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Sparkassen und Volksbanken Wenn das Bargeld-Taxi kommt

Banken schließen Filialen, Kunden scheuen lange Wege. Jetzt kommt das Bargeld per Boten – ein Service, der deutschlandweit auf dem Vormarsch ist. Die archaisch anmutende Dienstleistung hat unterschiedliche Ausprägungen.
06.10.2016 Update: 09.10.2016 - 12:40 Uhr Kommentieren
Die Sparkasse Worms-Alzey- Ried bietet einen Lieferdienst. Quelle: Oliver Rüther für Handelsblatt
Botenfahrt in Rheinhessen

Die Sparkasse Worms-Alzey- Ried bietet einen Lieferdienst.

(Foto: Oliver Rüther für Handelsblatt)

Worms Kirsten Worms fährt immer weiter in den Ort in Rheinhessen hinein. Je weiter sie vordringt, umso enger werden die Straßen. Schließlich biegt sie mit dem VW in eine enge Gasse ein und parkt neben einem niedrigen Mäuerchen aus Backsteinen, auf der anderen Straßenseite würde kein weiterer Wagen hindurchpassen. Sie steigt aus dem knallroten Auto, auf dessen Seite „Sparkasse. Gut für die Region“ steht. Die Häuser sind niedrig mit braunen Ziegeln. Über der einen oder anderen Eingangstür hängen alte Glaslaternen, hinter den Fenstern weiße Gardinen mit Stickmuster. Die Bewohnerin eines Hauses steht schon in der Tür und wartet auf eine besondere Fracht, die Sparkassen-Mitarbeiterin Worms an Bord hat: Bargeld.

Kirsten Worms fährt das Bargeld-Taxi der Sparkasse Worms-Alzey-Ried – und erbringt eine Dienstleistung, die deutschlandweit auf dem Vormarsch ist. Per Boten bringen Sparkassen und Banken Kunden ihr Geld nach Hause. Während in vielen ländlichen Regionen die Bargeldversorgung per Boten durchaus Tradition hat, ist sie in Großstädten neu. Doch Sparkassen und Genossenschaftsbanken schließen Filialen im großen Stil. Mal sinkt die Zahl der Filialen um zehn, mal um 20 oder sogar 30 Prozent und gleichzeitig ist der Weg zum Automaten für viele ältere Kunden beschwerlich. Die Sparkasse Köln-Bonn verknüpfte die Meldung von Filialschließungen damit, Cash nach Hause zu bringen. Die Sparkasse Unna-Kamen hat gerade mitgeteilt, mehrere Filialen aufzugeben. Und ab Anfang 2017 will auch sie einen „Bargeldservice ins Haus“ anbieten.

In dem 3.000-Einwohner-Ort Gimbsheim steht Kirsten Worms im Wohnzimmer ihrer 69-jährigen Kundin Martina May (Name geändert) und zieht ein Bündel Geldscheine aus einem Briefumschlag. Die beiden setzen sich an einen Tisch und die Sparkassen-Mitarbeiterin zählt vor: „Hundert, zweihundert, dreihundert, …“ Als tausend Euro auf der weißen Stofftischdecke liegen, schiebt sie May einen Beleg zu zum Unterschreiben. Maximal einmal im Monat können Kunden der Sparkasse den Dienst in Anspruch nehmen, die es nicht zum nächsten Automaten schaffen. Bis zu tausend Euro können die Kontoinhaber so ordern. Wenn eine Bestellung in der Filiale eingeht, nimmt Worms eine Blanko-EC-Karte und bereitet sie per Computer auf das richtige Konto vor. Wenn nicht viel los ist in der Filiale, stellt sie sich vor den Geldautomaten in ihrer Filiale und zieht 1.000 Euro, steckt die Scheine in einen weißen Briefumschlag, lässt ihn in ihrer Handtasche verschwinden und macht sich auf Tour.

Die Sparkassen-Mitarbeiterin bringt Geld bis ins Wohnzimmer. Quelle: Oliver Rüther für Handelsblatt
Kirsten Worms

Die Sparkassen-Mitarbeiterin bringt Geld bis ins Wohnzimmer.

(Foto: Oliver Rüther für Handelsblatt)

Die archaisch anmutende Dienstleistung hat unterschiedliche Ausprägungen. Einige Geldhäuser im Land lassen das Bargeld von Mitarbeitern bringen, andere beauftragen Paketdienste wie DHL. Wie viel Bargeld die Sparkassen ihren Kunden pro Bestellung höchstens bringen, variiert. Zum Teil liegt die Höchstsumme erst bei 50.000 Euro. Viele Sparkassen begrenzen den Betrag aber auf 500 oder tausend Euro. Meist verlangen die Geldhäuser fünf bis zehn Euro pro Bargeldlieferung. In einer Zeit, in der Geldinstitute zunehmend auf Digitalisierung setzen und immer mehr Kunden ihre Geschäfte per App statt in der Filiale abwickeln, sind Bargeldboten der Weg, den Kontakt zu Menschen vor Ort zu halten.

Geld aus dem Zasterlaster

Als die Sparkasse Worms-Alzey-Ried vor zwei Jahren sechs ihrer 46 Geschäftsstellen schloss, fielen in einigen Dörfern die Bankautomaten einfach weg. Das stellte viele ältere Kunden vor Probleme. Denn manche der Ortschaften haben eine schlechte Busanbindung an die Nachbarorte – der Weg zur Bank war gekappt. Am Tag der Schließung startete das Bargeldtaxi-Angebot. „Wir haben Werbung für das Angebot gemacht und sind auf ältere Kunden auch direkt zugegangen“, sagt Kirsten Worms. Die Kunden, die sich Bargeld nach Hause bringen lassen, seien meist ältere oder kranke Menschen. Ab und an nutze auch jemand mit einem gebrochenen Bein den Service.

„Die Kinder vieler Menschen hier wohnen weit weg“, sagt Kirsten Worms, sie können also nicht helfen. Auch bevor die Sparkasse Worms-Alzey-Ried den Bargelddienst 2014 offiziell einführte, sei es schon vorgekommen, dass Sparkassenberater mit Geldscheinen zu ihren Kunden fuhren, erzählt Worms. Das gilt ebenso für andere Sparkassen in ländlichen Gegenden.

In Ostfriesland gab es bereits ab 1967 eine kleine Sparkassenfiliale auf Rädern, die mit analoger Buchungsmaschine dorthin fuhr, wo die Dörfer zu klein für eigene Geschäftsstellen sind. Die Zahl der Kunden, die diesen Bus nutzten, nahm aber zuletzt ab. Seit 2011 gebe es ihn nun nicht mehr, sagt ein Sprecher der zugehörigen Sparkasse Leer-Wittmund. „Der Bus wurde abgängig und ein neuer hätte sich nicht rentiert.“ Deshalb bringt auch seine Sparkasse jetzt Bargeld in Briefumschlägen mit einem Golf zu rund 150 Kunden.

Andernorts kommen fahrende Filialen seit einigen Jahren wieder in Mode. Bei einigen Volksbanken sind dreirädrige Autos im Einsatz, auf die die Banken Geldautomaten montiert haben. Die Gefährte heißen oft „Zasterlaster“ und sind ein Hingucker: Die Berliner Laster haben beispielsweise je zwei Geldbeutel in Volksbankfarben auf dem Dach und an der Seite einen Schriftzug, der verkündet: „Hier drinnen können Sie Geld abheben“. Die vorwiegende Zielgruppe der Zasterlaster sind nicht etwa alte Menschen, sondern Besucher von Straßenfesten, Konzerten und anderen Großveranstaltungen. Die Volksbank in Pirna, einem Städtchen nahe Dresden, nennt ihren rollenden Geldautomaten „CashBar“, denn daran kann man auch Fassbrause in Orange und Blau zapfen. So auffällig die Zasterlaster sein mögen, so selten sind sie auch. Die Berliner Volksbank hat beispielsweise nur zwei von den mobilen Automaten im Einsatz. Es sind eben doch eher vereinzelte Anlässe, bei denen ein Bargeld-Bringservice gefragt ist.

Videochat mit der Bank

Das gilt auch für die Bargeldtaxis. Oftmals sind sie eine Ergänzung, aber kein wesentlicher Teil des Sparkassenservices. So nutzen aktuell gerade mal zwei Kundinnen der Sparkassenfiliale in Eich, bei der Worms arbeitet, den Bargeld-Bringservice. Kundin May kennt Worms schon lange. „Was wir hier machen, geht nur mit einer engen Kundenbeziehung“, sagt die Sparkassenangestellte nach dem Termin. Für einige wenige Menschen hat der Bargeld-Bringservice noch eine große Bedeutung. Doch es gibt auch ältere Menschen, die digitale Dienste der Sparkasse nutzen.

Der Sprecher der Sparkasse Worms-Alzey-Ried erzählt, dass Kunden seiner Sparkasse seit Juni 2015 auch per Videochat mit ihren Beratern sprechen können. „Einer der ersten Kunden, die den Videochat mit unseren Beratern nutzten, war ein 87-Jähriger.“

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