Sparkassenzentralbank Revolution unter den Sparkassen: Deka-Bank und Helaba sollen fusionieren

Das Institut ist das zentrale Wertpapierhaus der Sparkassen.
Frankfurt Es war eine Weile still um die Idee eines Zentralinstituts für die deutschen Sparkassen. Das heißt aber nicht, dass Sparkassenpräsident Helmut Schleweis im Hintergrund nicht fleißig weiter an seiner Idee gebastelt hätte. Am Dienstag konnte der 65-Jährige nun einen ersten großen Erfolg melden.
Bei einem Treffen der Verbandspräsidenten und der Landesobleute der Sparkassenvorstände sprach sich das Gremium nach Informationen des Handelsblatts einstimmig dafür aus, dass die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) und das zentrale Wertpapierhaus der Sparkassen, die Dekabank, Verhandlungen über eine Fusion aufnehmen.
Beide Institute sollen Gespräche „zur Prüfung einer vertieften Zusammenarbeit bis hin zu einer Zusammenführung aufnehmen“, bestätigte eine Sprecherin des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV).
Die Gespräche zwischen Deka und Helaba könnten erst der Anfang sein. Die Sparkassen wollen auch möglichen weiteren Interessenten eine Beteiligung an dem Projekt ermöglichen, entweder sofort oder später. Das Vorbild von Schleweis sind die Genossenschaftsbanken. Die fast 900 Volks- und Raiffeisenbanken kommen inzwischen mit einem einzigen Spitzeninstitut aus, der DZ Bank.
Schleweis’ ultimatives Ziel wäre es, alle Landesbanken zu einer Sparkassenzentralbank zu verschmelzen. Die meisten der rund 380 Sparkassen stehen hinter dem Plan, der vor knapp einem Jahr bekannt wurde. Widerstand kommt allerdings nach wie vor von den Ländern Bayern und Baden-Württemberg, die an der BayernLB beziehungsweise an der LBBW maßgeblich beteiligt sind.
Besonders in Baden-Württemberg, ohne dessen Zustimmung ein groß angelegter Umbau des öffentlich-rechtlichen Sektors nicht zustande kommen kann, ist der Widerstand gegen die Pläne von Schleweis für eine Megafusion groß.
Gerhard Grandke, Präsident der Sparkassen in Hessen und Thüringen, brachte deshalb bereits vor einigen Wochen eine „Koalition der Willigen“ ins Spiel. Dazu sollte neben Deka und Helaba auch noch die Berlin Hyp gehören. Der Immobilienfinanzierer sei bei den jetzt angepeilten Gesprächen über einen Zusammenschluss allerdings erst einmal nicht an Bord, heißt es in Finanzkreisen.
Komplexe Struktur
Viele im Sparkassenlager denken ähnlich wie Grandke und sehen die jetzt angestoßene Fusion zwischen Deka und Helaba als ersten logischen Schritt auf dem Weg zu einem öffentlich-rechtlichen Megainstitut. Die Helaba gehört mehrheitlich den Sparkassen, die Deka sogar zu 100 Prozent. Die Sparkassen könnten mit beiden Instituten daher zumindest im Prinzip selbstbestimmt die Konsolidierung ihres Sektors vorantreiben – ohne große Rücksichtnahme auf die Bundesländer.
Doch ganz so einfach liegen die Dinge nicht. Die Länder Hessen und Thüringen kontrollieren insgesamt rund zwölf Prozent der Landesbank. Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) hatte sich in der vergangenen Woche zwar grundsätzlich offen für eine weitere Konsolidierung im Sparkassen-Sektor gezeigt. „Wir hören aufmerksam zu, wir sind immer ein bereiter Gesprächspartner“, sagte er.
Allerdings dürfe durch eine Fusion das erfolgreiche Modell der Helaba nicht gefährdet werden. Im vergangenen Jahr war ein Zusammenschluss der Helaba mit der angeschlagenen NordLB auch daran gescheitert, dass die niedersächsischen Sparkassen nicht bereit waren, sich an einer Kapitalerhöhung und an einem Haftungsfonds mit den hessisch-thüringischen Sparkassen zu beteiligen. Insidern zufolge sind einige der damals entstandenen Zerwürfnisse bislang nicht gekittet.
Langwieriger Prozess
Ein Insider betonte, dass es zwar viele gute Argumente für einen Zusammenschluss der beiden Geldhäuser gebe, eine Fusion sei aber noch lange keine ausgemachte Sache. Der Beschluss der Sparkassen sei allenfalls der Beginn eines langwierigen Prozesses. Die Erfolgschancen des Projekts bezifferte der Insider auf um die 50 Prozent.
Dabei gibt es sogar bereits eine Art Blaupause für den Zusammenschluss. Von Herbst 2014 bis Frühjahr 2015 berieten beide Institute nach Informationen des Handelsblatts schon einmal intensiv über eine Fusion. Damals wurde eine rund 150 Seiten dicke Machbarkeitsstudie für das Projekt in Auftrag gegeben.
Probeweise wurde zudem eine konsolidierte Bilanz erstellt. Die Strukturen hätten gut zusammengepasst, heißt es. Die Deka verfüge über viele Einlagen und Liquidität, die Helaba vergebe dafür deutlich mehr Kredite.
Auch bei den Angeboten, die beide für die Sparkassen erbringen, sind die Institute komplementär. Die Deka hat ihre Stärken vor allem im Wertpapier- und Fondsgeschäft. Zudem hilft sie den Sparkassen beim Liquiditätsmanagement.
Die Helaba ist dagegen im Kreditgeschäft und bei Projektfinanzierungen stärker. Außerdem bietet sie im Gegensatz zur Deka Zahlungsverkehrslösungen und Außenhandelsfinanzierung an. Zusammen wären beide Institute in der Lage, den Sparkassen eine Produktpalette anzubieten, wie sie Verbandschef Schleweis in etwa von seiner Sparkassenzentralbank erwartet.
Bankenaufseher begrüßen Fusionen
Das Projekt wurde vor vier Jahren laut Insidern vom damaligen DSGV-Chef Georg Fahrenschon, dem hessische Sparkassen-Präsidenten Grandke sowie seinem Kollegen Rolf Gerlach vom Sparkassenverband Westfalen-Lippe vorangetrieben. Am Ende scheiterte das Projekt an der Uneinigkeit im Sparkassenlager. Die Institute in Baden-Württemberg und Bayern wollten damals offenbar nicht, dass ein übermächtiger Konkurrent für die LBBW beziehungsweise die BayernLB entsteht.
Viele Politiker und Bankenaufseher würden Fusionen im öffentlich-rechtlichen Lager begrüßen, weil sie vor allem bei den Landesbanken Konsolidierungsbedarf sehen. Denn anders als die Genossenschaftsbanken leisten sich die Sparkassen noch immer fünf Landesbanken, acht Bausparkassen und elf Versicherer.
Für einen Zusammenschluss von Deka und Helaba spricht auch der wachsende Konsolidierungsdruck in der gesamten Finanzbranche. Viele Volkswirte sehen Deutschland auf eine Rezession zusteuern. Dazu kommen der scharfe Wettbewerb auf dem deutschen Bankenmarkt und die verschärfte Minuszinspolitik der Europäischen Zentralbank.
Für die Dekabank würde die Fusion das Ende einer über 100-jährigen Geschichte bedeuten. Das Wertpapierhaus der Sparkassen steht unmittelbar vor einem Führungswechsel. Ab Januar 2020 wird der bisherige Vorstand für den Sparkassenvertrieb, Georg Stocker, das Amt übernehmen und Michael Rüdiger ablösen, der bereits Ende 2018 überraschend seinen Abschied angekündigt hatte.
Auch bei der Dekabank wird gespart. Trotz einer Gewinnsteigerung kündigte Rüdiger im vergangenen April an, dass in den nächsten Jahren rund 400 Stellen wegfallen sollen. Ziel ist es, die Kosten – gerechnet ohne Zukunftsinvestitionen – bis 2021 auf unter eine Milliarde Euro zu begrenzen.
Helaba ist eine der stabilsten deutschen Banken
2018 konnte der zentrale Fondsanbieter der Sparkassen das wirtschaftliche Ergebnis, das die Deka abweichend vom klassischen Ergebnis vor Steuern als zentrale Erfolgskennziffer sieht, leicht auf 452 Millionen Euro steigern. Dieses Niveau will die Bank in diesem Jahr halten.
Die Helaba gilt als eine der stabilsten deutschen Banken. Im vergangenen Jahr hat die Bank einen Gewinn von gut 440 Millionen Euro vor Steuern erzielt, nur etwas weniger als ein Jahr zuvor. Im ersten Halbjahr 2019 betrug das Vorsteuerergebnis sogar 325 Millionen Euro, was aber maßgeblich an einer Übernahme lag. Dennoch treffen die raueren Marktbedingungen auch die Landesbank.
Deshalb hat Vorstandschef Herbert Hans Grüntker ein Sparprogramm auf den Weg gebracht, das auch einen spürbaren Abbau der derzeit 6100 Stellen bedeuten wird. Für die Helaba, die ohne größere Blessuren durch die Finanzkrise gekommen ist, bedeutet das eine schmerzhafte Zeitenwende.
Die Kosten-Ertrags-Relation will die Landesbank bei deutlich unter 70 Prozent halten, die Eigenkapitalrentabilität soll bei fünf bis sieben Prozent liegen. Das Immobiliengeschäft ist der größte Ertragsbringer der Landesbank. Zudem fungiert sie für einen Großteil der deutschen Sparkassen als Zentralinstitut.
Auch bei der Helaba steht in absehbarer Zeit ein Führungswechsel an. Der Vertrag von Vorstandschef Grüntker läuft 2020 aus. Der anstehende Abschied der beiden Chefs könnte ein Zusammenwachsen der beiden Geldhäuser zumindest, was die Führungsfrage angeht, leichter machen, war in Frankfurter Finanzkreisen zu hören.
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