Tidjane Thiam Der Chef der Credit Suisse kämpft mit ungewöhnlichen Mitteln um seinen Ruf

Der Bankchef meldet sich via Instagram zu Wort.
Zürich Dass sich ein Bankchef auf dem sozialen Netzwerk Instagram zu Wort meldet, kommt nicht alle Tage vor. Wo Influencer normalerweise Alpenpanoramen oder Strandselfies posten, schrieb jetzt der Chef der Schweizer Großbank Credit Suisse. Er glaube an die freie Meinungsäußerung und die freie Presse. „Aber das Maß an falschen Darstellungen, mit denen ich in den letzten Monaten umgehen musste, zeigt mir, dass es nicht mehr die richtige Strategie ist zu schweigen.“ So Tidjane Thiam.
Seit im Herbst 2019 die Überwachung des Ex-Credit-Suisse-Managers Iqbal Khan durch Detektive publik wurde, kämpft Thiam um den guten Ruf der Bank – und auch um seinen eigenen. Doch was war passiert? Medien spekulieren, dass eine Intrige um einen Mitarbeiter der Großbank den Anstoß für die Überwachung gegeben haben könnte. Thiam weist das zurück.
Doch damit nicht genug: Die Schweizer Finanzaufsicht Finma soll jetzt auch noch die Rolle des aktuellen Managements unter die Lupe nehmen.
Der Überwachungsskandal bleibt die wohl größte Herausforderung für den ehrgeizigen Bankchef. Thiam, 57, stammt aus einer einflussreichen Familie von der Elfenbeinküste. Er absolvierte ein Ingenieurstudium an einer Grand-École in Paris und machte einen MBA an der Eliteschule Insead, bevor er bei der Beratungsfirma McKinsey anheuerte.
Auf den Chefposten bei der Credit Suisse wechselte Thiam im Jahr 2015. Er kam vom englischen Versicherer Prudential. Bei der Credit Suisse baute Thiam das Geschäft mit reichen Kunden aus und reduzierte die als riskant geltenden Handelsaktivitäten. Er fuhr eine ähnliche Strategie wie der größere Rivale UBS. Nach dem jahrelangen Umbau schien sich die Credit Suisse zu beruhigen.
Bis Ende 2019. Khan, der langjährige Chef der Vermögensverwaltung, wurde wochenlang von Detektiven überwacht. Mitten in Zürich, vor dem Restaurant Metropol, flog die Sache auf – und die Credit Suisse und ihr Chef landeten international in den Schlagzeilen.
Zwar sprach eine eilig anberaumte Untersuchung von einem „Einzelfall“. Die Beschattung soll der damalige Sicherheitschef der Bank im Alleingang angeordnet haben. Und Thiam will von der Sache nichts gewusst haben. Doch von Anfang an blieben Zweifel. Denn Khan und Bankchef Thiam lebten an der noblen Zürcher Goldküste Tür an Tür – und hatten sich zuvor persönlich überworfen.
Eine Personalie als Erklärung?
Doch ging es dabei tatsächlich nur um den freien Blick auf den Zürichsee, wie Medien spekuliert hatten? Am Wochenende präsentierte die „NZZ am Sonntag“ eine Personalie als Erklärung für den Konflikt. Der Streit soll sich an Claudio de Sanctis entzündet haben, der damals noch für die Credit Suisse arbeitete und heute in Diensten der Deutschen Bank steht.
Thiam habe Khan beauftragt, „schmutziges Material“ über den Emporkömmling de Sanctis zu finden, berichtet die Zeitung unter Verweis auf Insider. Das wiederum weist Thiam entschieden zurück. Der Artikel sei „vollständig falsch und diffamierend“, schrieb er auf Instagram.
Unterdessen droht aus Bern neues Ungemach. Dass sich auch die Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma) für die Spitzelaffäre interessiert, war bereits bekannt. Laut „Reuters“ prüfen die Aufseher nun, ob Geschäftsführung und Verwaltungsrat ihre Arbeit ordentlich gemacht haben. Von möglichen „Kontrollmängeln“ ist gar die Rede.
Ich werde mich von Zeit zu Zeit auf Instagram melden, wenn in der Öffentlichkeit unwahre Informationen verbreitet werden. Tidjane Thiam (CEO Credit Suisse)
Das könnte personelle Konsequenzen haben: Manager und Verwaltungsräte, denen Verstöße gegen die regulatorische Vorgabe der „einwandfreien Geschäftsführung“ nachgewiesen werden, kann die Behörde zum Abgang auffordern. Die Finanzaufsicht selbst wollte den Fall nicht kommentieren.
Die Credit Suisse weist den Bericht zurück. Dass die Finma ihre Aufmerksamkeit auf die Geschäftsleitung oder den Verwaltungsrat der Bank richten könne, sei reine Spekulation, erklärte ein Sprecher des Instituts. „Die Finma wird eine unabhängige Prüfung durchführen, die keine Vollzugsmaßnahme ist.“
Sicher scheint damit nur eines: Die Überwachungsaffäre wird Thiam und seine Leute auch in den kommenden Wochen beschäftigen. Der Bankchef gibt sich kämpferisch: Er wolle sich künftig „von Zeit zu Zeit“ auf Instagram melden, „wenn in der Öffentlichkeit unwahre Informationen verbreitet werden“.
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