Russland Am Platzhirsch Sberbank kommt niemand vorbei

Die Sberbank in Moskau.
Moskau Russlands ehemaliger Wirtschaftsminister German schob eine mächtige Bugwelle vor sich er, als er im November 2007 das Ruder bei der Sberbank übernahm. Der launische Spruch, mit dem die Belegschaft der Staatsbank begrüßte, klingelt in der Moskauer Finanzbranche noch vielen in den Ohren: Gref wolle mit der Sberbank beweisen, „dass Elefanten tanzen können“.
Inzwischen ist klar: Der Elefant tanzt – und das auf allen Hochzeiten: Im Februar stieg Gref mit der Übernahem von Troika Dialog ins Investmentbank-Geschäft ein. Vor wenigen Wochen machte die Sberbank offiziell, dass mit dem Kauf der Ost-Dependancen der Österreichischen Volksbanken die lange erwartete Expansion in Westeuropa begonnen hat. Die Sberbank strotzt dabei vor Kraft: Allein im ersten Halbjahr fuhr Gref einen Netto-Gewinn von 4,5 Milliarden Euro ein.
Zuhause in Russland trampelt der unangefochtene Riese im Bankensektor manchen Wettbewerber platt. Nicht nur russische, sondern auch ausländische Banken scheitern bei ihren Versuchen, im Privatkundengeschäft Fuß zu fassen. Im Osten ist eine massive Konzentration im Bankensektor im Gange, angeführt von der Sberbank, die ihre starke Marktposition im Retail-Sektor immer mehr ausspielt.
Diese Woche kündigte die britische HSBC an, sich im Rahmen ihres Sparprogramms aus dem Retail-Geschäft in Russland zurückzuziehen. Bereits im Februar wurde bekannt, dass die britische Barclays-Bank ihre Beteiligung an der regionalen Expobank loswerden will. Wie die russische Tageszeitung Wedomosti erfuhr, erwarten die Londoner durch die gescheiterte Akquise Verluste über 500 Millionen Dollar.
Die Ausländer werfen in Russland freiwillig die Flinte ins Korn – kleinen einheimischen Banken entzieht die russische Zentralbank die Lizenzen. Fast im Wochentakt gehen Finanzinstitute hops, deren Namen selbst in Russland kaum jemand kennt: AMT-Bank Rusitsch Zentr Bank, Matriza Finanz, Ratibor-Bank.
Die sang- und klanglosen Pleiten kleinerer Banken sind ordnungspolitisch politisch gewollt: In Russland existieren auch nach der Finanzkrise fast 1000 Banken – viele davon sind Privatbanken regionaler Millionäre, manche auch reine Geldwaschanlagen. In der Finanzkrise hat die Zentralbank die Mindesteinlagen der Institute verdoppelt, um das Finanzsystem gegen Schock zu sichern und nebenbei die Konzentration in der fragmentierten Bankenbranche zu stimulieren.
Die Sberbank bringt allerdings eine zusätzliche Dynamik ins Spiel: Mit einer zunehmend aggressiven Kreditpolitik gewinnt German Gref derzeit im Privat- und Firmenkundengeschäft an Boden – und verschärft damit die Dominanz des Staatssektors im russischen Bankenwesen. Kritiker schimpfen über eine Marktverzerrung, die eine Folge der laxen Kreditpolitik des German Gref sein könnte.
Im Verdrängungskampf kann es der Elefant jedenfalls mit allen aufnehmen: Jeder zweite in Russland gesparte Rubel landet bei der „Sber“, schon heute vergibt die größte Bank in Osteuropa jeden zweiten Kredit in Russland. Bei einer für die Region imposanten Bilanzsumme von mehr als 200 Milliarden Euro kann sich Gref sehr viel günstiger an den Kapitalmärkten refinanzieren als die meisten Wettbewerber. Und nicht zuletzt sitzt die ehemalige Sparkasse der Sowjetunion auf einem landesweiten Netz von 18800 Banken – und zehrt vom Image der krisenfesten Großbank.
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