bereits vor einem Jahr hatten die Beamten die IT der KfW nach einer Sonderprüfung heftig kritisiert.
Kurze Zeit später durften sich die Bafin-Beamten aus Bonn bestätigt fühlen: Im März 2017 ereilte die KfW im Zahlungsverkehr eine gravierende Panne. Wartungsarbeiten bei der Zahlungsverkehrssoftware lösten eine Überweisungsdauerschleife aus, so dass versehentlich rund 7,6 Milliarden Euro zu viel auf die Konten von vier Geschäftsbanken überwiesen wurden. Das Geld erhielt die KfW fast vollständig zurück, ihrem Ruf war die Panne aber nicht unbedingt zuträglich.
Die Überweisungspanne war für die KfW die Initialzündung dafür, sich wieder nach einem eigenständigen IT-Vorstand umzusehen. Seit Herbst 2015 hatte Finanzvorstand Bernd Loewen das IT-Ressort mitbetreut. Diese Aufgabe hatte er von der IT-Fachfrau Edeltraud Leibrock geerbt, deren Vorstandsvertrag nicht verlängert wurde, nachdem die Kosten bestimmter IT-Großprojekte aus dem Ruder gelaufen waren.
Nach den Problemen im Zahlungsverkehr drängte dann nicht allein der Verwaltungsrat auf einen separaten IT-Vorstand, auch die Bafin hat nach Worten von KfW-Chef Bräunig „Impulse“ dafür gegeben.
Weibliche IT-Chefin?
Die Suche ist mittlerweile weit gediehen. In Kürze könnte die KfW Vollzug melden, ist in Finanzkreisen zu hören. Favoritin für die Position sei eine Frau, ist in Koalitionskreisen zu hören. Das wäre für die Regierung, die es sich auf die Fahnen geschrieben hat, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, ein Erfolg. Bei der Suche nach einer Risikovorständin war der Bund nicht fündig geworden und beförderte am Ende einen Mann zum KfW-Risikomann.
Auf die neue IT-Vorständin wartet noch viel Arbeit. Die von der Bankenaufsicht angemahnten Änderungen in der IT sind noch längst nicht abgearbeitet. Wegen der gefundenen Defizite verdonnerten die Aufseher die Förderbank seinerzeit zu einem Kapitalzuschlag von zwei Prozentpunkten über das gesetzliche Minimum hinaus.
Für die KfW, deren Kernkapitalquote bei 20,3 Prozent liegt, ist das zwar kein geschäftliches Hindernis. Es ist aber auch nicht schön für die Reputation.
Dieser Strafzuschlag für die IT gilt nach wie vor. Nun dürfte die Höhe dieser zusätzlichen Kapitalanforderungen weiter steigen. Denn auch für die gefundenen Defizite in der Innenrevision will die Bafin einen Kapitalzuschlag verhängen. Unklar ist bislang nur die Höhe des möglichen Zuschlags.
Für die KfW tröstlich: In diesem Fall wird der individuelle Kapitalzuschlag wohl geringer ausfallen als nach der IT-Sonderprüfung. Zwar standen ursprünglich auch hier zunächst einmal zwei Prozentpunkte mehr Kapital im Raum, doch darin waren auch einige „Doppelzählungen“ enthalten, wie es heißt. Die KfW sagte dazu nur, über mögliche Kapitalzuschläge sei die Entscheidungsfindung noch nicht abgeschlossen.
Regulierung hat hohe Priorität
Es ist kein Zufall, dass die Bankenaufseher derzeit so regelmäßig bei der KfW fündig werden. Schließlich ist die Förderbank erst seit dem Jahr 2016 der Aufsicht durch die Bafin unterstellt. Das noch relativ neue Aufsichtsregime hat zur Folge, dass die deutschen Bankenaufseher Schritt für Schritt alle wichtigen Bereiche der Förderbank durchleuchten und prüfen, ob die KfW bereits die gleichen Standards erfüllt wie normale Geschäftsbanken. Das ist immer wieder nicht der Fall.
In Frankfurt haben sie manchmal den Eindruck, die Bafin prüfe die KfW besonders gründlich, weil sie die mit Abstand wichtigste Bank ist, für die die deutschen Aufseher noch allein zuständig sind. Alle anderen großen Institute werden von der Europäischen Zentralbank (EZB) federführend betreut.
Zumindest in der Politik bereut man es aber nicht, die Förderbank unter die normale Bafin-Aufsicht gestellt zu haben, auch wenn die Prüfungen nun immer wieder unschöne Ergebnisse liefern. Lieber eine Staatsbank, bei der Probleme frühzeitig entdeckt und abgestellt werden, als böse Überraschungen, lautet die Devise in Berlin.
Mit welcher Priorität Aufsichtsthemen mittlerweile behandelt werden, hat Vorstandschef Bräunig im Februar bereits deutlich gemacht: Er berichtete, dass Regulatorik mittlerweile in die Zielsysteme der Mitarbeiter aufgenommen worden seien. „Wir wollen den Mitarbeitern klarmachen, dass wir hier eine Priorität in unserer Arbeit sehen“, sagte er. Wie wichtig das ist, hat der jüngste Rüffel der Aufseher gerade erst wieder bewiesen.
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