Sparkassen Streit um Zinsberechnung in Sparverträgen: Bundesgerichtshof verhandelt Klage gegen die Sparkasse Leipzig

Das oberste deutsche Zivilgericht verhandelt über eine Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Sachsen. Die Verbraucherschützer werfen der Sparkasse Leipzig vor, Inhaberinnen und Inhabern von Sparverträgen zu wenig Zinsen gezahlt zu haben.
Frankfurt An diesem Mittwoch schauen große Teile der deutschen Kreditwirtschaft auf den Bundesgerichtshof (BGH). Banken und vor allem Sparkassen drohen bei einem entsprechenden Urteil enorme Nachzahlungen wegen falsch berechneter Zinsen – und damit binnen kurzer Zeit erneut Ungemach durch eine BGH-Entscheidung, nachdem das Gericht im April die jüngsten Gebührenerhöhungen der meisten Geldhäuser für unwirksam erklärt hatte.
Verhandelt wird nun über eine Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Sachsen (Az. ZR 234/20). Die Verbraucherzentrale richtet sich gegen die Sparkasse Leipzig und wirft ihr unter anderem vor, Kundinnen und Kunden zu wenig Zinsen gezahlt zu haben. Laut ihren Berechnungen geht es bei der Sparkasse Leipzig im Schnitt um 3100 Euro.
Der Fall hat aber weit größere Bedeutung, weil viele Geldhäuser, vor allem Sparkassen, lange ganz ähnliche Sparverträge vertrieben haben – meist in den Jahren 1990 bis 2010. Es dürfte weit mehr als eine Million Stück davon geben. Laut Patrick Rösler, Professor für Bankrecht an der Allensbach Hochschule, habe die BGH-Entscheidung „große Relevanz für alle variabel verzinsten Produkte der Banken“.
In erster Linie dreht sich der Streit um die Frage, ob die Sparkasse den variablen Zins in den Prämiensparverträgen korrekt angepasst hat und ob die verwendeten Zinsänderungsklauseln überhaupt gelten. Die Verbraucherschützer argumentieren, grob gesagt, dass die Zinsen langfristiger Sparverträge sich auch an langfristigen Referenzzinsen orientieren müssen – und nicht an teils kurzfristigeren. Sie wollen zudem eine monatliche Zinsanpassung.
Der BGH hat bereits in der Vergangenheit über Zinsanpassungsklauseln geurteilt, nicht aber bei Prämiensparverträgen. Rösler geht davon aus, „dass der BGH seine bisherige Rechtsprechung dazu wiederholt und präzisiert“.
Finanzaufsicht Bafin hat sich schon eingeschaltet
Bereits positioniert hat sich die Finanzaufsicht Bafin über eine im Juni veröffentlichte Allgemeinverfügung. Sie will Geldhäuser dazu zwingen, Inhaberinnen und Inhaber von Prämiensparverträgen über unwirksame Zinsklauseln zu informieren und im Fall falscher Zinsklauseln Nachzahlungen zuzusagen. Die Branche wehrt sich dagegen, mehr als 1000 Kreditinstitute legten Widerspruch ein.
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband begrüßt, dass der BGH nun für Klarheit im Fall der Sparkasse Leipzig sorgen könnte – und womöglich für die gesamte Kreditwirtschaft. Aus Sicht des DSGV ist vor allem die Frage noch nicht abschließend höchstrichterlich geklärt, ob der variable Zins einen absoluten oder relativen Abstand zum Referenzzins haben muss. Die Verbraucherschützer halten einen relativen Zinsabstand für korrekt.
Unklar ist, ob der BGH am Mittwoch schon ein Urteil fällt. Er könnte die Klage zur Klärung des angemessenen Referenzzinses auch zurück an das Oberlandesgericht Dresden verweisen. Beobachter halten es außerdem für möglich, dass der BGH den Fall dem Europäischen Gerichtshof vorlegt.
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