Schub für Digitalisierung Banken-Präsident Zielke: „Müssen Geschäftsmodell nach Corona überprüfen“

Der Vorstandschef der Commerzbank wird nach seinem Ausscheiden insgesamt einen mittleren einstelligen Millionenbetrag erhalten.
Frankfurt Die deutschen Privatbanken müssen ihre Ausrichtung nach der Coronakrise auf den Prüfstand stellen. Die Pandemie werde „Auswirkungen auf alle Geschäftsmodelle haben, weil die Welt nach Corona, nach dieser großen Zäsur, vermutlich anders aussehen wird“, sagte der neue Bankenverbandspräsident Martin Zielke am Donnerstag.
Das Verhalten der Menschen werde sich ändern, und darauf müssten Banken und auch andere Unternehmen reagieren. „Alle Häuser werden darüber nachdenken, was das für sie heißt“, sagte Zielke, der hauptamtlich Vorstandschef der Commerzbank ist. „Ich vermute, die Digitalisierung wird noch mal einen deutlichen Schub bekommen.“
In der Coronakrise verzeichnen die Institute laut Zielke große Zuwachsraten im Onlinebanking. Das Gleiche gelte für das kontaktlose Bezahlen. Beim Einsatz der Girocard erfolge inzwischen jede zweite Zahlung kontaktlos. Darüber hinaus seien Videokonferenzen und das Arbeiten von zu Hause zu einer Selbstverständlichkeit geworden, sagte Zielke. Bei der Commerzbank arbeiteten 73 Prozent der Mitarbeiter im Homeoffice.
Volker Brühl, Geschäftsführer des Center for Financial Studies der Frankfurter Goethe-Universität, geht davon aus, dass die Banken nach der Coronakrise ihre Filialnetze noch stärker ausdünnen werden. „Denn Covid-19 wird das Verhalten der Bankkunden verstärkt in Richtung Onlinebanking und Mobile Banking verändern“, schrieb Brühl auf Twitter. Auch das Firmenkundengeschäft werde virtueller werden.
Manche Banker und Experten sind der Ansicht, dass die Profitabilität von Banken angesichts der Krise in den Hintergrund gerückt ist. „Im derzeitigen Umfeld kann es nicht das oberste Ziel von Banken sein, sich darauf zu konzentrieren, den Wert für ihre Aktionäre zu maximieren“, sagt beispielsweise Analyst Sam Theodore von der Ratingagentur Scope. „Banken können sich nun einen Ruf als helfende Hand erwerben und stünden dann nicht mehr als unverbesserliche Spielverderber da.“
„Wir müssen Kundenwünsche ablehnen“
Zielke machte jedoch deutlich, dass die Rendite für ihn weiter wichtig ist. „Das wird nie zweitrangig werden“, betonte er. Nur rentable Banken könnten Kapitalpuffer aufbauen und somit auch in schwierigen Zeiten an der Seite der Kunden stehen. „Deshalb werden wir weiter auch für rentable Banken kämpfen.“
Die Commerzbank überprüft seit Monaten, wie sie ihre im September verkündete Strategie überarbeiten und dabei den Sparkurs verschärfen kann. Auf diese Weise ließe sich bis 2023 möglicherweise eine höhere Eigenkapitalrendite erzielen als die ursprünglich angepeilten „mehr als vier Prozent“.
In der Coronakrise stellt sich Zielke jedoch zunächst auf eine steigende Zahl an Kreditausfällen in Deutschland ein. „Künftige Wertminderungen ausstehender Kredite sind unausweichlich und werden sich trotz der hohen staatlichen Haftungsübernahme und der Unterstützungsprogramme auch in den Bilanzen der Banken wiederfinden“, warnte er. Wie hoch die Belastungen ausfallen, sei derzeit noch nicht abzusehen.
In den ersten Wochen der Krise haben die privaten Banken in Deutschland laut Zielke Kredite im Volumen von rund 3,5 Milliarden Euro vergeben, um Unternehmen in Not zu helfen. Aber die Institute müssten jeden Darlehensantrag sorgfältig prüfen und könnten nicht allen Firmen helfen. „Wir vergeben jeden Kredit, den wir vergeben können“, sagte Zielke. „Wir müssen aber auch Kundenwünsche ablehnen, wenn die regulatorischen Vorgaben uns keinen Spielraum lassen.“
Die Erleichterungen, die die Aufsichtsbehörden den Banken in der Krise gewähren, lobte Zielke ausdrücklich. Und er forderte die Regulierer auf, im Nachgang der Krise noch einmal grundsätzlich zu überprüfen, welche Regeln sich während der Pandemie als sinnvoll erwiesen haben und welche nicht.
Veränderungen angebracht wären aus Sicht des Commerzbank-Chefs vor allem beim Bilanzierungsstandard IFRS 9, der nach Einschätzung von Banken und Experten krisenverstärkend und nicht krisenmindernd wirkt. Auch mit der Frage, wie sich das Kapital von Banken zusammensetzt, solle man sich nach der Krise noch einmal befassen, forderte Zielke.
Nein zu Euro-Bonds und Bad Bank
Beim Umgang mit den Coronafolgen muss Europa aus Sicht des BdB-Präsidenten zusammenstehen und alles in Bewegung setzen, um eine neuerliche Zerreißprobe der Währungsunion im Keim zu ersticken. „Ich bin für Solidarität in Europa“, betonte Zielke. Aber: „Euro-Bonds sind per heute nicht die richtige Antwort.“
Die Voraussetzungen für eine gemeinsame Schuldenaufnahme europäischer Länder in Form von Corona-Bonds oder Euro-Bonds seien derzeit nicht gegeben, argumentiert Zielke. „Eine gemeinsame europäische Wirtschafts- und Fiskalpolitik ist zwingend notwendig, wenn man über eine gemeinsame Haftung redet.“
Auch den jüngsten Vorschlag für eine europaweite Bad Bank sieht der BdB-Präsident kritisch. Der oberste EZB-Bankenaufseher Andrea Enria hatte eine solche Institution vorgeschlagen, um die Bankbilanzen von faulen Kreditbeständen zu säubern, bevor im Zuge der Coronakrise neue ausfallgefährdete Darlehen dazukommen.
„Wenn es darum geht, Probleme von Altlasten zu lösen, finde ich die Diskussion über Bad Banks den falschen Ansatz“, sagte Zielke. „Ich glaube, dazu braucht es zumindest in Deutschland keine Bad Banks.“ Falls es um die möglichen Folgen der Coronakrise gehe, sei es noch viel zu früh, sich mit solchen Themen zu beschäftigen.
Der Vorstand des BdB hatte Zielke am Mittwoch zum Nachfolger von Hans-Walter Peters gewählt. Peters, Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter der Hamburger Privatbank Berenberg, stand seit Mitte April 2016 an der Spitze des Verbandes.
Mehr: Bankenverband BdB wechselt Vorstand aus – mit einer Überraschung.
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... Zielke machte jedoch deutlich, dass die Rendite für ihn weiter wichtig ist. „Das wird nie zweitrangig werden“
Was für eine Heuchelei.
Was ich als Aktionär in den letzten 12 Jahren erlebte:
Gesamt 40 Cent Dividende in 12 Jahren
Mehr als 90% Kursverluste
Mehrere Kapitalerhöhungen im ges. zweistelligen Milliardenbereich mit Verwässerung der Aktien und weiterem Kursverlust.
Aktienzusammenlegung 10:1