Studie Frankfurt profitiert stärker vom Brexit als alle anderen EU-Finanzplätze

Mittlerweile haben mehr als 30 ausländische Banken ihr Geschäft von London nach Frankfurt umgesiedelt.
Frankfurt Der Finanzplatz Frankfurt ist nach einer Studie der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) der größte Gewinner des geplanten Ausstiegs Großbritanniens aus der EU. Mittlerweile hätten 31 ausländische Banken aus 14 verschiedenen Ländern Frankfurt als Brexit-Standort auserkoren, heißt es in der an diesem Dienstag veröffentlichten Studie.
Mit großem Abstand hinter Frankfurt folgen demnach Paris (elf), Dublin (neun), Luxemburg (acht) sowie Amsterdam (fünf). Allerdings entstehen dennoch weniger Arbeitsplätze in Frankfurt als erwartet.
Die Helaba rückte von ihrer früheren Schätzung ab, wonach sich mittelfristig 8.000 Brexit-Banker in Frankfurt ansiedeln werden. „Vermutlich werden es in der Summe etwas weniger sein“, sagte Chefvolkswirtin Gertrud Traud am Dienstag auf einer Pressekonferenz.
Finanzfirmen, die bislang in London operieren, müssen wegen des Brexits auch ein Standbein in Kontinentaleuropa aufbauen, damit sie künftig noch ihre Dienstleistungen anbieten können. Die Helaba-Volkswirte rechnen bis Ende 2021 mit etwa 3.500 Stellen, die durch den Brexit in der Mainmetropole geschaffen werden.
Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) sieht Frankfurt auch aufgrund politischer Weichenstellungen als Sieger im Brexit-Ringen. Die Lockerung des Kündigungsschutzes für Topbanker, Neuregelungen im Steuer- und Pfandbriefrecht und andere Maßnahmen hätten den Standort im europäischen Wettbewerb gestärkt. Zudem hätten Bund und Land eine klare Linie gegenüber den Brexit-Banken gefahren.
„Wir haben vor einem halben Jahr alle wechselwilligen Banken eingeladen und sie zu den nötigen Genehmigungen und der Regulierung umfassend beraten“, sagte Schäfer auf der Pressekonferenz. Im Anschluss habe man gemachte Zusagen auch eingehalten – das habe viele Institute überzeugt.
„Besonders freut mich, dass viele Banken aus Asien, die bisher noch gar keine Niederlassung in Europa haben, sich fast ausnahmslos für Frankfurt entscheiden.“ Hier rechne er in den kommenden Jahren mit weiteren Neuansiedlungen.
„Wir erwarten, dass auch nach 2021 noch Brexit-Banker kommen“, sagte Chefvolkswirtin Traud. Wie viele das sein werden, könne sie nicht genauer beziffern. „Das ist Stochern im Nebel.“
Stellenaufbau von Londoner Auslandsbanken
Ein Teil der Personalaufstockung habe wegen des ursprünglichen Brexit-Termins im Frühjahr 2019 schon stattgefunden. Die neuen Jobs seien in erster Linie dem Stellenaufbau von Londoner Auslandsbanken in Frankfurt zu verdanken. Dagegen würden weniger Beschäftigte deutscher Banken an den Main zurückkommen als noch vor einem Jahr geschätzt.
So streicht die Deutsche Bank, die in London einen großen Standort unterhält, weltweit 18.000 Stellen. Auch die Commerzbank und die Helaba selbst stehen vor einem Jobabbau. Trotz der Brexit-Banker dürfte daher die Zahl der Bankbeschäftigten in Frankfurt der Studie zufolge bis Ende 2021 nur um insgesamt etwa ein Prozent gegenüber dem Stand Ende 2018 beziehungsweise um rund 600 auf 64.500 Banker zulegen.
„Damit dürfte der Zenit der Bankbeschäftigung in Frankfurt erreicht sein“, erklärte die Landesbank. Danach werde die Zahl der Jobs schrumpfen. „Je mehr Brexit-Banker kommen, desto langsamer wird der Prozess sein“, sagte Traud.
Ein harter Brexit könnte erweiterte Umzugspläne nach sich ziehen, glaubt Finanzminister Schäfer. Gleichzeitig wäre ein solches Ausscheiden Großbritanniens ohne Vertrag ein neuer Belastungsfaktor für Europas Institute. „Ein harter Brexit hätte negative Folgen für die Konsumgüter- und Pharmaindustrie und andere Branchen“, so der Minister. Ein folgender Wirtschaftsabschwung würde dann auch die Banken belasten – egal, ob in London oder in Frankfurt.
Mit Agenturmaterial.
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